Ein Wärmerohr (Heat Pipe) ist ein äußerst effizientes
Wärmeübertragungselement, dessen grundlegende Technik bereits in den sechziger Jahren
für Anwendungen in der Raumfahrt entwickelt wurde. In einem hermetisch verschlossenen,
mit einer Kapillarstruktur ausgekleideten Vakuum-Behälter wird in einer Heizzone durch
Wärmezufuhr ein Wärmeträger verdampft. Die damit verbundene geringe Temperatur- und
Druckerhöhung bewirkt, daß der Wärmeträgerdampf durch die Transportzone in die
Kühlzone strömt. Dort kondensiert er unter Abgabe der zuvor aufgenommenen
Verdampfungswärme. Das Kondensat wird danach durch die in einer Kapillarstruktur
wirkenden Saugkräfte in die Heizzone zurücktransportiert, wodurch sich der
Wärmeträgerkreislauf schließt.
Selbst geringste Temperaturdifferenzen reichen aus, den Wärmetransportprozeß zu
aktivieren. Wegen der hohen Wärmestromdichte und der kleinen Übertragungsfläche liegt
die effektive Wärmeleitfähigkeit eines Wärmerohres um Zehnerpotenzen höher als die gut
leitender Metalle wie Aluminium oder Kupfer. Wärmerohre sind passive Systeme, die keine
mechanisch bewegten Teile enthalten und keine aktiven, energieverbrauchenden
Antriebselemente wie Pumpen erfordern. Dementsprechend arbeiten die Heat Pipes"
auch geräuschlos und bedürfen keiner Wartung. Sie können in einem Temperaturbereich
zwischen minus 270 Grad bis zu über 2000 Grad (je nach Wärmeträger) eingesetzt werden.
Die Baugrößen reichen dabei von mehreren Metern Länge bis zu Mikrowärmerohren von nur
wenigen Zentimetern Länge und Durchmesser.
Großer Anwendungsbereich
Auch der Anwendungsbereich von Wärmerohren ist äußerst vielfältig: sie kommen in
Wärmetauschern bei der Wärmerückgewinnung aus Abgasströmen in Kraftwerken ebenso zum
Einsatz wie bei der Realisierung von äußerst temperaturgenauen, weltweit zum Kalibrieren
von Strahlungsthermometern verwendeten Schwarzen Körpern (Planckschen Strahlern). Für
Parabolspiegelsysteme mit Stirlingmotoren als Energiewandler werden heute
Wärmerohrreceiver zur Erhöhung der Sicherheit gegen ein Durchbrennen der Erhitzer sowie
zur Verbesserung des Wirkungsgrads entwikkelt. In der Satellitentechnik kommt es auf
geringe Bauteilmassen und somit auf hohe Leistungsdichten an, hier werden zum
Temperaturausgleich und zur Kühlung Wärmerohre standardmäßig eingesetzt.
Kühlung im Computer
Ein ganz aktueller Einsatzbereich ist durch die Kühlungsproblematik
elektronischer Komponenten in Computern entstanden. Immer leistungsstärkere
Mikroprozessoren (CPUs) erfordern eine immer effektivere und - wegen der Miniaturisierung
- immer platzsparendere Kühltechnik. Neben miniaturisierten klassischen Ausführungen,
die mit Kapillarstrukturen versehen sind, werden hierfür zunehmend Mikrowärmerohre
untersucht. Ziele der weltweiten Entwicklungsanstrengungen in diesem Bereich sind vor
allem eine Erhöhung der Kühlleistung bei gleichbleibender Zuverlässigkeit sowie eine
Reduzierung der Fertigungskosten. Während bei heutigen Mikroprozessoren (etwa Pentium)
die geforderten Kühlleistungen noch in der Größenordnung von 5 bis 20 Watt liegen, wird
in den kommenden Jahren eine Steigerung bis in den Bereich von 150 bis 200 Watt erwartet.
Die auf die wärmeübertragenden Flächen bezogenen Leistungen betragen heute etwa 10 bis
20 Watt pro Quadratzentimeter, angestrebt werden 45 bis 60 Watt pro Quadratzentimeter.
Wärmerohrreceiver
Mit der Technologie der Wärmerohre beschäftigt man sich am IKE und KE e. V. seit über
dreißig Jahren; heute stehen bei den Wissenschaftlern vor allem die Entwicklung von
Wärmerohrreceivern für Paraboloid-Stirling-Systeme, von Wärmerohr-Schwarzen Körpern
zur Kalibrierung von Infrarot-Thermometern sowie die Entwicklung von Mikrowärmerohren zur
Kühlung elektronischer Komponenten im Vordergrund.
KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Groll, Dipl.-Ing. Martin Wierse, Institut für Kernenergetik
und Energiesysteme, Abteilung Energiewandlung und Wärmetechnik, Pfaffenwaldring 31, 70550
Stuttgart; Tel. 0711/685-2481/2123; Fax 0711/685-2010