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Stuttgarter unikurier Nr.79/Juni 1998
Der Gesundheit zuarbeiten:
Neues Arbeitsschutzgesetz erfordert Gefährdungsanalyse der Arbeitsplätze
 

Tosende Maschinen, mächtige Walzen, lederne Treibriemen, giftige Dämpfe – solche gefährlichen Arbeitsplätze hatten die Menschenwohl im Sinn, als sie im 19. Jahrhundert über Arbeitsschutzgesetze und Unfallverhütungsvorschriften nachdachten. Zu viele Opfer unter den Arbeitern hatten die frühindustriellen Fabriken zu beklagen, und ein wenig soziale Verantwortung mußte den Industriellen denn doch aufgezwungen werden. 1869 trat in Deutschland die Gewerbeordnung in Kraft, die dazu anhielt, das Arbeitsumfeld sicherer zu gestalten. In der Informationsgesellschaft wirkt ein Arbeitsschutzgesetz anachronistisch. Roboter und Elektronik schließen Unfälle mit Maschinen scheinbar aus. Doch auch heute birgt der Arbeitsplatz noch Gefahren.

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Die heutigen Gefahren sind meist anders, sie sind weniger blutig und machen sich oft erst langfristig bemerkbar. Die individuellen wie die gesellschaftlichen Schäden sind deshalb kaum geringer. Den schmerzenden Rücken kennt jeder, der seine Zeit vor der Schreibmaschine oder dem Computer verbringt; über Augenprobleme und Kopfschmerzen klagen manche aus zunächst unerfindlichen Gründen, bis die Wissenschaftler einen Gefahrstoff als gesundheitsschädlich erkennen oder Strahlungsquellen ausmachen. Eine Neufassung der Arbeitsschutzgesetzes stößt daher wohl nur bei ganz Unverständigen auf Kopfschütteln.

 

Europaweite Vereinheitlichung
Die Neufassung des Arbeitsschutzgesetzes trat 1996 in Kraft. Sie ist nicht allein eine Konsequenz der veränderten Arbeitsbedingungen im ausgehenden 20. Jahrhundert. Ausschlaggebend waren vielmehr politische Veränderungen: Die Europäische Union machte eine europaweite Vereinheitlichung der Rechtsgrundlage für den Arbeitsschutz erforderlich. Bereits 1989 und 1991 wurden daher von der Europäischen Kommission Rahmenrichtlinien formuliert, die in den einzelnen Staaten umgesetzt werden sollten.

 

Schwerpunkt Prävention
Für Deutschland ergeben sich daraus zwei grundsätzliche Änderungen. Zum einen umfaßt das neue Arbeitsschutzgesetz erstmals auch alle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Zum andern beruht es auf einem neuen Prinzip: Bisher reagierten die Unfallversicherer und der Gesetzgeber, die beiden Akteure des dual konzipierten Arbeitsschutzes in Deutschland, auf Unfälle und auftretende Gesundheitsschäden. Nun liegt der Schwerpunkt auf der Prävention durch die Arbeitgeber. Mit Hilfe genauer Untersuchungen der einzelnen Arbeitsplätze, der rechtsverbindlichen „Gefährdungsanalyse", sollen Gefahren für die Arbeitnehmer von vornherein ausgeschlossen werden.

Davon ist auch die Universität betroffen. In der Verantwortung stehen die Instituts- und Verwaltungsleiter, auf die in den kommenden Monaten die Erstellung der Gefährdungsanalyse zukommt. Damit nicht genug: Sie müssen die Maßnahmen dokumentieren und ihre Wirksamkeit kontrollieren. Und sie müssen die Mitarbeiter unterweisen, weiterbilden und schulen, damit die sich sachgerecht und vorsichtig verhalten. Der Vorteil dieser Form der Prävention liegt auf der Hand: Gefahren können frühzeitig abgewendet und die Schutzmaßnahmen den sich ständig verändernden Arbeitsplätzen angepaßt werden.

 

Aufwand lohnt sich
Viele werden nun stöhnen, und vor allem die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fakultäten werden ob des Arbeitsaufwandes murren, stehen doch lediglich bei einigen ingenieur- und technikwissenschaftlichen Disziplinen gefährliche Drehbänke oder sonstiges mechanisches Gerät – im übrigen neben der guten alten Leiter, mit denen die Bediensteten hohe Regale oder die Spitze mancher Konstruktionen erreichen, und die eine nicht zu unterschätzende betriebliche Unfallursache ist. Bei den Naturwissenschaften, vornehmlich der Biologie und der Chemie, ist die Gefahr durch Stoffe, Bakterien, Gene und Strahlung ebenfalls offensichtlich. Doch sind die Gefahrquellen an den hochmodernen Büro-Arbeitsplätzen auch verborgen, der Gesundheit der Mitarbeiter abträglich sind sie kaum weniger. Erwähnt seien nur die Auswirkungen alter Schreibtischstühle oder schlechter Beleuchtung und Lüftungsanlagen.

Den Arbeitgebern ist durch besseren Arbeitsschutz ebenso geholfen wie den Arbeitnehmern. Die Vorbeugung vor Unfällen und Gesundheitsschäden macht sich auch in barer Münze bemerkbar. Die Beiträge zu allen Arten von Versicherungen werden davon beeinflußt. Und die Arbeitsausfalltage durch berufsbedingte Krankheiten gehen durch diese aktive Gesundheitsvorsorge für die Arbeitnehmer zurück.

Der Arbeitsaufwand für die Gefahrenanalyse zur gesundheitsverträglichen Gestaltung des Arbeitsumfelds lohnt sich. Und bei der Erstellung der Gefahrenanalyse können die Institute zudem auf bereits entwickelte, auf das jeweilige Tätigkeitsfeld ausgerichtete Formulare zurückgreifen. Dabei steht, wie auch bei der Einrichtung der Arbeitsplätze, die Abteilung Sicherheitswesen des Rektoramts mit Rat und Tat zur Seite.      /hjg

 

KONTAKT
Dieter Heil, Dr. Michael Rannenberg, Abteilung Sicherheitswesen, Pfaffenwaldring 59, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-3023, -3020, -3021, -3027, Fax 0711/685-3027

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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