Die heutigen Gefahren sind meist anders, sie sind weniger blutig und machen
sich oft erst langfristig bemerkbar. Die individuellen wie die gesellschaftlichen Schäden
sind deshalb kaum geringer. Den schmerzenden Rücken kennt jeder, der seine Zeit vor der
Schreibmaschine oder dem Computer verbringt; über Augenprobleme und Kopfschmerzen klagen
manche aus zunächst unerfindlichen Gründen, bis die Wissenschaftler einen Gefahrstoff
als gesundheitsschädlich erkennen oder Strahlungsquellen ausmachen. Eine Neufassung der
Arbeitsschutzgesetzes stößt daher wohl nur bei ganz Unverständigen auf Kopfschütteln.
Europaweite Vereinheitlichung
Die Neufassung des Arbeitsschutzgesetzes trat 1996 in Kraft. Sie ist nicht allein eine
Konsequenz der veränderten Arbeitsbedingungen im ausgehenden 20. Jahrhundert.
Ausschlaggebend waren vielmehr politische Veränderungen: Die Europäische Union machte
eine europaweite Vereinheitlichung der Rechtsgrundlage für den Arbeitsschutz
erforderlich. Bereits 1989 und 1991 wurden daher von der Europäischen Kommission
Rahmenrichtlinien formuliert, die in den einzelnen Staaten umgesetzt werden sollten.
Schwerpunkt Prävention
Für Deutschland ergeben sich daraus zwei grundsätzliche Änderungen. Zum einen umfaßt
das neue Arbeitsschutzgesetz erstmals auch alle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst.
Zum andern beruht es auf einem neuen Prinzip: Bisher reagierten die Unfallversicherer und
der Gesetzgeber, die beiden Akteure des dual konzipierten Arbeitsschutzes in Deutschland,
auf Unfälle und auftretende Gesundheitsschäden. Nun liegt der Schwerpunkt auf der
Prävention durch die Arbeitgeber. Mit Hilfe genauer Untersuchungen der einzelnen
Arbeitsplätze, der rechtsverbindlichen Gefährdungsanalyse", sollen Gefahren
für die Arbeitnehmer von vornherein ausgeschlossen werden.
Davon ist auch die Universität betroffen. In der Verantwortung stehen die Instituts-
und Verwaltungsleiter, auf die in den kommenden Monaten die Erstellung der
Gefährdungsanalyse zukommt. Damit nicht genug: Sie müssen die Maßnahmen dokumentieren
und ihre Wirksamkeit kontrollieren. Und sie müssen die Mitarbeiter unterweisen,
weiterbilden und schulen, damit die sich sachgerecht und vorsichtig verhalten. Der Vorteil
dieser Form der Prävention liegt auf der Hand: Gefahren können frühzeitig abgewendet
und die Schutzmaßnahmen den sich ständig verändernden Arbeitsplätzen angepaßt werden.
Aufwand lohnt sich
Viele werden nun stöhnen, und vor allem die geistes- und sozialwissenschaftlichen
Fakultäten werden ob des Arbeitsaufwandes murren, stehen doch lediglich bei einigen
ingenieur- und technikwissenschaftlichen Disziplinen gefährliche Drehbänke oder
sonstiges mechanisches Gerät im übrigen neben der guten alten Leiter, mit denen
die Bediensteten hohe Regale oder die Spitze mancher Konstruktionen erreichen, und die
eine nicht zu unterschätzende betriebliche Unfallursache ist. Bei den
Naturwissenschaften, vornehmlich der Biologie und der Chemie, ist die Gefahr durch Stoffe,
Bakterien, Gene und Strahlung ebenfalls offensichtlich. Doch sind die Gefahrquellen an den
hochmodernen Büro-Arbeitsplätzen auch verborgen, der Gesundheit der Mitarbeiter
abträglich sind sie kaum weniger. Erwähnt seien nur die Auswirkungen alter
Schreibtischstühle oder schlechter Beleuchtung und Lüftungsanlagen.
Den Arbeitgebern ist durch besseren Arbeitsschutz ebenso geholfen wie den
Arbeitnehmern. Die Vorbeugung vor Unfällen und Gesundheitsschäden macht sich auch in
barer Münze bemerkbar. Die Beiträge zu allen Arten von Versicherungen werden davon
beeinflußt. Und die Arbeitsausfalltage durch berufsbedingte Krankheiten gehen durch diese
aktive Gesundheitsvorsorge für die Arbeitnehmer zurück.
Der Arbeitsaufwand für die Gefahrenanalyse zur gesundheitsverträglichen Gestaltung
des Arbeitsumfelds lohnt sich. Und bei der Erstellung der Gefahrenanalyse können die
Institute zudem auf bereits entwickelte, auf das jeweilige Tätigkeitsfeld ausgerichtete
Formulare zurückgreifen. Dabei steht, wie auch bei der Einrichtung der Arbeitsplätze,
die Abteilung Sicherheitswesen des Rektoramts mit Rat und Tat zur Seite.
/hjg
KONTAKT
Dieter Heil, Dr. Michael Rannenberg, Abteilung Sicherheitswesen, Pfaffenwaldring 59, 70569
Stuttgart, Tel. 0711/685-3023, -3020, -3021, -3027, Fax 0711/685-3027