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Stuttgarter unikurier Nr.80/November 1998
Ein Studiendekan berichtet:
Das lange Studium des F. J. P.
 

Ein Student des Maschinenbaus, nennen wir ihn F. J. P., Jahrgang 1934, studiert seit dem Wintersemester 1955/56, das heißt derzeit im 87. Semester, an der Universität Stuttgart. An der fachlichen Tiefe und Breite des Studiums sowie an der persönlichen Ernsthaftigkeit des Studenten ist nicht zu zweifeln. Dennoch steht bis heute der Abschluß der schon lange begonnen Diplomarbeit in Mechanischer Verfahrenstechnik aus.

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Natürlich wurde F. J. P. mit dieser studentischen Vita im Rahmen der Aktion Langzeitstudenten 1996 zum Beratungsgespräch beim zuständigen Studiendekan eingeladen. Hierbei trafen zwei „alte Kameraden“ aufeinander, denn der derzeitige Studiendekan des Maschinenwesens, Jahrgang 1936, hatte ebenfalls im WS 1955/56 das Studium des Maschinenbaus an der damaligen TH Stuttgart begonnen und dieses nach neun Semestern mit 23 Jahren als Diplomingenieur abgeschlossen. Bei einem derartigen Zusammentreffen vertieft sich die Einsicht, daß es unter den Menschen - schwäbisch gesprochen - „sodigge ond sodigge“ gibt.
F. J. P. war sich der Situation bewußt und in Kenntnis der political correctness sprach er ab sofort seinen jüngeren Studienkollegen mit „Herr Professor“ an.
Dieser war nicht nur von Amts wegen, sondern auch aus kollegialer Verbundenheit um einen baldigen Studienabschluß bemüht. Es stellte sich überraschend heraus, daß der Professor für Mechanische Verfahrenstechnik, bei dem die Diplomarbeit begonnen wurde, noch lebte und auf Anfrage des Studiendekans auch zu einer - wenn auch späten - Annahme und Bewertung dieser Arbeit sich bereit erklärte. Dieses erfreuliche Angebot wurde F. J. P. vom Studiendekan persönlich mitgeteilt. Seine Antwort: „Herr Professor, ich lasse mich von Ihnen nicht drängen!“
Für den Terminkalender: F. J. P. wird im kommenden Jahr als Student das gesetzliche Rentenalter erreichen.

H. Seeger

Anmerkung des Rektors:
Die Hochschulgesetzgebung des Landes Baden-Württemberg erlaubt jedem Abiturienten (anders als zum Beispiel in Bayern oder Sachsen), in der Hochschule als Studierender das Rentenalter zu erreichen, ohne daß ihn gegen seinen Willen irgendjemand beschleunigen könnte, das Studium zu beenden.
Andererseits müssen sich die Universitäten des Landes von den dafür verantwortlichen Politikern wegen einiger Dauerstudierender als die häufig bemühte „Wärmehalle der Nation“ (siehe Stuttgarter Zeitung vom 15.10.1997) verunglimpfen lassen. An ihre Pflichten als Politiker erinnert, erhält man im allgemeinen die gleiche Antwort wie von Herrn F. J. P.

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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