Stuttgarter
unikurier Nr.80/November 1998 |
Abschied von Professor Ulf Essers:
54 Semester im Dienste des Automobils |
Am 10. Juli 1998 wurde Prof. Dr.-Ing. Ulf Essers, Direktor des Instituts für
Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen (IVK) und des Forschungsinstituts für
Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS), verabschiedet. Die Redner würdigten
Essers als Mann, der sein Leben lang den Bogen von Forschung und Lehre zur konkreten
Anwendung zu schlagen wußte. Essers selbst gab in seinem Vortrag einen Überblick über
Geschichte, Aufgaben und aktuelle Projekte seiner beiden Institute. |
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Gleich zwei Nachfolger teilen sich in Zukunft
die Aufgaben von Essers, ein dritter soll zu Beginn des nächsten Jahres gefunden sein.
Möglich wurde die Stellenvermehrung in Zeiten knapper Kassen durch Stiftungsprofessuren,
die zugleich Ausdruck der seit jeher guten Zusammenarbeit des Instituts mit der Industrie
sind.
Schon die Tatsache, daß es mehrerer Nachfolger bedarf, lasse auf die Bedeutung von Prof.
Essers schließen, unterstrichen Prof. Michael Bargende, seit 15. April 1998 Inhaber des
C4-Lehrstuhls Verbrennungsmotoren am IVK (siehe im folgenden unter Kurz
vorgestellt), und Prof. Hans Jochen Wiedemann, seit 1. Juli 1998 C4-Professor für
Kraftfahrwesen und Geschäftsführender Direktor des IVK (siehe im folgenden
unter Kurz vorgestellt). Essers habe nicht nur die heutige Gestalt des
Instituts durch Planung und Organisation des Umzugs nach Vaihingen entscheidend bestimmt,
er habe mit seinen Arbeiten auch die Geschichte des Automobils geprägt.
Dem schloß sich Prof. Dr.-Ing. Klaus Hein, Dekan der Fakultät Energietechnik, an, der
den Lebenslauf des 1930 geborenen Berliners ausführlich vorstellte. Essers war nach dem
Studium des Maschinenbaus, nach Promotion (1965) und Habilitation (1969) an der RWTH
Aachen sowie zweijähriger Tätigkeit im Entwicklungswerk Porz der
Klöckner-Humboldt-Deutz AG Ende 1971 nach Stuttgart gekommen.
Prof. Dr. rer. nat. Ernst Messerschmid, Prorektor Forschung, stellte Essers als einen
Gelehrten vor, der es verstehe, Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu tragen. Für die
Universität werde das im Rahmen der Profilbildung immer wichtiger.
Senator E. h. Dr. jur. Jürgen Stech, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung
Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS), berichtete
über die Entwicklung des FKFS seit den Anfängen im Jahre 1930 - übrigens auch das
Geburtsjahr von Essers - und würdigte Essers als den Mann, der in 27 Jahren der Leitung
dieses Forschungsinstituts dessen Geschichte maßgeblich gelenkt habe. Die Entwicklung
neuer Finanzierungsmodelle unter Einschluß der Industrie habe beispielsweise den 1988 in
Betrieb genommenen Windkanal erst ermöglicht. Die Bedeutung des Forschungsinstituts ist
nicht zuletzt an den Umsatzzahlen abzulesen: Von zwei Millionen DM im Jahre 1988 stieg der
Umsatz auf über 15 Millionen im Jahr 1997. Die Expansion, die technischen Neuerungen und
nicht zuletzt die Vermehrung der Lehrstühle seien Anzeichen hin zur Entwicklung eines
großen Forschungszentrums.
Prof. Dr.-Ing. Bert Breuer, Ordinarius für Fahrzeugtechnik der TH Darmstadt, Präsident
der FISITA (Fédération Internationale des Sociétés d'Ingénieurs des Techniques de
l'Automobile) und langjähriger Freund Essers, verwies außerdem auf die Verdienste Essers
beim Projekt Uni-Car, das seinerzeit in einer Arbeitsgemeinschaft der Hochschulen
Stuttgart, Aachen, Darmstadt und Berlin entstanden war und dessen innovative Konzepte
Eingang in die Serienfertigung verschiedener Automobilfirmen fanden.
Prof. Essers selbst machte in seinem Vortrag deutlich, daß er die Entwicklungen und
Erfolge seines Instituts als Ergebnis einer Zusammenarbeit aller Mitarbeiter, aber auch
der Politik und Industrie versteht.
Der scheidende Institutsleiter stellte an einigen Beispielen diese Zusammenarbeit vor.
Für das Universitätsinstitut IVK wie für das als Stiftung organisierte
Forschungsinstitut FKFS sei der Umzug nach Vaihingen ein Glücksfall gewesen. Erst der
Umzug und die damit verbundenen Neubauten hätten die Basis für die heutige Ausstattung
ermöglicht. Der Windkanal, der 1988 in Betrieb genommen und 1993 um eine akustische
Ausstattung ergänzt wurde, steht dabei heute an erster Stelle. Er gilt als
leistungsfähigster Aeroakustik-Windkanal Europas.
Die Forschungen am Institut konzentrieren sich jedoch nicht nur auf Aerodynamik und
-akustik der Fahrzeughülle. Ebenso stand auch die Technik im Fahrzeug im Zentrum der
Forschungen. Kraftstoffverbrauchsminderung und Erprobung von Alternativkraftstoffen,
Minderung der Umweltbelastung bei Abgasschadstoffen und Geräusch sowie Erhöhung der
Fahrzeugsicherheit sind hier nur einige Stichpunkte. Die Entlastung der Fahrzeuginsassen
(Schwingungen, Geräusch, Klima, Bedienung), Ressourcenschonung/Recycling und nicht
zuletzt effizienter und gewinnbringender Einsatz der Simulations- und Softwaretechnik in
der Kfz-Entwicklung sind ebenfalls Bestandteil des umfangreichen Spektrums der
Institutsarbeit.
Und die widmet sich nicht nur dem Straßenverkehr: In Zusammenarbeit mit Wasser- und
Umweltexperten wurde beispielsweise die Belastung des Bodensees durch Bootsmotoren
untersucht - mit dem Ergebnis, daß das Trinkwasserreservoir Süddeutschlands mit
erschreckend hohen Werten belastet war. Wenn heute Katalysatoren den
Benzolausstoß der Boote senken, so ist das nicht zuletzt auf die Arbeit am Institut
zurückzuführen. Schadstoffe im Straßenverkehr standen ebenfalls häufig im Mittelpunkt
von Untersuchungen. Mit Blick in die Zukunft testet man am Institut schließlich auch
alternative Antriebsformen wie Wasserstoffmotoren - mit gutem Ergebnis.
Bisweilen, so Essers, erbringen die Versuchsreihen erstaunliche Erkenntnisse: Etwa die,
daß bei glatten Fahrbahnen die Geräuschentwicklung höher ist als bei mittlerer
Rauhigkeit der Straße. Widersprüche, oder besser Zielkonflikte seien in der Technik
keine Seltenheit, beispielsweise der zwischen Senkung des Verbrauchs und Steigerung der
Leistung.
Alle Anzeichen sprechen dafür, daß das Institut auch künftig seinen erfolgreichen Weg
fortsetzen wird: Im Aufbau befindet sich das Zentrum für Fahrzeug- und Motorentechnik
innerhalb der Fakultät Energietechnik. Es soll als Anlauf- und Koordinierungsstelle für
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten fungieren, Forschungsprojekte fördern und sich zur
Kontaktstelle für Wissenschaftler und Studenten aus dem In- und Ausland entwickeln. Die
wissenschaftliche Arbeit des Zentrums konzentriert sich in erster Linie auf die Sicherheit
und die rationelle Energienutzung im Verkehr, die Minimierung der Umweltbelastung und die
Schonung der Ressourcen. Getragen wird die Arbeit vom FKFS, IVK und dem Institut für
Technische Verbrennung. Die Förderung der Lehre zeigt bereits erste Ergebnisse: Im
Wintersemester startete der Studiengang Fahrzeug- und Motorentechnik.
So übergibt Prof. Essers nach 27 Jahren ein prosperierendes Institut - wobei man auf ihn
auch in Zukunft nicht verzichten muß; er wird künftig im wissenschaftlichen Beirat des
FKFS seine langjährige Erfahrung einbringen.
C. Rabe
KONTAKT
Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen, Pfaffenwaldring 12, 70569 Stuttgart,
Tel.: 685-5601, Fax: 685-5710 www.uni-stuttgart.de/UNIuser/ivk/index.html
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