Professoren, Studierende und Mitarbeiter der Universität Stuttgart haben
einstimmig, also ohne Nein und ohne Enthaltung, in der Senatssitzung am 22. Juli diesen
Jahres die Vorlage zum Teilzeitstudium verabschiedet. Aus der Sicht der
Universitätsinsider war es überdeutlich, daß der im geltenden Universitätsgesetz (UG)
selbstverständlich vorausgesetzte Vollzeitstudent schon lange eine Fiktion
ist. Zwei Drittel aller Studierenden sind laut der jüngsten Sozialerhebung des
Studentenwerks inzwischen neben dem Studium erwerbstätig oder müssen aus sozialen
Gründen ihre Arbeitszeit aufsplitten. Wer sich heute allerdings als
Teilzeitstudierender zu erkennen gibt, riskiert nach geltendem UG immer noch die
Exmatrikulation, konstatierte der Rektor, Prof. Dr.-Ing. Günter Pritschow, bei der
öffentlichen Vorstellung des Konzeptes. Ein fiktiver Vollzeitstudierender könne aber
jederzeit ohne Ende weiterstudieren und damit seien verläßliche Aussagen über die
tatsächlichen Studienzeiten heute fast unmöglich, stellte der Rektor fest.
Job und Studium parallel
Die Gründe, warum das Teilzeitstudium häufige Realität ist, sind vielfältig: Betreuung
und Erziehung von Kindern, häusliche Pflegefälle sowie eigene Krankheit oder Behinderung
sind die wichtigsten sozialen Gründe, aus denen nur zeitbegrenzt studiert werden kann.
Daneben steht die zunehmende Erwerbstätigkeit der Studierenden, da Bafög oder elterliche
Unterstützung oft nicht ausreichen. Auch mit Blick auf eine Verbesserung der
Berufschancen hat sich das Splitting von Studium und Job bewährt. Nötige
Zusatzqualifikationen können erworben und wichtige Kontakte geknüpft werden, so daß ein
gleitender Übergang in den Beruf, wie ihn Architekten und Informatiker heute schon
häufig praktizieren, möglich wird.
Bei Studierenden, die aus familiären Gründen oder krankheitsbedingt teilzeit studieren,
muß ein Teilzeitstudium während des gesamten Studiums möglich sein, fordert die
Arbeitsgruppe. Bei Erwerbstätigkeit ist dieses jedoch nur im Hauptstudium sinnvoll, da
gerade im ersten Studienabschnitt die prinzipielle Studieneignung gezeigt werden soll.
Studienleistungen müssen bei einem Teilzeitstudium wegen Erwerbstätigkeit aber immer
mindestens zur Hälfte erbracht werden.
Flexible Regelungen erforderlich
Die vom Bundestag beschlossene Novelle des Hochschulrahmengesetzes fordert die Hochschulen
bereits auf, die besonderen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern zu berücksichtigen.
Dies erfordert nun auch in den Landesgesetzen Regelungen für eine entsprechende
Flexibilisierung des Studiums, und hier könnte auch die Regelung für das Teilzeitstudium
einfließen. Die Universität Stuttgart hat das vom Senat verabschiedete Konzept
Wissenschaftsminister Klaus von Trotha bereits mit der Bitte um Unterstützung und
Umsetzung zugeleitet. Erste vorsichtige Reaktionen zeigen, daß die wegen möglichen
Mißbrauchs bisher eher ablehnende Haltung durch die vorgetragenen Argumente aufgeweicht
werden konnte.
Teilzeitvermerk in Studentenausweis und Abschlußzeugnis
Hier hat die Arbeitsgruppe eine klare Linie vorschlagen: wer aus Erwerbsgründen
teilzeitstudiert, erhält einen entsprechenden Eintrag im Studentenausweis, so daß
Institutionen, die Vergünstigungen gewähren, entsprechende Konsequenzen ziehen können.
Ein Vermerk über das Teilzeitstudium wird auch in das Abschlußzeugnis aufgenommen und
dokumentiert für einen späteren Arbeitgeber offiziell, daß besondere Gründe vorgelegen
haben, die zu einem längeren Studium geführt haben. - Sollte das Teilzeitstudium im
Universitätsgesetz berücksichtigt werden, hätte dies vor allem Auswirkungen auf die
Festsetzung der Regelstudienzeiten; indirekt aber auch auf den Zeitpunkt, zu dem
Langzeitstudiengebühren anstehen. eng
KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. Monika Auweter-Kurtz, Institut für Raumfahrtsysteme,
Pfaffenwaldring 31, 70569 Stuttgart, Tel: 0711/685-2378, Fax: 0711/685-3596; e-mail: sekretariat@irs.uni-stuttgart.de
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