Die Ehrbarkeit bestimmte maßgeblich die
württembergische Politik in Städten und Landtagen vom 16. Jahrhundert bis zum Ende des
alten Deutschen Reichs 1806. Oft stehen die Nachkommen solcher Familien noch heute an
exponierter Stelle in der Gesellschaft. Gebhardts Beitrag zur württembergischen
Ehrbarkeit im 17. und 18. Jahrhundert mit einer genealogisch-soziologischen Untersuchung
der ältesten Stuttgarter Familie Autenrieth geht der Entwicklung dieser Oberschicht
im allgemeinen nach und stellt anschließend die konkrete Stellung und die Entwicklung
einer solchen Familie innerhalb des städtischen Verbandes dar.
Neue Quellen entdeckt
Die Arbeit ist um so verdienstvoller, als Gebhardt in unzähligen Stunden der Archivarbeit
nicht nur völlig neue Quellen erschließen konnte, sondern auch bisher unbekannte
Parallelüberlieferungen von Beständen des im Zweiten Weltkrieg zerstörten historischen
Archivs der Stadt Stuttgart aufdeckte.
Daß der fleißige Wissenschaftler erst mit fortgeschrittenen Jahren seiner Leidenschaft
frönen konnte, lag an der Geschichte: Im Berlin der Luftbrücke wandte er sich einem
Beruf zu, der Brot versprach, und wurde Bauingenieur. Nach erfülltem Berufsleben als
Niederlassungsleiter einer Baufirma begann er vor einigen Jahren, sich mit Geschichte zu
befassen.
Seit acht Jahren die erste Promotion eines
Seniorstudenten
Gebhardt weit über das übliche Maß hinaus: Die Mehrheit der zahlreichen Seniorstudenten
besucht als Gasthörer Veranstaltungen in den geisteswissenschaftlichen Fächern
Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik. Zwar studieren einige auch regulär, doch ein
Promotionsabschluß zählt zu den seltenen Ausnahmen. Werner Gebhardt ist seit acht Jahren
der erste Seniorstudent am Historischen Institut, der sein Studium mit der Promotion
abschließt - übrigens mit der Note 1. 1989 erschien in Stuttgart die Arbeit
von Dr. Friedrich Wilhelm über die Rolle der Stuttgarter Polizei während des Dritten
Reiches. Die Arbeit hat hohes internationales Ansehen als eine der wenigen Arbeiten über
die Polizei im Dritten Reich errungen.
Zielstrebige Seniorstudenten
Die Zahl der Abschlüsse ist jedoch keine Wertung der Studienleistung der Senioren - im
Gegenteil. Sie gelten als disziplinert und zielstrebig, können Vorbilder und
Gesprächspartner für jüngere Studentinnen und Studenten sein, denen sie auch ein
enormes Maß an Lebens- und Berufserfahrung voraushaben. Prof. Franz Quarthal, Doktorvater
Gebhardts und Leiter der Abteilung Landesgeschichte am Historischen Institut: Diese
Senioren sind ein sehr aufmerksames und interessiertes Publikum, die durchaus eine
Bereicherung darstellen.
Bleibt abzuwarten, wann Werner Gebhardt sein nächstes Ziel verwirklicht: die Gründung
eines Stuttgarter Geschichtsvereins.
KONTAKT
Prof. Dr. Franz Quarthal, Historisches Institut, Abteilung Landesgeschichte, Keplerstr.
17, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711/121 - 3455, Fax: 121-2757
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