Vor 40 Jahren startete der Ausbau des Pfaffenwaldes. Heute ist der Campus der
Universität Stuttgart in Vaihingen nicht nur der größte Standort der Uni Stuttgart mit
rund zwei Dritteln ihrer Lehr- und Forschungseinrichtungen, sondern gleichzeitig eine
Wissenschaftsstadt mit Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft, des Deutschen
Zentrums für Luft- und Raumfahrt oder der Fachhochschule für Druck. Auch das
Universitätsbauamt Stuttgart und Hohenheim konnte 1998 auf 40 Jahre des Planens und
Bauens im Dienst der Wissenschaft zurückblikken. Das Uni-Bauamt veranstaltete zu diesem
Doppeljubiläum Mitte Juni eine Feier, die von einem zweitägigen Kolloquium zum Thema
Campus - 40 Jahre Planen und Bauen für die Universität Stuttgart begleitet
wurde. Die Veranstaltung sollte unter anderem einen Beitrag zur Standortbestimmung
universitären Bauens leisten. - Der Uni-Kurier nimmt dies zum Anlaß, die
baugeschichtliche Entwicklung der Universität mit ihren heute zwei Hauptstandorten
Vaihingen und Stadtmitte Revue passieren zu lassen, Modelle des Campus und die Stuttgarter
Wirklichkeit zu skizzieren, das Verhältnis von Stadt und Universität zu betrachten und
einen Ausblick auf die weitere bauliche Entwicklung zu geben. Architekturgeschichtlich
Interessierte finden eine Auswahl von Uni-Bauten in ihrem Entstehungs- und
Funktionszusammenhang beschrieben. - Im Grunde kann die Universität Stuttgart mit ihrer
baulichen Ausstattung zufrieden sein: insbesondere der Vaihinger Campus bietet eine
hervorragende Forschungsinfrastruktur. Was Nutzer über den Campus denken, finden Sie am
Ende dieses Schwerpunktthemas. Doch wenn man - wie einer unserer Artikel überschrieben
ist - Universität als Campus und Campus als Stadt und die Stadt als Ort der
Begegnung, der Kommunikation begreift, dann muß die Frage erlaubt sein, warum beide
Standorte echte Urbanität vermissen lassen. Ein intensiverer Austausch zwischen Stadt und
Universität kann dazu beitragen, dieses Defizit abzubauen. Es gibt vielversprechende
Ansätze dafür, die der sorgfältigen Pflege bedürfen. Davon profitieren werden
letztlich Stadt und Universität. |
Aus kleinen Anfängen - hier der Zustand im Pfaffenwald
im Jahr 1963... (Foto: Brugger)
Bereits Mitte der fünfziger Jahre war absehbar,
daß der Aufbau der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Universitätsgebäude in der
Stadtmitte nicht genügend Kapazität für die rasch wachsenden Studentenzahlen bot. 1957
begannen Rodungen und Erschließungsarbeiten im Pfaffenwald. Im März 1958 wurde das
Universitätsbauamt gegründet. Das erste Richtfest am damaligen Otto-Graf-Institut (heute
Forschungs- und Materialprüfungsanstalt Baden-Württemberg) konnte im Mai 1958 gefeiert
werden.
...wurde die Konzeption der Wissenschaftsstadt sichtbar, hier
der Zustand im Jahr 1977... (Foto: Luftbild Brugger) |
In 40 Jahren sind acht der vierzehn Fakultäten der
Uni Stuttgart ganz oder größtenteils auf den Vaihinger Campus umgesiedelt worden.
Allerdings wird die Universität Stuttgart ihren Standort Stadtmitte mit den Fakultäten
Architektur und Stadtplanung, Geschichts-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften,
Philosophie, einzelnen Instituten anderer Bereiche, dem Rektoramt mit dem Sitz von
Uni-Leitung und Verwaltung und der Uni-Bibliothek beibehalten. Auf dem Vaihinger Campus
mit rund 100 Hektar Baugelände sind inzwischen fast alle ingenieur- und
naturwissenschaftlichen Disziplinen angesiedelt. Nach jahrzehntelanger Neubautätigkeit
ist der größte Teil der Aufgabe, die Errichtung des Uni-Campus, erfüllt. Noch
ausstehende Bauten werden das Erscheinungsbild abrunden. Etwa 14.000 Studierende und rund
5.000 Angehörige der Universität und anderer Einrichtungen bevölkern täglich den
Vaihinger Campus. Eine Vorstellung von der Ausdehnung des Uni-Campus gibt die gedachte
Projektion auf die Innenstadt: die Anlage würde eine Fläche vom Hauptbahnhof bis zur
Silberburgstraße und von der Theodor-Heuss- bis zur Konrad-Adenauer-Straße abdecken.
Auch einige architektonische Highlights hat der Campus zu bieten: Der
Architekturführer Stuttgart verzeichnet mit dem Zeltdach von Frei Otto, der Mensa, den
Studentenwohnungen der Schweizer Architekten Atelier 5 und dem Hysolargebäude von
Behnisch & Partner Gebäude, die Interessierte von weither locken. Und 20 Preise und
Anerkennungen haben der Bund Deutscher Architekten, die Architektenkammer und andere
Organisationen für Bauten der Universität verliehen.
... und im Jahr 1994. (Foto: Luftbild
Elsässer) |
Bleibt nur die Frage: Wo bleibt die Urbanität? Wie läßt
sich der Campus, wie lassen sich die beiden Uni-Standorte beleben? Grundlage für eine
positive Veränderung könnten die Ergebnisse des Arbeitskreises Campus
Vaihingen sein, der sich das Ziel gesetzt hat, die Bedürfnisse der Bewohner
systematisch zu erfassen. Und zu dieser Frage plant Bauamtschef Klaus Schmiedek für das
kommende Jahr ein Kolloquium. zi
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