Stuttgarter
unikurier Nr.80/November 1998 |
40 Jahre Uni-Bauamt:
Geschichte und Gegenwart des Stuttgarter Hochschulbaus |
Als Ergebnis der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der
Nachkriegszeit ist das Universitätsbauamt Stuttgart und Hohenheim ein Kind
Baden-Württembergs und nicht zuletzt der Stadt Stuttgart. Hier, in der Landeshauptstadt,
mußte geplant und gebaut werden, das Land stellte die Mittel zur Verfügung und besorgte
den politischen wie hochschulpolitischen Rahmen für den Ausbau der einstigen Technischen
Hochschule. So waren Vertreter aller beteiligten Institutionen auch der Einladung von
Klaus Schmiedek, dem Leiter des Universitätsbauamtes, zu einer Feier am 17. Juni in den
Pfaffenwaldring 9 gefolgt. In Festreden und Grußworten würdigten sie die Bautätigkeit
der vergangenen vierzig Jahre. |
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Aller Kritik zum Trotz, die an den Architekturmoden vergangener Jahrzehnte
mittlerweile geübt wird, zeigten sich die Festredner stolz auf ihre Universität. Gerade
Rektor Prof. Günter Pritschow rückte die Verhältnisse ins rechte Licht. Aus heutiger
Sicht ließe sich beispielsweise über den nackten Beton vor allem der siebziger Jahre
klagen, ist er doch zwischenzeitlich nachweislich als zu kühl, als wenig
menschenfreundlich erkannt worden. Doch entsprach dies eben den jeweiligen Bauweisen, dem
Zeitgeschmack und den Anforderungen einer Hochschule. Sowohl der Campus in Vaihingen als
auch die Anlagen in der Stadtmitte sind Teile der Architekturgeschichte, und es lassen
sich vielerlei Tendenzen, vielerlei Entwicklungen der Nachkriegsgeschichte an ihnen
ablesen innen wie außen.
Rektor: Die Universität muß menschlicher werden
Mit dem Verweis auf die Verankerung in der jeweiligen Entstehungszeit entziehen sich die
nun für den Hochschulbau Verantwortlichen gleichwohl nicht der Pflicht, im Rahmen des
Möglichen Verbesserungen anzuregen. Heute, wo weniger große Neubauprojekte als vielmehr
die Sanierung, Modernisierung und der Ausbau des Vorhandenen anstehen -
SAMOA-Programm wird dies in den Ministerien genannt und es verschlingt etwa 70
Prozent des Finanzvolumens für den Universitätsbau - , widmet sich das
Universitätsbauamt vor allem der Korrektur architektonischer Entwicklungen der
Vergangenheit. Die Stuttgarter Universität, an der gleich mehrere Architekturgenerationen
gebaut haben, muß menschlicher werden, formulierte Rektor Pritschow eine der Aufgaben. So
soll unter anderem das sinistre Foyer der Tiefenhörsäle im Kollegiengebäude II in der
Stadtmitte freundlicher gestaltet und der Pfaffenwald belebt werden, der bisher kein Ort
mit ausreichender Lebensqualität ist. Und gemeinsam mit der Stadt wolle man sich auch
darum bemühen, die Universität in der Stadtmitte zu einem lebendigen Teil der Stadt zu
machen.
Hochschulbau im Wandel
Thomas Knödler aus dem Finanzministerium ließ in seiner Rede den Hochschulbau in
Baden-Württemberg in großen Schritten Revue passieren, wobei auch er auf die
veränderten Anforderungen an den Hochschulbau hinwies. Er erinnerte an die Situation in
den fünfziger Jahren, als durch den Schub der Industrialisierung in Deutschland die
Studentenzahlen plötzlich zu steigen begannen und die Universitäten ausgebaut werden
mußten. Zeichen für die gestiegene Bedeutung des Hochschulbaus war neben der Gründung
der Universitätsbauämter unter anderem die Einrichtung eines Lehrstuhls für
Hochschulplanung (Professor Dr. Horst Linde) im Jahre 1961. Thomas Knödler streifte kurz
die unterschiedlichen Bauweisen, etwa die Idee der Typenplanung, bei der auf
der Grundlage modularer Planungssysteme situationsspezifische, doch variable Lösungen
erreicht wurden. In den 80er Jahren wurden in der Hauptsache Forschungsinstitute
errichtet. Spezialgebäude, wahre High-Tech Institute wie das Institut für
Strahlwerkzeuge, der Große Windkanal, der Höhenprüfstand für Flugtriebwerke, das Labor
für Bildschirmtechnik oder das Zentrum Bioverfah-renstechnik, wurden in den vergangenen
beiden Jahrzehnten vom Land gefördert. Thomas Knödler würdigte die Leistung des
Universitätsbauamtes mit dem Verweis auf die preisgekrönten Bauten und betonte
seinerseits, daß der Schwerpunkt im baden-württembergischen Hochschul-bau heute nicht
mehr Wachstum sei, sondern die Sanierung des Bestehenden, eine abgewogene
Modernisierung und gezielte Ergänzung mit der Orientierung an Lehr- und
Forschungsschwerpunkten.
H. J. Graubner
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