Eine umweltverträgliche Gestaltung der Mobilität bildete das Leitmotto der
Veranstaltung. Die Verkehrsüberlastungen besonders in den Verdichtungsräumen, die
Erkenntnisse über Umweltbelastungen, an denen der Kraftfahrzeugverkehr einen gewichtigen
Anteil hat, und das gestiegene Umweltbewußtsein erfordern eine verstärkte Abstimmung der
Planungen. Dies kann jedoch keine grundsätzliche Ablehnung des motorisierten
Individualverkehrs und bedingungslose Bevorzugung des öffent-lichen Verkehrs bedeuten.
Dieser stellt zwar eine wichtige Alternative zum motorisierten Individualverkehr dar; er
ist jedoch für sich allein, auch unter Umweltgesichtspunkten, nicht überall sinnvoll.
Eine angemessene Funktionsteilung innerhalb eines integrierten Gesamtverkehrssystems
ermöglicht vielmehr die optimale Nutzung der jeweils systemeigenen Vorteile.
Innerhalb des öffentlichen Verkehrs (öV) gilt es - im gewollten Wettbewerb der
Verkehrsunternehmen -, sich vom Konkurrenten in Angebot und Qualität zu unterscheiden und
gleichzeitig mit ihm zu kooperieren. Beim voranschreitenden Telematikeinsatz muß der öV
darauf achten, nicht nur als Überlaufbecken eingesetzt zu werden: nicht reine
Autofahrerleitsysteme, sondern verkehrsträgerübergreifende integierte Systeme müssen
das Ziel sein.
Die Ausgangslage des öffentlichen Verkehrs ist dabei denkbar unterschiedlich. Während in
Westeuropa ein hoher Qualitätsstand erreicht ist und gehalten werden soll, wurden in
Osteuropa die Verkehrsunternehmen unvorbereitet in den Markt geworfen und mußten sich
quasi über Nacht vom praktisch konkurrenzlosen öffentlichen Monopolbetrieb zu einem am
Markt agierenden Unternehmen wandeln. Mit mangelhaften finanziellen Mitteln sollen sie nun
auf einem Markt agieren, der von rasch steigender Pkw-Motorisierung geprägt ist. Zum
Überleben sind sie auf externe Hilfe mit unkonventionellen Lösungen angewiesen.
Stabilisierung des öffentlichen Verkehrs in den USA
Neuere Entwicklungen bei den konkret am Markt und in der Politik agierenden amerikanischen
Verkehrsunternehmen zeigen vor allem bei schienengebundenen Angeboten Steigerungen,
während der Busverkehr eher rückläufig ist. Die Entwicklung der Suburbanisierung bei
Wohnungen, Arbeitsplätzen und zentralen Einrichtungen, niedrige Pkw-Investitionen und
-Betriebskosten sowie hohe Flächenverfügbarkeit und eine extensive Straßeninfrastruktur
haben den Verkehrsmarkt wesentlich zu Gunsten des motorisierten Individualverkehrs
geprägt.
Dennoch hat sich der öV in den letzten Jahren stabilisiert, und nicht nur in
Ballungsräumen sind viele neue Schienenstrecken im Bau oder bereits in Betrieb.
Entsprechende Erfolge in New York City, Houston oder Seattle führten dazu, daß sich
Politik und Investoren wieder stärker für den öffentlichen Verkehr engagieren.
Die im Zuge der Privatisierung ausgelösten Entwicklungen in Großbritannien mit der dort
(außer in London) extremen Deregulierung führte zu großen Angebotsreduzierungen und
teilweise dramatischen Fahrgastrückgängen. Einer erheblichen Verringerung der
Betriebskosten steht nun die Unzufriedenheit der Kunden mit der Verringerung von Qualität
und Quantität gegenüber.
Integration von Stadt- und Verkehrsplanung
Als immer wichtigeres Element einer zukunftsgerichteten Entwicklung der Städte
bezeichneten Referenten die Integration von Stadt- und Verkehrsplanung. Ausgehend von
Siedlungsbändern mit Konzentrationspunkten entlang der Verkehrsachsen bildet ein solches
Konzept die besten Voraussetzungen für eine gemeinsame Planung. Es erlaubt aufgrund der
konzentrierten Nachfrage ein qualitativ und quantitativ hochwertiges Angebot und damit
eine leistungsfähige öV-Anbindung und ermöglicht gleichzeitig kurze Wege zu den
Naherholungsgebieten.
Der Zusammenhang von Umweltschutz und Verkehr wird die Diskussion in den nächsten
Jahrzehnten bestimmen. Der Verkehr, einer der Hauptverursacher des Treibhauseffektes,
trägt mit den mit fossilen Brennstoffen betriebenen Fahrzeugen wesentlich zu den
CO2-Emissionen bei. Die bisherigen Versuche, die verkehrsbedingten Emissionen zu
reduzieren, sind unbefriedigend.
Die Symposiumsbeiträge von Referenten aus den USA und Großbritannien, aus Dänemark und
Ungarn, aus der Schweiz, Belgien und Deutschland wurden vom Auditorium in lebhaften
Diskussionen aufgenommen. Besonders die Sorge um integrierte, kundenfreundliche Angebote
kam deutlich zum Ausdruck.
Die Veranstaltung stand im Zeichen des internationalen und -disziplinären
Gedankenaustausches und Wissenstransfers, wobei vor allem das Zusammenspiel von Praxis und
Wissenschaft wertvolle Impulse vermit-telte. Zwei Ausstellungen zu Stuttgart 21 und zu den
BMBF-Leitprojekten zur Mobilität in Ballungsräumen begleiteten das Symposium.
P. Möller/H. Dobeschinsky
KONTAKT
Institut für Eisenbahn- und Verkehrswesen, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart, Tel.
0711/685-6370, Fax 0711/685-6666
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