Stuttgarter
unikurier Nr.80/November 1998 |
Internationaler Workshop an der Uni Stuttgart:
Was können mobile Softwareagenten? |
Mit Spionage im klassischen Sinne haben mobile Softwareagenten nichts zu tun,
auch wenn diese Gedankenverknüpfung nahe liegen mag. Als sich vom 9. bis zum 11.
September rund 100 Fachleute aus dem In- und Ausland zum zweiten internationalen Workshop
Mobile Agents 98 an der Universität Stuttgart getroffen haben,
diskutierten sie vielmehr über die Leistungsfähigkeit dieser Softwareprogramme. Doch
nicht umsonst bezeichnen Wissenschaftler diese Programme als Agenten: Diese
können sich - gleichsam als digitale Roboter - innerhalb eines Computernetzes von Rechner
zu Rechner bewegen und verschiedene Aufgaben ausführen. Diese Aufgaben können einfacher
Natur sein, wie etwa das selbständige Übertragen und Anzeigen von Dokumenten, oder
komplexer, wie etwa das Buchen eines Hotelzimmers, eines Fluges oder eines Leihwagens für
eine Kongreßreise mit dem jeweils günstigsten Preis. |
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Junges Forschungsgebiet
Das Forschungsgebiet der mobilen Agenten ist erst wenige Jahre alt und
verspricht, einige der Probleme heutiger Rechnernetze wie dem Internet zu lösen. Neben
den USA ist vor allem Deutschland ein Zentrum dieser Forschungsrichtung. Die Mobile
Agents 98 ist weltweit die bedeutendste wissenschaftliche Tagung zum Thema der
mobilen Softwareagenten; sie versteht sich als Forum für die Präsentation und Diskussion
der neuesten Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet und als Mittler zwischen Forschung und
Industrie. Die von Informatikern der Uni Stuttgart ausgerichtete Tagung fand zum zweiten
Mal statt. Die Ausrichtung durch die Stuttgarter Wissenschaftler zeigt die Anerkennung der
dort auf diesem Feld geleisteten Forschungsarbeit. Der erste Workshop dieser Art lief 1997
in Berlin.
Auf dem Programm des diesjährigen Workshops standen eingeladene Vorträge internationaler
Experten auf diesem Gebiet wie Danny Lange (USA) über derzeitige und zukünftige Trends
von Mobile-Agenten-Technologien, Dag Johansen (Norwegen) über eine
Sturmvorhersageanwendung und Luca Cardelli (Großbritannien) über Programmiersprachen
für mobile Agenten. Weiterhin gab es 21 wissenschaftliche Vorträge aus zwölf Ländern
zu Themen wie Sicherheit von mobilen Agenten, elektronischer Geldverkehr mit Agenten sowie
Anwendungen dieser Programme.
Dabei wurde deutlich, daß mobile Agenten nicht nur ein großes Potential als Basis für
zukünftige Netzanwendungen zum Beispiel im Bereich der Informationssuche und des
elektronischen Handels besitzen, sondern auch, daß es noch technische Probleme gibt, die
vor einer breiten kommerziellen Nutzung dieser Technologie gelöst werden müssen. Zu
diesen Problemen zählen die Bereiche der Fehlersicherheit, der Sicherheit von Agenten,
Benutzern und Dienstanbietern vor Angriffen.
Unter Fehlertoleranz versteht man dabei den Umstand, daß ein mobiler Agent seine Aufgaben
auch dann ausführt, wenn das Netzwerk kollabiert, oder wenn der Computer, auf dem der
Agent ausgeführt wird, zusammenbricht. Diese Forderung ist deshalb so wichtig, weil
Agenten als vollkommen selbständige Einheiten nicht unter der gleichen Kontrolle durch
den Benutzer stehen wie etwa eine Textverarbeitung, die man notfalls noch einmal von Hand
starten kann.
Der Aspekt der Sicherheit bei mobilen Agenten ist zweigeteilt: Zum einen müssen die
Betreiber von Rechnern, auf denen mobile Agenten arbeiten, die Gewähr haben, daß die
Agenten diesen Rechner nicht schädigen können. Dieses Problem ist jedoch lösbar, weil
es Maßnahmen gibt, solche Programme von sicherheitskritischen Aktionen abzuhalten, wie es
in der Programmiersprache Java der Fall ist. Zum anderen muß jedoch auch für die
Betreiber der mobilen Agenten gewährleistet sein, daß andere ihren Agenten nicht
ausspionieren oder manipulieren können. Dies kann zum Beispiel dann eine Gefahr sein,
wenn ein Agent elektronisches Geld mit sich führt, das - im Gegensatz zu echtem Geld -
problemlos kopierbar ist, oder wenn der Agent private Daten des Betreibers mit sich
führt. Dieser Bereich ist ein vollkommen neues Problem im Gebiet der Informatik, und es
existieren zur Zeit wenig Ansätze zu dessen Lösung.
Zu diesem Workshop ist in der Reihe Lecture Notes in Computer Science, Nr.
1477, ISBN 3-540-64959-X, des Springer-Verlags ein Buch unter dem Titel Mobile
Agents erschienen.
Weitere Informationen zu dieser Tagung finden sich im WWW unter: http://www.informatik.uni-stuttgart.de/ipvr/vs/ws/ma98/ma98.html
F. Hohl
KONTAKT
Prof. Dr. Kurt Rothermel, IPVR, Breitwiesenstr. 20/22, 70565 Stuttgart. E-mail: Kurt.Rothermel@informatik.uni-stuttgart.de,
Telefon: 0711 7816-434, Fax: 0711 7816-424
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