Vorgestellt wurde unter anderem ein an der TU Darmstadt entwickeltes,
umfassendes Sicherheitskonzept für Glasanwendungen im Bauwesen, ein Dimensionierungs-
beziehungsweise Beurteilungskonzept, das insbesondere auf den Zusammenhang von zulässiger
Bruchwahrscheinlichkeit und Versagensart eingeht. Aus diesem Performance
Concept folgt beispielsweise, daß für ein bestimmtes Sicherheitsniveau Glas mit
splitterbindenden Eigenschaften mit höherer Bruchspannung bemessen werden kann als
Einfachglas.
Mitarbeiter des Instituts für Leichte Flächentragwerke (IL) berichteten über die dort
laufenden Forschungsarbeiten, insbesondere über die aktuellen Versuche zum Schubverbund
von VSG (Verbundsicherheitsglas). In einer vom Fachverband für Konstruktiven Glasbau
beauftragten umfangreichen Versuchsreihe untersuchten IL-Wissenschaftler das rheologische
Verhalten von PVB (Polyvinylbutyral) im Schubverbund. Dabei wurde das zeit- und
temperaturabhängige Verhalten im baupraktisch relevanten Bereich detailliert erfaßt und
auf ein geeignetes Materialmodell abgebildet. Bauaufsichtliche Aspekte der
Gefahrenabwehr bei der Verwendung von Glas im Bauwesen und der aktuelle Stand der
Regulierung schlossen die technisch orientierten Vorträge ab. Die bereits umfangreich
eingeführten Technischen Regeln für Überkopf- und für Vertikalverglasungen werden
künftig in einer neuen gemeinsamen Zulassungsrichtlinie für linienförmig gelagerte
Verglasungen behandelt. Außerdem wurden Fortschritte erzielt bei der Typisierung und
Bewertung von geklebten Verglasungen und von absturzsichernden Verglasungen.
Die Serie praktisch orientierter Vorträge eröffnete Chris Jofeh aus London, der -
basierend auf seinen langjährigen Erfahrungen im Glass Engineering - ein
Ingenieurhandbuch über das Bauen mit Glas vorbereitet. Seine Arbeit verspricht eine
bislang vergeblich gesuchte Zusammenschau von ingenieurpraktischen Bemessungsansätzen zu
bieten, deren Erscheinen mit Spannung erwartet werden kann.
Von einem sehr ambitionierten Glastragwerk, der Weltbildkuppel in Augsburg, berichteten
die verantwortlichen Ingenieure Josef J. Ludwig und Hans-Ulrich Weiler. Es handelt sich
dabei um eine echte Glasschale, deren dreieckigen Isolier-glastafeln über
Eckknoten verbunden sind und gleichzeitig Tragwerk und Außenhaut darstellen.
Eine zusätzliche Überraschung hatte das einladende Institut den Besuchern zu bieten: auf
dem Freigelände beim IL war am Vorabend ein zehn Meter weit gespannter Glasbogen mit
stabilisierender Unterspannung aufgebaut worden. Dieser Versuchsbau von Bernhard Sill und
Mathias Kutterer, der erst wenige Tage vorher auf der GLASKON in München der
Öffentlichkeit vorgestellt worden war, bildete nun den Hintergrund für die am Institut
diskutierten Sicherheitsfragen. Das äußerst filigrane Tragwerk beruht in seiner
Standsicherheit wesentlich auf der Tragfähigkeit der einzelnen Glastafeln. Zur sicheren
Beurteilung einer derartigen Konstruktion fehlen bislang jedoch die Grundlagen - hier ist
noch einiges zu tun.
KONTAKT
Institut für Leichte Flächentragwerke, Universität Stuttgart, Pfaffenwaldring 14, 70569
Stuttgart, Tel: 0711/685-3599, Fax: 0711/685-3789
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