Im Zentrum der Diskussionen standen theoretische, numerische und
experimentelle Aspekte des Einflusses von Versetzungen (das sind eindimensionale
Störungen des regelmäßigen Kristallgitters) auf das mechanische Verhalten
unterschiedlicher Werkstoffe.
Prof. Ekkehard Kröner und Prof. Alfred Seeger (beide ehemals Universität Stuttgart und
Max-Planck-Institut für Metallforschung), Mitbegründer der Versetzungs- und
Kontinuumstheorie, hielten vielbeachtete Vorträge zur Einbettung aktueller
Fragestellungen in die historische Entwicklung der Versetzungstheorie. Eine wesentliche
Erkenntnis der jüngsten Zeit betrifft die Entdeckung, daß sich Versetzungen kollektiv
verhalten, so daß die Theorien und Mittel der statistischen Physik anwendbar sind. Die
sich ergebenden Trends für Versetzungsanordnungen lassen sich mit Hilfe der
Versetzungsdynamik simulieren. Die Theorie liefert gute Übereinstimmung mit Experimenten
im Hinblick auf geometrische Effekte, wie zum Beispiel die Annihilation (Auslöschung) von
Schraubenversetzungen sowie von Bildungs- und Aktivierungsenergien. Die Simulation von
Versetzungsquellen, der Energie von Versetzungsschleifen und der gegenseitigen Abschirmung
von Versetzungen umfassen dabei nicht selten mehrere Millionen Atome. Numerische
Untersuchungen von Versetzungen auf der atomaren Ebene liefern heute wichtige Beiträge
zum Verständnis von experimentell beobachtbaren Versetzungsmustern an Grenzflächen, etwa
in Ge/Si-Halbleitern oder unter einem Nanoeindruck bei der Materialprüfung. In
ausscheidungsgehärteten Werkstoffen laufen bei äußerer Belastung Versetzungen unter
erschwerten Bedingungen durch das Kristallgitter. Dadurch kommt es zu den meßbaren
Phänomenen der Ausscheidungshärtung. In einem weiteren Vortrag wurden die damit
verbundenen Effekte des Schneidens oder der Umgehung dieser Teilchen von den Versetzungen
anhand anschaulicher Computersimulationsergebnisse diskutiert und in guter
Übereinstimmung mit dem Experiment quantifiziert.
Der Workshop war Teil der zweiten Veranstaltung im Rahmen einer japanischen Initiative zur
Bündelung japanischer, amerikanischer und deutscher Aktivitäten auf dem Gebiet der
hierarchischen Werkstoffmodellierung unter besonderer Berücksichtigung der atomaren
Skala. Gleichzeitig war dies die dritte Veranstaltung innerhalb einer vom BMBF
geförderten Initiative, die dem Verständnis der mechanischen Eigenschaften
kupferhaltiger Stähle gewidmet ist.
KONTAKT
Prof. Dr. Siegfried Schmauder, Staatliche Materialprüfungsanstalt (MPA), Universität
Stuttgart, Pfaffenwaldring 32, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-2556, Fax 0711/685-2635,
e-mail: schmauder@mpa.uni-stuttgart.de.
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