Prof. Dr. Christaller |
Prof. Dr. Christallers Forschungsgebiete sind die kognitive
Robotik, die verhaltensorientierte KI und die Architekturen für KI-Systeme. Er arbeitet
auf Gebieten anwendungsorientierter Entwicklung Autonomer Service Roboter und
Roboterteams. In seinen Vorträgen umriß er die Problemgeschichte der Entwicklung von
Konzepten der Forschungen zur Künstlichen Intelligenz von der Antike bis zu den heute
etwa von Hans Moravec entwickelten Konzepten von Robotern der 4. Generation (in den Jahren
2030-2040).
Insbesondere aber zeigte Christaller den gegenwärtigen Stand der Forschung auf und kam
dabei zu dem Schluß, daß das Phänomen der Intelligenz sowohl als
künstliches als auch als natürliches immer noch keineswegs
theoretisch einheitlich verstanden wird. Definitionen der KI reichen von Theorien, die
sagen, intelligent sei das, was Computer tun, wenn es den Menschen als intelligent
erscheine, über solche, die KI auf Symbolverarbeitung einschränken bis zu üblichen
Definitionen, nach denen künstliche Systeme dann als intelligent gelten, wenn sie den
nach dem Mathematiker Alan Turing benannten Turing-Test bestehen. (Also wenn Reaktionen
und Antworten, von denen man nicht weiß, ob sie von einem Menschen oder einer Maschine
kommen, für sich genommen vernünftig erscheinen.) Weiter vorherrschend ist auch die
sogenannte Physical Symbol System Hypothesis (PSSH), nach der Symbole und
Regeln der Symbolmanipulation eindeutigen physikalischen Zuständen im System zugeordnet
werden müßten.
Christaller stellte dar, daß nach der Entwicklung von Assistenzsystemen der entscheidende
Durchbruch jedoch erst vor 15 Jahren erfolgte, als man begann, Forschungsprogramme
aufzustellen, die Roboter entwickeln sollen, die sich in möglichst natürlichen
Umgebungen aufhalten und dort angemessen handeln können. Sowohl für
natürliche als auch für künstliche Intelligenz wird dabei stets die Existenz eines
physikalischen Körpers vorausgesetzt.
Eindrucksvoll beschrieb Christaller den heute sichtbar gewordenen Paradigmenwechsel, der
sich von Modellen der symbolischen logischen Repräsentation hin zu einer
verhaltensorientierten KI-Forschung bewege. Hier wende man letztlich die Erkenntnis an,
daß auch die natürliche menschliche Intelligenz sich als biologisches
Phänomen durch einen enormen Evolutionsdruck, verbunden mit hohen energetischen
Kosten, entwickelt hat. Die Primatenintelligenz wird dabei verstanden als ein Mittel
zur Lösung sozialer Probleme, die durch flexibles, unberechenbares, genetisch nicht
vollständig determiniertes Verhalten der Individuen entstanden sind, durch Beobachtung
von und projektive Einfühlung in Artgenossen.
Alles andere als eine Spielerei: Höchst komplexe
Anforderungen an die KI-Forschung stellen Roboter,
die zielgerichtet miteinander agieren und
angemessen aufeinander reagieren sollen. Aber
das gilt ja auch für die Vorbilder in den natürlichen
Systemen. (Foto: GMD) |
Die Simulation dieser Art von höherstufiger sozialer
Intelligenz und evolutivem Lernen führte zur nichtklassischen KI-Forschung und zur
Modellierung Künstlichen Lebens (Artifical Life) oder künstlicher
Biologie, nach der es hoffnungslos ist, komplexe Sensorsignale aus einer
unvorhersehbaren, sich wandelnden Umgebung in symbolische Repräsentationen umzuwandeln.
Erforderlich sei deshalb unter anderem die Anwendung mathematischer Konzepte der
dynamischen Systemtheorie, um Roboter so zu bauen, daß sie durch evolutive
Verhaltensanpassung lernen können. Christaller demonstrierte dies eindrucksvoll an
zahlreichen Fallbeispielen, wie den technischen Details und Voraussetzungen, die nötig
sind, um Roboter auch auf Gruppenaktivitäten wie Fußballspielen zu programmieren.
Die fundamentale Herausforderung der Zukunft liegt nach Christaller in der Entwicklung der
Kombinationsfähigkeit von Feinabstimmung komplexer Verhaltensweisen, Repräsentationen,
Steuerungsinstanzen und Hardwarekomponenten mit zur dynamischen Einheit gebrachten
resultierenden Roboteraktionen.
A. Karger
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Abteilung für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie, Seidenstr. 36, 70174
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