Stuttgarter unikurier Nr. 82/83 September
1999 |
In memoriam: |
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Friedrich Scholl Im Alter von 70 Jahren verstarb am 22. April 1999 Dr.
Friedrich Scholl, langjähriges Mitglied der Vereinigung von Freunden der
Universität Stuttgart. Dr. Scholl gehörte über drei Jahrzehnte der Robert Bosch GmbH
an; seit 1973 leitete er dort den Geschäftsbereich Kunststofferzeugnisse in Waiblingen,
wurde 1983 in die Geschäftsführung berufen und zeichnete darüber hinaus für die
Bereiche Forschung und Technik verantwortlich. Auch nach dem Wechsel in den Ruhestand im
Jahr 1992 stand er dem Unternehmen beratend zur Seite. Die Universität Stuttgart hat
mit ihm einen Freund und guten Berater verloren. Sie erinnert sich seiner in Dankbarkeit.
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Kurt Walz Im Alter von 94 Jahren starb am 4. Januar 1999 Prof.
Dr.-Ing. habil. Dr.-Ing. E.h. Kurt Walz in Düsseldorf. Kurt Walz studierte
Bauingenieurwesen an der TH Stuttgart und begann seine berufliche Laufbahn 1927 an der
Staatlichen Materialprüfungsanstalt Stuttgart. Nach Promotion 1930 und Habilitation 1939
wurde er 1940 Dozent für das Lehrgebiet Technologie und Prüfung anorganischer
ni.htmletallischer Baustoffe. 1948 wurde er zum außerplanmäßigen Professor und
Leiter der Abteilung Beton, Steine und Erdbaustoffe der Forschungs- und
Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen (dem heutigen Otto-Graf-Institut) ernannt. 1956
verließ er die TH Stuttgart und baute die neu gegründete Betontechnische Abteilung des
Forschungsinstituts der Zementindustrie in Düsseldorf auf. Er hielt jedoch bis 1966
weiterhin Vorlesungen an der TH Stuttgart über Sondergebiete der Betontechnologie.
Walz wurde durch seine praxisbezogenen Arbeiten, die er als enger Mitarbeiter von Otto
Graf begann, als Fachmann der Betontechnologie bekannt. Er beschäftigte sich mit der
Wasserdurchlässigkeit von Mörtel, dem Widerstand von Beton gegen Streusalz und dem
Gefrieren und Auftauen von natürlichen und keramischen Bausteinen. Jedem Betontechnologen
wird Kurt Walz durch seinen Verdichtungsversuch, der heute europäisch genormt ist,
bekannt bleiben. Die Walz-Kurven zur Abhängigkeit der Druckfestigkeit des
Betons von Wasserzementwert und Zementfestigkeit sind schon jahrzehntelang Rüstzeug zum
Entwurf von Betonzusammensetzungen in Lehre und Praxis.
Die Universität Stuttgart und das Otto-Graf-Institut werden Kurt Walz in ehrender
Erinnerung behalten.
Hans-Wolf Reinhardt
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Otto H. Koenigsberger Am 3. Januar 1999 starb Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing.
E.h. Otto H. Koenigsberger im 91. Lebensjahr. Im Dezember 1979 hatte ihm die
Universität Stuttgart, auf Vorschlag der Fakultät Architektur und Stadtplanung, die
Ehrendoktorwürde verliehen. Sie hat damit einen ungewöhnlichen Architekten geehrt: er
paßte nicht in das Bild, das man sich im allgemeinen von einem Architekten macht.
Koenigsberger hatte keine gebauten Monumente vorzuweisen und gehörte dennoch zu den
bedeutendsten Architekten der Gegenwart. Sein Lebenswerk hat er dem Wohnungsbau in der
Dritten Welt gewidmet. Für ihn war es eine fundamentale Aufgabe des
Architekten, sich um das Wohnen seiner Mitmenschen zu kümmern. Dies war ihm insbesondere
bei den Menschen wichtig, die durch ihre soziale und ökonomische Situation die Leistungen
eines Architekten nicht bezahlen konnten.
Am 13. Oktober 1908 in Berlin geboren, studierte er Architektur an der TH Berlin bei
Hans Poelzig als bevorzugtem Lehrer. 1933 als Nichtarier aus dem preußischen Staatsdienst
entlassen, ging Koenigsberger an das archäologische Institut in Kairo. Seine mit
Auszeichnung bewertete Promotion über Die Konstruktion der ägyptischen Tür
vertraten 1935 die Professoren Krenker (Baugeschichte) und Antes (Archäologie). 1938
gelang es dem jungen Architekten, seine aus seiner Mutter und vier Geschwistern bestehende
Familie ins Ausland in Sicherheit zu bringen und folgte anschließend einem Angebot, als
Chefarchitekt und
-planer in den südindischen Staat Mysore zu gehen. 1948 wurde er zum ersten
Bauminister des freien Indien berufen und baute Städte für die Flüchtlinge
des indisch-pakistanischen Krieges. 1951 ging er nach Großbritannien. Bis 1952 war er
Berater der Planning Development Corporation Basildon/Essex, anschließend Mitglied der
UN-Mission für Planung und Wohnungsbau in Ghana, 1956 Berater der Architekturschule von
Kumasi/Ghana, 1956/57 lehrte er als Gastprofessor an der North-Western University in
Evanston/Illinois. 1957 wurde er als Head of the Department of Development and Tropical
Studies at the Architectural Association School of Architecture berufen; 1971 verband er
sein Institut an dieser Schule mit der School of Environmental Study of the University
College London. Außerhalb der Universität arbeitete er im Auftrag der Vereinten Nationen
und der Weltbank für Länder Afrikas, Asiens und Südamerikas. 1976 wurde er emeritiert,
wirkte jedoch weiterhin als Berater in Fragen der Stadtplanung und des Wohnungsbaus und
wurde Herausgeber der international renommierte Zeitschrift Habitat.
Koenigsberger hat als erster für den Wohnungsbau in den Entwicklungsländern neue
Methoden entwickelt. Bereits in den 50er Jahren forderte er die Legalisierung aller
illegalen Wohnquartiere in den Entwicklungsländern und war damit seiner Zeit 20 Jahre
voraus. Immer wieder entwickelte er Methoden, die Arbeitskraft der Bevölkerung für den
Wohnungsbau zu stimulieren. So beeinflußte er maßgeblich Kooperationsmodelle wie etwa
das Roof Loan System, Aided Rehabilitation oder Squatter-Upgrading. Durch seine
beharrliche Arbeit gelang es ihm, Denk- und Verhaltensmuster der offiziellen Stellen zu
ändern. Im Rahmen seiner Tätigkeit in Singapur entwickelte er 1964 als Alternative zur
Masterplan-Ideologie sein Action Planning. Er begriff dabei den Plan als
Hypothese, die rasch an sich verändernde Entwicklungen angepaßt werden kann.
20 Jahre war Koenigsberger als Lehrer tätig und half gleichzeitig bei der Einrichtung
vieler Architekturschulen in Ghana, Costa Rica, Malaysia, Sri Lanka, Kenia und vielen
anderen Ländern. Auf alle, die ihm begegneten, wirkte er nachhaltig und sicher über
seinen Tod hinaus. Als Architekt war er ein weltweit gefragter Experte, als Lehrer und
Mensch ein Leitbild.
Lothar Götz/UK
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