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Fritz Leonhardt wurde 1909 in Stuttgart geboren, studierte
Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Stuttgart und an der Purdue Universität
in West Lafayette, Indiana. Die akademische Karriere Leonhardts begann 1958 mit der
Berufung auf den Lehrstuhl für Massivbau, heute Institut für Konstruktion und Entwurf
II, an die TH Stuttgart, an der er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1974 lehrte. Sein
umfangreiches Forschungsprogramm auf dem Gebiet des Stahl- und Spannbetons umfaßt
Arbeiten zu den Problemen wie Schub, Torsion, Plastizität, wandartige Träger,
hochbewehrte Stützen und vielem mehr. 38 Dissertationen hat er in 16 Universitätsjahren
betreut, die sechsbändigen Vorlesungen zum Massivbau herausgebracht sowie
über 340 Fachpublikationen. Sein Buch Spannbeton für die Praxis (1955) wurde
in mehrere Sprachen übersetzt.
Auch in der akademischen Selbstverwaltung hat sich Fritz Leonhardt engagiert; so war er in
den hochschulpolitisch unruhigen Jahren zwischen 1966 und 1969 Rektor der Hochschule. In
seine Amtszeit fällt die Umbenennung der Technischen Hochschule Stuttgart in Universität
Stuttgart.
Die Karriere von Fritz Leonhardt als Bauingenieur startete in den dreißiger Jahren mit
zahlreichen Autobahnbrücken, die teilweise in Zusammenarbeit mit Paul Bonatz entstanden.
Es folgten Brückenbauten in aller Welt, darunter auch Schrägkabelbrücken, deren
überlegene Technik er als einer der ersten erkannte, und aerodynamisch stabile
Hängebrücken mit windschnittigen flachen Querschnitten. Aus dem Jahr 1950 stammt die
elegante Neckarkanalbrücke in Heilbronn. Eine Spannweite von 1800 Metern weist die
zwischen 1967 und 1980 entstandene Brücke über die Straße von Messina auf, die Sizilien
und Italien verbindet. Im Jahr 1992 wurde die Galata-Brücke über das Goldene Horn in
Istanbul eingeweiht, ebenfalls eine Konstruktion aus dem Büro Leonhardts.
1954 baute Leonhardt in Stuttgart den ersten Fernsehturm aus Stahlbeton. Die neuartige
Bauweise, in Form einer schlanken Betonnadel, mußte zunächst gegen heftige Widerstände
ankämpfen, doch schon bald folgten Fernseh- und Fernmeldetürme in aller Welt, an die 50
allein in Deutschland. Der Stuttgarter Fernsehturm ist zum Wahrzeichen der Stadt geworden.
Auch Hochbauten wie das Stuttgarter Max-Kade-Heim oder das BASF-Hochhaus tragen die
Handschrift von Fritz Leonhardt. Zusammen mit Günter Behnisch und Frei Otto war Leonhardt
1972 auch an der Konstruktion des Zeltdachs für das Münchner Olympiastadion beteiligt
und für die Expo in Sevilla baute sein Büro 1994 die schlankste Balkenbrücke der Welt.
Den Nachwuchs zu fördern war und ist ein großes Anliegen von Fritz Leonhardt.
Rechtzeitig zu seinem 90. Geburtstag wurde von der Ingenieurkammer Baden-Württemberg und
dem Verband Beratender Ingenieure Deutschlands (VBI) erstmals der mit 35.000 DM dotierte
Fritz-Leonhardt-Preis vergeben.
Mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen wurde Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c.mult. Fritz
Leonhardts Lebenswerk gewürdigt. Neben sechs Ehrendoktorwürden wurde ihm unter anderem
der Werner-von-Siemens-Ring verliehen, die Goldmedaille Gustave Magnel (Belgien), die
Goldmedaille der Institution of Structural Engineers (London), das Große Verdienstkreuz
des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland, der Prix Albert Caquot der Ass.
Francaise pour la Construction (Paris), die Bürgermedaille der Stadt Stuttgart und der
Goldene Ehrenring des Deutschen Museums in München.
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