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Stuttgarter unikurier Nr. 82/83 September 1999
Positive Bilanz:
Tag der offenen Tür 1999
 

Einmal im Jahr lädt die Universität Stuttgart die Öffentlichkeit, vor allem aber auch die Schülerinnnen und Schüler zu einer großen Leistungsschau, bei der die aktuellen Trends in der Forschung aus nächster Nähe betrachtet werden und die Studiengänge ihr Profil vorstellen können. “Forschung unter der Lupe“ lautete das Motto in diesem Jahr und über 5.000 Besucher ließen sich davon überzeugen, daß Stuttgarter Wissenschaftler sehr wohl zu präsentieren wissen. Der Tag der offenen Tür gibt aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität die Möglichkeit, Einblicke in die Arbeitsbereiche der Kollegen zu nehmen, in entspannter Umgebung Fachgespräche zu führen, alte Kontakte zu pflegen oder neue zu knüpfen. Auch das gute Wetter in diesem Jahr half mit, daß der langjährige Cheforganisator des Tags der offenen Tür, Prof. Helmut Sorg, eine rundum positive Bilanz ziehen konnte. Auffällig sei in diesem Jahr, so stellte er fest, daß zumeist ganze Familien das Informationsangebot nutzten. Auch die kulinarischen und kulturellen Angebote des Sommerfestes auf dem Vaihinger Campus wurden sehr gut angenommen, so daß die Organisatoren überlegen, ob die Veranstaltungen im nächsten Jahr nicht bis in den späteren Samstagnachmittag hinein verlängert werden sollten. Das neugestaltete Programmheft zur größten Veranstaltung der Universität im akademischen Jahr verzeichnete auf über 40 Seiten das inhaltliche Angebot. Im folgenden sollen nur einige Splitter aus diesem bunten Kaleidoskop aufgegriffen werden, die jeder zu seinem Bild zusammensetzen kann.    eng

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Studium Generale totale
In einer konzertierten Aktion präsentierte sich in diesem Jahr das Studium Generale. Auf der Freilichtbühne zwischen KI und KII stellten sich im Verlaufe des Samstages die selbstorganisierten Arbeitskreise einiger Fachgebiete mit Kostproben ihrer Themen vor: von der Musik des Philharmonischen Orchesterchens und s’Chörles über die Zeitstömungen des Tanzes und Einblicken in den Arbeitskreis Kommunikation und eine provokante “Weißwurst Lesung“ bis zu einer Einführung in den Ursprung unserer Sprache im Sanskrit. Eine Ausstellung mit Arbeiten der Arbeitskreise Radierung/Manuelle Druckgrafik und Fotografie wurde gezeigt, der Arbeitskreis Amateurfunk steuerte einen kostenlose Funkverkehrsverbindung zum Standort Vaihingen bei und das Steinfußtheater glänzte mit einer Eigenbearbeitung der Antigone. Dem großen Engagement der Beteiligten wäre allerdings ein wenig mehr Publikum bei ihren Darbietungen in der Stadtmitte zu wünschen gewesen.

Campustage
Rund um den Tag der offenen Tür fanden im Uni-Bereich Stadtmitte von Donnerstag bis Sonntag nun bereits zum vierten Male die “Campustage“ mit prall gefüllten kulturellen Angeboten und Präsentationen studentischer Arbeiten statt: Film, Open-Air-Musik, Disco auf zwei Ebenen mit Lightshow, Vorträge, Theatervorführungen, Biergärten, Kino, Varieté und Akrobatik wetteiferten um die Publikumsgunst. Ein Highlight in diesem Jahr war der europaweit ausgeschriebene, zweite Wettbewerb Stuttgarter Pavillon, an dem sich mehr als 1200 Teilnehmer aus 24 Ländern beteiligt hatten und dessen Ergebnisse Anfang Juli in der Architekturgalerie am Weißenhof gezeigt wurden. Der beim Wettbewerb des letzten Jahres mit dem ersten Platz ausgezeichnete Entwurf eines “Stuttgarter Pavillons“ von Erhard An-He Kinzelbach und Till Schweizer ist inzwischen im Foyer des Gebäudes Keplerstraße 17 aufgestellt. Wie in den vergangenen Jahren zog das Beach-Volleyball-Turnier zahlreiche Zuschauer an. Veranstalter ist die studentische Gruppierung “arbeitskreis campus universität stuttgart“, die dazu beitragen möchte, den Universitätsbereich Stadtmitte und die dort geleistete Arbeit mehr ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu tragen.

Podiumsdikussion zur Situation der Hochschulen
Ebenfalls im Rahmen der Campustage 1999 fand am Freitagabend eine Podiumsdiskussion zur Situation der Universität statt. Unter der gekonnten Moderation des SWR-Redakteurs Jürgen Schmitz diskutierten der Rektor der Universität Stuttgart, Prof. Dr. Günter Pritschow, der Geschäftsführer der Trigema GmbH, Wolfgang Grupp, der CDU-Landtagsabgeordnete Paul-Stefan Mauz sowie der bildungspolitische Sprecher der SPD, Gerd Weimer, im Tiefenhörsaal der Universität. Doch nur wenige Zuhörer hatten den Weg vom kulturellen Umfeld zum hochschulpolitischen Programmpunkt der Campustage gefunden. Dennoch entspann sich eine anregende Diskussion, die besondere Würze durch einige unkonventionelle Statements des Fabrikanten Wolfgang Grupp erhielt, der besonders die Eltern angehender Studierender in die Pflicht nehmen wollte: “Die Schüler werden zuwenig geführt, auch bei der Wahl der Hochschule.“ “Wir brauchen auch Arbeiter, nicht nur Akademiker“, lautete eine weitere These des Fabrikanten, der erläuterte, daß in seinem Unternehmen außer dem Chef nur noch der Justitiar über einen Hochschulabschluß verfüge. Diese Thesen gingen dem bildungspolitischen Sprecher der SPD, Gerd Weimer, denn doch zu weit. Der technologische Fortschritt erfordere auch immer weitere Wissensqualifikationen. Der heutigen Studierendengeneration stellte der derzeitige Erste Bürgermeister in Tübingen dabei ein gutes Zeugnis aus: “Sie sind viel besser als ihr Ruf; sie haben schlechtere Bedingungen und liefern bessere Ergebnisse als wir.“ Vor allem der internationale Vergleich, etwa zu Frankreich, so Weimer, erfordere es auch hierzulande, wieder mehr in die wissenschaftliche Ausbildung zu investieren. Weniger in der Ausstattung als in der Auslastung sah der Rektor der Universität Stuttgart das Problem. Die Bildungspyramide stehe zur Zeit auf dem Kopf. Dabei sollten die Unversitäten die Ausbildung der Besten leisten, nicht der Meisten. War für den Abgeordneten Mauz die gegenwärtige baden-württembergische Hochschulreform ein “wichtiger Versuch“ zur Besserung, so äußerte sich Pritschow eher skeptisch. Die Universitäten reformierten sich schon aus sich heraus, sagte er, und verwies auf die Einführung von Globalhaushalt und kaufmännischer Buchführung. Die “Reform“ sei dagegen “am grünen Tisch“ entstanden; die Praxis der Hochschulen sei nicht genügend gehört worden. Die Universitäten müßten durch mehr Selbstverwaltung motiviert und nicht durch Fremdbestimmung gehemmt werden, sagte der Rektor.

Seil ­ Schokolade ­ Batterie
Der zum Tag der offenen Tür nun schon zum siebten Mal durchgeführte Konstruktionswettbewerb des Instituts für Konstruktion und Fertigung in der Feinwerktechnik (IKFF) der Universität Stuttgart zeigte durch seine hohe Teilnehmer- und Besucherzahl, daß auch im teilweise trockenen Lehrstoff des Vordiploms attraktive Bereiche stecken können. Dieses Jahr sollten die Maschinenbaustudierenden eine Maschine konstruieren und bauen, die sich und eine süße Last ­ 100g Schokolade ­ an einem freihängenden Seil von einer Tischplatte bis zur Hörsaaldecke und zurück bringt. Eine knifflige Aufgabe: nur sechs der elf gemeldeten Maschinen überstanden die Vorrunde. Im anschließenden Vergleich Maschine gegen Maschine kamen dann die Feinheiten der Konstruktionen zum Tragen. So führten Leichtbauweise verbunden mit einem zuverlässigen Seilfangmechanismus und einem gut ausgelegten Antrieb am Ende eindeutig zum Siege. “Herr Nielson“, die siegreiche Konstruktion, stammte von Gerald Boley, Daniel Mader, Steffen Schweizer und Peter Burkhardt. Ein kleiner Video-Film im WWW zeigt die Kletterkünste des “Herrn Nielson“.
http://www.uni-stuttgart.de/ikff/konstwet/ko_frame.html

Standorte Böblinger Straße und Holzgartenstraße
Auch am Rande der Lupe wurde lupenreine Forschung präsentiert, so im Universitätsbereich Böblinger Straße, an dem Institute der Verfahrenstechnik mit Highlights wie lösemittelfreier Kunststoffproduktion und der Extrusion von Kunststoffrohren sowie Brennstoffzellensystemen als alternativem Antriebskonzept für Kraftfahrzeuge aufwarten konnten. Dazu gab es Vorführungen über den Einsatz von Wasserstoff als Energieträger.
Großes Gerät hatte das Institut für Fördertechnik und Logistik aufgefahren, etwa den Großversuchsstand Stetigförderer oder das 28-t-Baufahrzeug mit mobilem Förderbandaufbau sowie die Vorstellung eines neuen Belüftungssystems für Radlader in der Entsorgungstechnik. Ein Höhepunkt war der Zerreißversuch eines 60-mm-Schiffstaus; da wurde vor allem akustisch deutlich, welche Energie ein Seil aufzunehmen im Stande ist.

Computer und Mobiltelefone als Gewinne
Die Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik hatte sich etwas Neues einfallen lassen. Unter dem Motto “Schüler und Schülerinnen für Elektrotechnik und Informationstechnik“ fand eine Verlosung statt, bei der es einen Personalcomputer und fünf Mobiltelefone zu gewinnen gab. Per Internet waren die Gymnasien in Baden-Württemberg über diese Aktion informiert worden, und etwa 200 Schülerinnen und Schüler informierten sich daraufhin über die vielversprechenden Berufschancen des Studiengangs Elektrotechnik und nahmen an der Verlosung teil. Der erste Preis, ein IBM-Personalcomputer, ging an Florian Ohms vom Schenk-von-Limpurg-Gymnasium in Gaildorf. Die Preise zwei bis sechs, je ein Mobiltelefon, gingen an Christoph Weber (Mörike-Gymnasium, Ludwigsburg), Sara Farahani (Königin-Katharinen-Stift, Stuttgart), Achim Haas (BSZ-Gymnasium, Bietigheim), Tobias Kittel (Eduard-Spranger-Gymnasium, Filderstadt) und Daniela Werkmann (Maria-Merian-Schule, Waiblingen). Einer der siegreichen Schüler wird demnächst das Studium der Elektrotechnik an der Universität Stuttgart aufnehmen; er absolviert bereits das Industriepraktikum.

Neue Seen bei der Mensa eingeweiht
Bei der Feier zum 40jährigen Baubeginn im Pfaffenwald hatte Rektor Pritschow gesagt: “Die zukünftige Aufgabe wird darin bestehen, das Gesamtwerk so zu gestalten, daß zu einer gut funktionierenden Infrastruktur auch noch ein Heimatgefühl entsteht, das zum Verweilen anregt. Welche herausfordernde Aufgabe für die Zukunft!“ Im Zentrum der Universität vollzieht sich seit geraumer Zeit die schrittweise ŒUmgestaltung’ des Bereichs zwischen Mensa ­ Pfaffenhofwohnheimen und Gastdozentenhaus. Der erste Abschnitt, die Anlage von zwei Seen, wurde jetzt abgeschlossen und am Tag der offenen Tür “in Betrieb genommen“. Die Idee dazu war nicht neu ­ schon auf Zeichnungen und in Modellen aus den 70er Jahren war an dieser Stelle eine große Wasserfläche mit Ufertreppe dargestellt. Aber erstens ging es beim Bau der Universität bisher immer nur um Primärfunktionen: Gebäude, Straßen, Parkplätze hatten Vorrang bei der Finanzierung, und zweitens ist durch die großen Baumaßnahmen dem Pfaffenbach, der früher ins Büsnauer Tal hinunterfloß, langsam aber stetig das Wasser abgegraben worden.
Nach Fertigstellung der letzten Bauten im Zentrum ging das Unibauamt zusammen mit dem Gartenarchitekten Karl Bauer an die Verwirklichung des alten Planes. Zwei Mulden wurden modelliert und ein Damm errichtet. Das Wasser stammt von den Dächern der umliegenden Gebäude, das auf dem Umweg über die Absetzbecken im Tale den Seen zugeführt wird. Der Überfluß vom Obersee plätschert über eine Wassertreppe zum unteren. Ufer und Böschungen sind artenreich bepflanzt, am Grunde wurzeln Seerosen.
Mit dem Element des Wassers und seiner Oberfläche, in der sich Himmel und Gebäude spiegeln, oder dem krausen Bild windbewegter Wellen, hat sich der Ort völlig verändert. Richtig zur Wirkung kommt die Anlage im nächsten Jahr, wenn der zweite Abschnitt beendet sein wird. Als nächstes entsteht eine Seeterrasse, die zusammen mit dem umgebauten Pfaffenwaldring einen autofreien Platz zu Füßen des NWZ bilden wird.

K. Schmiedek

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Großer Einsatz für das Studium Generale.

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Die Besucher konnten am Tag der offenen Tür die Stuttgarter Forschung gezielt unter die Lupe nehmen, wie hier einen Schiffsgetriebeprüfstand oder Verkehrsinformationssysteme, die Automatisierung von Binnenschifffahrtsstraßen oder Keramik-Verbundwerkstoffbremsen für Rennwagen...

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... Bildschirmbrillen der Informatiker oder 3-D-Stadtmodelle, Sanierungstechnologien für Altlasten und neueste Ergebnisse aus der Biomedizintechnik ....

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... und zwischendurch eine kleine Stärkung vor dem Gang zum nächsten Stand, an dem Aromastoffe aus dem Labor, Sonnenkollektoren oder solarunterstützte Nahwärmeversorgung präsentiert wurden ...

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... eher aus dem Forschungsgebiet Akustik stammten die Darbietungen der Allmand Chaoten ...

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...und Sprunggelenke standen auf dem Prüfstand beim Beach-Volleyball in der Stadtmitte ...

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... so nebenbei fanden die Uni-Forscher auch Gelegenheit zum Fachsimpeln und wissenschaftlichen Austausch über den neuen Kollegen mit der Sonnenbrille ...

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... bevor den Gästen wieder die Getriebetechnik oder der Fahrzeugwindkanal, das Supercomputing oder mikrotechnische Laseranwendungen nahegebracht wurden ...

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... und schließlich gab es auch noch was zu gewinnen, wie diese Handys bei der Elektro- und Informations-technik, um mit der Universität Stuttgart in Verbindung zu bleiben.
(eng / Fotos: Eppler)

 


last change: 27.10.99 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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