Studium Generale totale
In einer konzertierten Aktion präsentierte sich in diesem Jahr das Studium Generale. Auf
der Freilichtbühne zwischen KI und KII stellten sich im Verlaufe des Samstages die
selbstorganisierten Arbeitskreise einiger Fachgebiete mit Kostproben ihrer Themen vor: von
der Musik des Philharmonischen Orchesterchens und sChörles über die Zeitstömungen
des Tanzes und Einblicken in den Arbeitskreis Kommunikation und eine provokante
Weißwurst Lesung bis zu einer Einführung in den Ursprung unserer Sprache im
Sanskrit. Eine Ausstellung mit Arbeiten der Arbeitskreise Radierung/Manuelle Druckgrafik
und Fotografie wurde gezeigt, der Arbeitskreis Amateurfunk steuerte einen kostenlose
Funkverkehrsverbindung zum Standort Vaihingen bei und das Steinfußtheater glänzte mit
einer Eigenbearbeitung der Antigone. Dem großen Engagement der Beteiligten wäre
allerdings ein wenig mehr Publikum bei ihren Darbietungen in der Stadtmitte zu wünschen
gewesen.
Campustage
Rund um den Tag der offenen Tür fanden im Uni-Bereich Stadtmitte von Donnerstag
bis Sonntag nun bereits zum vierten Male die Campustage mit prall gefüllten
kulturellen Angeboten und Präsentationen studentischer Arbeiten statt: Film,
Open-Air-Musik, Disco auf zwei Ebenen mit Lightshow, Vorträge, Theatervorführungen,
Biergärten, Kino, Varieté und Akrobatik wetteiferten um die Publikumsgunst. Ein
Highlight in diesem Jahr war der europaweit ausgeschriebene, zweite Wettbewerb Stuttgarter
Pavillon, an dem sich mehr als 1200 Teilnehmer aus 24 Ländern beteiligt hatten und dessen
Ergebnisse Anfang Juli in der Architekturgalerie am Weißenhof gezeigt wurden. Der beim
Wettbewerb des letzten Jahres mit dem ersten Platz ausgezeichnete Entwurf eines
Stuttgarter Pavillons von Erhard An-He Kinzelbach und Till Schweizer ist
inzwischen im Foyer des Gebäudes Keplerstraße 17 aufgestellt. Wie in den vergangenen
Jahren zog das Beach-Volleyball-Turnier zahlreiche Zuschauer an. Veranstalter ist die
studentische Gruppierung arbeitskreis campus universität stuttgart, die dazu
beitragen möchte, den Universitätsbereich Stadtmitte und die dort geleistete Arbeit mehr
ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu tragen.
Podiumsdikussion zur Situation der Hochschulen
Ebenfalls im Rahmen der Campustage 1999 fand am Freitagabend eine
Podiumsdiskussion zur Situation der Universität statt. Unter der gekonnten Moderation des
SWR-Redakteurs Jürgen Schmitz diskutierten der Rektor der Universität Stuttgart, Prof.
Dr. Günter Pritschow, der Geschäftsführer der Trigema GmbH, Wolfgang Grupp, der
CDU-Landtagsabgeordnete Paul-Stefan Mauz sowie der bildungspolitische Sprecher der SPD,
Gerd Weimer, im Tiefenhörsaal der Universität. Doch nur wenige Zuhörer hatten den Weg
vom kulturellen Umfeld zum hochschulpolitischen Programmpunkt der Campustage gefunden.
Dennoch entspann sich eine anregende Diskussion, die besondere Würze durch einige
unkonventionelle Statements des Fabrikanten Wolfgang Grupp erhielt, der besonders die
Eltern angehender Studierender in die Pflicht nehmen wollte: Die Schüler werden
zuwenig geführt, auch bei der Wahl der Hochschule. Wir brauchen auch
Arbeiter, nicht nur Akademiker, lautete eine weitere These des Fabrikanten, der
erläuterte, daß in seinem Unternehmen außer dem Chef nur noch der Justitiar über einen
Hochschulabschluß verfüge. Diese Thesen gingen dem bildungspolitischen Sprecher der SPD,
Gerd Weimer, denn doch zu weit. Der technologische Fortschritt erfordere auch immer
weitere Wissensqualifikationen. Der heutigen Studierendengeneration stellte der derzeitige
Erste Bürgermeister in Tübingen dabei ein gutes Zeugnis aus: Sie sind viel besser
als ihr Ruf; sie haben schlechtere Bedingungen und liefern bessere Ergebnisse als
wir. Vor allem der internationale Vergleich, etwa zu Frankreich, so Weimer,
erfordere es auch hierzulande, wieder mehr in die wissenschaftliche Ausbildung zu
investieren. Weniger in der Ausstattung als in der Auslastung sah der Rektor der
Universität Stuttgart das Problem. Die Bildungspyramide stehe zur Zeit auf dem Kopf.
Dabei sollten die Unversitäten die Ausbildung der Besten leisten, nicht der Meisten. War
für den Abgeordneten Mauz die gegenwärtige baden-württembergische Hochschulreform ein
wichtiger Versuch zur Besserung, so äußerte sich Pritschow eher skeptisch.
Die Universitäten reformierten sich schon aus sich heraus, sagte er, und verwies auf die
Einführung von Globalhaushalt und kaufmännischer Buchführung. Die Reform
sei dagegen am grünen Tisch entstanden; die Praxis der Hochschulen sei nicht
genügend gehört worden. Die Universitäten müßten durch mehr Selbstverwaltung
motiviert und nicht durch Fremdbestimmung gehemmt werden, sagte der Rektor.
Seil Schokolade Batterie
Der zum Tag der offenen Tür nun schon zum siebten Mal durchgeführte
Konstruktionswettbewerb des Instituts für Konstruktion und Fertigung in der
Feinwerktechnik (IKFF) der Universität Stuttgart zeigte durch seine hohe Teilnehmer- und
Besucherzahl, daß auch im teilweise trockenen Lehrstoff des Vordiploms attraktive
Bereiche stecken können. Dieses Jahr sollten die Maschinenbaustudierenden eine Maschine
konstruieren und bauen, die sich und eine süße Last 100g Schokolade an einem
freihängenden Seil von einer Tischplatte bis zur Hörsaaldecke und zurück bringt. Eine
knifflige Aufgabe: nur sechs der elf gemeldeten Maschinen überstanden die Vorrunde. Im
anschließenden Vergleich Maschine gegen Maschine kamen dann die Feinheiten der
Konstruktionen zum Tragen. So führten Leichtbauweise verbunden mit einem zuverlässigen
Seilfangmechanismus und einem gut ausgelegten Antrieb am Ende eindeutig zum Siege.
Herr Nielson, die siegreiche Konstruktion, stammte von Gerald Boley, Daniel
Mader, Steffen Schweizer und Peter Burkhardt. Ein kleiner Video-Film im WWW zeigt die
Kletterkünste des Herrn Nielson.
http://www.uni-stuttgart.de/ikff/konstwet/ko_frame.html
Standorte Böblinger Straße und Holzgartenstraße
Auch am Rande der Lupe wurde lupenreine Forschung präsentiert, so im
Universitätsbereich Böblinger Straße, an dem Institute der Verfahrenstechnik mit
Highlights wie lösemittelfreier Kunststoffproduktion und der Extrusion von
Kunststoffrohren sowie Brennstoffzellensystemen als alternativem Antriebskonzept für
Kraftfahrzeuge aufwarten konnten. Dazu gab es Vorführungen über den Einsatz von
Wasserstoff als Energieträger.
Großes Gerät hatte das Institut für Fördertechnik und Logistik aufgefahren, etwa den
Großversuchsstand Stetigförderer oder das 28-t-Baufahrzeug mit mobilem Förderbandaufbau
sowie die Vorstellung eines neuen Belüftungssystems für Radlader in der
Entsorgungstechnik. Ein Höhepunkt war der Zerreißversuch eines 60-mm-Schiffstaus; da
wurde vor allem akustisch deutlich, welche Energie ein Seil aufzunehmen im Stande ist.
Computer und Mobiltelefone als Gewinne
Die Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik hatte sich etwas Neues
einfallen lassen. Unter dem Motto Schüler und Schülerinnen für Elektrotechnik und
Informationstechnik fand eine Verlosung statt, bei der es einen Personalcomputer und
fünf Mobiltelefone zu gewinnen gab. Per Internet waren die Gymnasien in
Baden-Württemberg über diese Aktion informiert worden, und etwa 200 Schülerinnen und
Schüler informierten sich daraufhin über die vielversprechenden Berufschancen des
Studiengangs Elektrotechnik und nahmen an der Verlosung teil. Der erste Preis, ein
IBM-Personalcomputer, ging an Florian Ohms vom Schenk-von-Limpurg-Gymnasium in Gaildorf.
Die Preise zwei bis sechs, je ein Mobiltelefon, gingen an Christoph Weber
(Mörike-Gymnasium, Ludwigsburg), Sara Farahani (Königin-Katharinen-Stift, Stuttgart),
Achim Haas (BSZ-Gymnasium, Bietigheim), Tobias Kittel (Eduard-Spranger-Gymnasium,
Filderstadt) und Daniela Werkmann (Maria-Merian-Schule, Waiblingen). Einer der siegreichen
Schüler wird demnächst das Studium der Elektrotechnik an der Universität Stuttgart
aufnehmen; er absolviert bereits das Industriepraktikum.
Neue Seen bei der Mensa eingeweiht
Bei der Feier zum 40jährigen Baubeginn im Pfaffenwald hatte Rektor Pritschow
gesagt: Die zukünftige Aufgabe wird darin bestehen, das Gesamtwerk so zu gestalten,
daß zu einer gut funktionierenden Infrastruktur auch noch ein Heimatgefühl entsteht, das
zum Verweilen anregt. Welche herausfordernde Aufgabe für die Zukunft! Im Zentrum
der Universität vollzieht sich seit geraumer Zeit die schrittweise
Umgestaltung des Bereichs zwischen Mensa Pfaffenhofwohnheimen und
Gastdozentenhaus. Der erste Abschnitt, die Anlage von zwei Seen, wurde jetzt abgeschlossen
und am Tag der offenen Tür in Betrieb genommen. Die Idee dazu war nicht neu
schon auf Zeichnungen und in Modellen aus den 70er Jahren war an dieser Stelle eine
große Wasserfläche mit Ufertreppe dargestellt. Aber erstens ging es beim Bau der
Universität bisher immer nur um Primärfunktionen: Gebäude, Straßen, Parkplätze hatten
Vorrang bei der Finanzierung, und zweitens ist durch die großen Baumaßnahmen dem
Pfaffenbach, der früher ins Büsnauer Tal hinunterfloß, langsam aber stetig das Wasser
abgegraben worden.
Nach Fertigstellung der letzten Bauten im Zentrum ging das Unibauamt zusammen mit dem
Gartenarchitekten Karl Bauer an die Verwirklichung des alten Planes. Zwei Mulden wurden
modelliert und ein Damm errichtet. Das Wasser stammt von den Dächern der umliegenden
Gebäude, das auf dem Umweg über die Absetzbecken im Tale den Seen zugeführt wird. Der
Überfluß vom Obersee plätschert über eine Wassertreppe zum unteren. Ufer und
Böschungen sind artenreich bepflanzt, am Grunde wurzeln Seerosen.
Mit dem Element des Wassers und seiner Oberfläche, in der sich Himmel und Gebäude
spiegeln, oder dem krausen Bild windbewegter Wellen, hat sich der Ort völlig verändert.
Richtig zur Wirkung kommt die Anlage im nächsten Jahr, wenn der zweite Abschnitt beendet
sein wird. Als nächstes entsteht eine Seeterrasse, die zusammen mit dem umgebauten
Pfaffenwaldring einen autofreien Platz zu Füßen des NWZ bilden wird.
K. Schmiedek
Großer Einsatz für das Studium Generale.
Die Besucher konnten am Tag der offenen Tür die Stuttgarter
Forschung gezielt unter die Lupe nehmen, wie hier einen Schiffsgetriebeprüfstand oder
Verkehrsinformationssysteme, die Automatisierung von Binnenschifffahrtsstraßen oder
Keramik-Verbundwerkstoffbremsen für Rennwagen...
... Bildschirmbrillen der Informatiker oder 3-D-Stadtmodelle,
Sanierungstechnologien für Altlasten und neueste Ergebnisse aus der Biomedizintechnik
....
... und zwischendurch eine kleine Stärkung vor dem Gang zum
nächsten Stand, an dem Aromastoffe aus dem Labor, Sonnenkollektoren oder
solarunterstützte Nahwärmeversorgung präsentiert wurden ...
... eher aus dem Forschungsgebiet Akustik stammten die
Darbietungen der Allmand Chaoten ...
...und Sprunggelenke standen auf dem Prüfstand beim
Beach-Volleyball in der Stadtmitte ...
... so nebenbei fanden die Uni-Forscher auch Gelegenheit zum
Fachsimpeln und wissenschaftlichen Austausch über den neuen Kollegen mit der Sonnenbrille
...
... bevor den Gästen wieder die Getriebetechnik oder der
Fahrzeugwindkanal, das Supercomputing oder mikrotechnische Laseranwendungen nahegebracht
wurden ...
... und schließlich gab es auch noch was zu gewinnen, wie
diese Handys bei der Elektro- und Informations-technik, um mit der Universität Stuttgart
in Verbindung zu bleiben.
(eng / Fotos: Eppler)
|