Der Begriff des Metacomputing ist seit etwa vier Jahren zu einem der
wichtigsten Schlagworte im Bereich des Hochleistungsrechnens geworden. Im allgemeinen
bezeichnet er die Kopplung von Rechnern und Geräten zur Schaffung eines Verbundes, der
die Fähigkeiten jedes einzelnen Rechners bei weitem übersteigt. Auf diese Art und Weise
können Probleme, die für einen einzelnen Rechner zu komplex sind, auf mehrere Rechner
verteilt gelöst werden. Ein Beispiel dafür ist die Simulation des Wiedereintritts eines
Raumgleiters in allen Details. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Kopplung
medizinischer Geräte mit einem Supercomputer, der die medizinischen Daten auswertet, und
einem Visualisierungsrechner, der es den Medizinern erlaubt, sofort das Ergebnis der
Untersuchung zu sehen.
Technische Simulationen erfolgreich
Das HLRS hat vor etwa drei Jahren erfolgreich begonnen, Metacomputing in der
technischen Simulation einzusetzen. Entsprechend seiner Ausrichtung als Zentrum für
technisch-wissenschaftliche Simulation konzentriert sich das HLRS dabei auf die Simulation
sehr großer Probleme. Schon 1996 gelang es, die Rechner des Pittsburgh Supercomputing
Center (PSC) und des HLRS zu koppeln. 1997 wurden erste erfolgreiche Simulationen
durchgeführt. So wurde im Rahmen des SFB 259 (Hochtemperaturprobleme rückkehrfähiger
Raumtransportsysteme) erstmals weltweit die Simulation eines Raumgleiters, verteilt auf
zwei Rechnern der Cray T3E-Klasse, durchgeführt. Dieses Simulationsprojekt war erst mit
Hilfe des Metacomputing realisierbar.
Beim diesjährigen Workshop stand die internationale Zusammenarbeit im Vordergrund. Dr.
Sergiu Sanielevici vom PSC gab einen Überblick über die Aktivitäten in den USA und hob
die Anstrengungen bei der Entwicklung verteilter Software hervor. So wird im Projekt
GLOBUS versucht, einen Verbund von Supercomputerzentren zu schaffen, der dem Benutzer den
beliebigen Zugriff auf verteilte Rechnerressourcen ermöglicht. Dr. Satoshi Sekiguchi vom
Electrotechnical Laboratory des japanischen MITI gab Einblick in die Aktivitäten im
Metacomputing in Japan. Besonders ging er auf das japanisch-amerikanische Projekt TransPAC
ein. Im Rahmen dieses Projekts kooperieren Forschungseinrichtungen aus USA und Japan über
eine eigene transpazifische Netzverbindung, die auf modernster Technik (ATM) basiert und
die die Forschungsnetze in beiden Ländern mit einer Bandbreite von 70 Mbit/s verbindet.
Hervorragende Arbeit auch in Europa
Trotz intensiver Kooperation zwischen europäischen Forschungseinrichtungen
einerseits darunter auch dem HLRS in Stuttgart und amerikanischen bzw. japanischen
Einrichtungen andererseits sind vergleichbare große Projekte zwischen Europa und USA bzw.
Europa und Japan in der Netztechnologie derzeit mangels Leitungskapazität nicht möglich.
Daß in Europa dennoch hervorragende Arbeit geleistet wird, wurde im weiteren Verlauf des
Workshops klar. Vor allem die vorgestellten deutschen Gigabit Testbed-Projekte gaben
Einblick in die Entwicklung auf dem Gebiet der Netztechnologie und des Metacomputing in
Deutschland. Weitere Beiträge aus Frankreich, den Niederlanden, England, Italien und
Deutschland machten klar, wie stark gerade in Europa die Entwicklung von Software auf
diesem Gebiet vorangetrieben wird. Besonders interessant für die Teilnehmer war das am
HLRS entwickelte PACX-MPI. PACX-MPI erlaubt dem Benutzer erstmals, ein paralleles Programm
ohne Änderung auf jedem beliebigen Verbund von Rechnern laufen zu lassen.
Erfreulich groß war auch das Interesse am industriellen Einsatz des Metacomputing. Die
Firma VirCinity ein Spin-Off des HLRS stellte ihr Softwarepaket COVISE
(Collaborative Visualization and Simulation Environment) vor. Aufbauend auf jahrelanger
Erfahrung mit industriellen Partnern wird diese Software für den Einsatz von verteiltem
Rechnen und Visualisierung im industriellen Umfeld erfolgreich vermarktet.
Bessere Nutzung verteilter Ressourcen
Die Sichtweise der DaimlerChrysler Aerospace (DASA) präsentierte Dr. Herbert
Rieger. Aus seiner Sicht liegt der Nutzen des Metacomputings hauptsächlich im besseren
Einsatz verteilter Ressourcen. Einsatzgebiete sind dabei vor allem gekoppelte Simulation.
So kann etwa bei der Berechnung der Umströmung eines Flügels ein Softwarepaket für die
Strömung auf einem Rechner laufen, während die entsprechende strukturmechanische
Simulation auf einem zweiten Rechner abläuft. Metacomputing erlaubt es, die beiden
Simulationen miteinander zu koppeln und so bessere und genauere Ergebnisse zu erzielen.
Rieger verwies dabei auch auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit dem HLRS in
europäischen Projekten. Im Rahmen des Projekts METODIS (Metacomputing Tools for
Distributed Systems) sollen dabei erstmals realistische Szenarien aus dem
Produktionsalltag in einer verteilten Rechnerumgebung simuliert werden.
KONTAKT
Hochleistungsrechenzentrum (HLRS), Allmandrind 30, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/ 685-5719,
-2504, Fax 0711/685-5391, -5738
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