Veranstalter waren das Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen
der Universität Stuttgart (IVK) und das Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und
Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS) in Zusammenarbeit mit der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und
Verkehrstechnik. Rund 1000 Fachleute aus der Automobilindustrie, von Zulieferfirmen,
Behörden, Forschungseinrichtungen, Technischen Hochschulen und Universitäten trafen sich
an der Universität Stuttgart, um den Stand der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet
der Fahrzeug- und Motorentechnik zu diskutieren. 57 Fachvorträge, drei Plenarvorträge
und eine Podiumsdiskussion standen auf dem Programm, das mit einer Fachausstellung für
Fahrzeug-, Motoren- und Meßtechnik einherging, an der sich 31 Firmen beteiligten.
Das Symposium spannte den Bogen von
direkteinspritzenden Otto- und Dieselmotoren, Abgasnachbehandlung und Motorkomponenten
über Fahrzeugaerodynamik, Fahrdynamik, Fahrzeugakustik und Aeroakustik bis zu Simulation,
Softwaretools, Fahrerassistenz und Echtzeitanwendungen in der Simulationstechnik.
Neue Techniken für den Windkanal
Professor Dr. Jochen Wiedemann, der am 1. Juli 1998 den Lehrstuhl für
Kraftfahrwesen am IVK*) übernommen hat und zuvor Projektleiter für das AUDI
Windkanalzentrum war, will die Forschung an der Windkanalanlage fortsetzen. Dies sei eine
der Nischen, die das Institut besetzen könne, da der Kanal zu den modernsten in Europa
und Asien zähle, erklärte Wiedemann. Neue Techniken sollen eingebaut werden, um dort
Fahrzeuge mit drehenden Rädern prüfen zu können. Außerdem will Wiedemann
Bewertungsmaßstäbe für die Fahrstabilität bei Seitenwind erarbeiten. Eine Kooperation
mit der Industrie sei angestrebt. Zulieferfirmen werden einbezogen. Für beide Seiten
ergebe dies gute Synergieeffekte: In der Motorakustik verfüge das Institut über eine
Prüfeinrichtung, die Zulieferer nicht besäßen.
Abgaswerte weiter reduzieren
Bei Otto- und Dieselmotoren wolle das IVK vom kleinen Zweitakter bis zum großen
Nutzfahrzeug das gesamte Forschungsfeld abdecken, allerdings nicht in der Gänze des
Motors, betonte Professor Dr. Michael
Bargende, der seit 15. April 1998 den Lehrstuhl Verbrennungsmotoren am IVK inne hat.
Bargende, bis zu seiner Berufung bei DaimlerChrysler verantwortlich für die
Verbrennungsanalyse von Pkw-Otto- und Dieselmotoren, konzentriert sich auf die
Zusammenführung der Disziplinen und entwickelt modellbasierte Optimierungstrategien bei
der Direkteinspritzung bei Otto- und Dieselmotoren. Der Dieselmotor mit Direkteinspritzung
werde nicht zuletzt aufgrund seines günstigen Kraftstoffverbrauchs vermehrt in Pkws
eingebaut. Durch die Optimierung im Bereich der Gemischbildung sei es gelungen,
Abgasgrenzwerte gemäß der Norm EURO III zu erreichen. Im Vordergrund der Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten stünde nun die Erreichung der Grenzwerte gemäß EURO IV, erklärt
Bargende. Dies sei ein gigantischer Schritt, obwohl es sich sehr bescheiden anhöre. Denn
EURO IV halbiere die Grenzwerte von EURO III. Für problematisch hält Bargende die
Abgasemission. Hier soll eine Verbesserung erreicht werden, ohne daß die Kosten
explodierten. Bargende schätzt, daß die EURO IV-Grenzwerte Einrichtungen zur
Abgasnachbehandlung unumgänglich machen. Schwierigkeiten sieht er in der Lebensdauer
solcher Systeme sowie darin, daß der Schwefel im Kraftstoff die Katalysatoren vergifte.
Beim Ottomotor mit Direkteinspritzung ein zentrales Entwicklungsthema fast aller
Automobilhersteller wolle sich das IVK mit der Umsetzbarkeit des theoretisch
vorhandenen Verbrauchspotentials befassen. Denn mit zunehmender Annäherung der
Entwicklung an die Serienproduktion scheinen die theoretisch und auch stationär
nachweisbaren Verbrauchsvorteile des Motors immer geringer zu werden. Einsparungen
zwischen 20 und 25 Prozent wurden ursprünglich genannt, inzwischen ist nur noch von acht
bis zehn Prozent die Rede.
Reifen-Fahrbahn-Geräusche können sich im Stadtverkehr beim
Beschleunigen auf den hundertfachen Wert im Vergleich zum unbeschleunigten Vorbeirollen
erhöhen. Bestimmte Lkw-Reifen zeigen eine ausgeprägte Empfindlichkeit des
Geräuschverhaltens auf die Antriebskräfte am Rad. Vor allem Fahrzeuge mit hoher
Motorleistung können besonders beim Beschleunigen oder bei Bergfahrten schon bei
relativ geringen Geschwindigkeiten deutliche Reifen-Fahrbahngeräusche verursachen. |
Weniger Geräusche von Reifen und Fahrbahn
Bei der Aerodynamik des Kraftfahrzeugs, die zahlreiche Eigenschaften wie
Fahrleistungen, Verbrauch, Richtungsstabilität, Komfort oder Windgeräusche beeinflußt,
erwartet Wiedemann eine weitere Reduzierung des Luftwiderstandsbeiwertes ohne Konzessionen
an die Gebrauchstüchtigkeit. Auch die Verringerung von Reifen-Fahrbahn-Geräuschen ist
ein Thema für das IVK. Allerdings sei dies ein Kampf gegen Hydra: Schlage man einen Kopf
ab, wachse ein anderer nach, betont Wiedemann. Bei 60 bis 70 Stundenkilometern seien die
Reifengeräusche dominant. Bei 120 Stundenkilometern dominiere das Windgeräusch.
Außerdem sollen die Fahrwiderstände reduziert werden. Der Rollwiderstand eines
Pkw-Reifens er macht einen bedeutenden Teil des Fahrwiderstandes aus soll auf realen
Fahrbahnen durch einen am FKFS entwickelten und gebauten Rollwiderstandsmeßanhänger
gemessen werden. Mit Hilfe einer speziellen Meßtechnik werde nur der Rollwiderstand der
Meßreifen erfaßt. Künftig soll überprüft werden, inwieweit geringer Rollwiderstand
des Reifens und hohe Griffigkeit der Fahrbahn sowie ein geringes Reifen-Fahrbahn-Geräusch
vereinbar sind.
Optimal unterwegs sein: Die Fahrzeugumgebung wird durch
erweiterte digitale Straßenkarten und durch aktuelle Informationen ergänzt. |
Schulung für Lkw-Fahrer
Bei der Kraftfahrzeug-Systemtechnik steht die Simulation im Vordergrund. So
können in der Entwicklung meist getrennt laufende Bereiche verknüpft werden. Dazu zählt
zum Beispiel die Fahrsimulation zur Berechnung des Verhaltens von Fahrzeugen bei
speziellen Fahrmanövern oder zur Schulung von Fahrern. Ein am FKFS aufgebauter
Fahrsimulator für elektronisch gesteuerte Nutzfahrzeuggetriebe dient der Schulung von
Lkw-Fahrern. Kernstück ist ein komplettes Lkw-Fahrerhaus und ein Getriebe mit
elektropneumatischer Schaltung und zugehörigem Steuergerät. Die übrigen Elemente des
Nutzfahrzeugs werden auf einem Echtzeitrechner nachgebildet. Der Fahrer steuert sein
Fahrzeug wie gewohnt über Pedale, Schalter und Hebel und bekommt von einem
Geräuschgenerator das Motorgeräusch zugespielt.
Neue telematische Einrichtungen und die zunehmende Detaillierung des digitalisierten
Straßennetzes bieten neue Möglichkeiten, im voraus auf die Fahr- und Verkehrssituation
zu schließen: Sogenannte Assistenzsysteme bewirken situationsbezogene Anpassungen und
Optimierungen am Antriebsstrang. Anhand topographischer Daten entwickeln sie eine
optimierte Fahrstrategie hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs. Dabei sei der Königsweg,
so Bargende, daß der Fahrer denke, alles selbst zu beherrschen, was in Wirklichkeit das
System übernehme. la
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