Frauen müssen eigentlich nicht gefördert werden, sie müssen vor
allem enthindert werden, mit dieser provokativ verkürzten Forderung von Prof. Dr.
Elisabeth Cheauré, Sprecherin der Landeskonferenz der Frauenbeauftragten an den
wissenschaftlichen Hochschulen Baden-Württembergs, lassen sich viele Probleme von Frauen
an Hochschulen auf den Punkt bringen. Während sich in anderen Ländern Europas oder in
den USA die Anteile der Frauen in führenden Positionen in der Wissenschaft stetig
erhöhen, bleibt Deutschland mit einem Anteil von fünf Prozent Lehrstuhlinhaberinnen und
acht Prozent Professorinnen insgesamt Entwicklungsland im Bereich der Gleichstellung an
Hochschulen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen mit Abitur sind weiblich, auch unter
den Erstsemestern stellen Studentinnen noch mehr als 50 Prozent, doch nur gut 30 Prozent
der Doktortitel und 15 Prozent der Habilitationen gehen an Frauen. Was hat das deutsche
Hochschulsystem an sich, daß es ein so großes Potential an Hochqualifizierten nicht
weiter fördert oder gar ausgrenzt?
Weiterhin Verzicht auf qualifizierte Frauen?
Diese Frage und die Suche nach Lösungsmöglichkeiten standen im Mittelpunkt des
hochkarätig und international besetzten Symposiums. Es wurden dabei Konzepte wie
Mentoring als Strategie zur Nachwuchsförderung oder auch Monoedukation in der
Hochschulausbildung, also Frauenstudiengänge oder Frauenhochschulen, diskutiert. Dabei
wurden sowohl Erfahrungen aus US-amerikanischen Hochschulen als auch aus Nachbarländern
berücksichtigt. Inwieweit neue Konzepte, wie der Frauenstudiengang Wirtschaftsingenieurin
an der Fachhochschule Wilhemshaven oder die Internationale Frauenuniversität Technik und
Kultur während der EXPO 2000 in Hannover, Vorbildwirkung besitzen können, wird sich
zeigen. Daß der Griff nach Ämtern in Wissenschaft und Forschung von Männern klar als
Angriff auf die bestehende Machtverteilung gesehen wird, betonte Helga Schuchardt,
ehemalige Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur. Wie lange es sich der
Standort Deutschland leisten kann, auf qualifizierte Frauen in Wissenschaft und Forschung
zu verzichten und wie die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gestaltet werden müssen,
daß Männer und Frauen Beruf und Familie vereinbaren, sind Fragen, die in der Diskussion
nur angerissen werden konnten. Sie können Themen zukünftiger Symposien der
Veranstalterinnen werden. Die Ergebnisse der lebhaften und spannenden Veranstaltung in
Stuttgart werden in absehbarer Zeit in einem Tagungsband nachlesbar sein.
KONTAKT
Dr. Birgit Blättel-Mink, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung für
Soziologie II, Seidenstr. 36, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3972, -3971, Fax
0711/121-2487
e-mail: birgit.blaettel-mink@soz.uni-stuttgart.de
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