Manihot
esculent, oder auch einfach Maniok, wächst in Afrika,
Asien und Latein-Amerika. Bis zu drei Meter hoch kann
der mehrjährige Strauch werden, der zu den Wolfsmilchgewächsen
zählt, anspruchslos ist und unkompliziert anzubauen. Weltweit
ernähren sich über 800 Millionen Menschen von seinen stärkereichen
Wurzelknollen, die vergleichbar unserer Kartoffel verwendet
werden, aber das stattliche Gewicht von 5 kg erreichen
können. Allerdings: Seit den 70er Jahren ist Maniok bedroht.
Schuld daran haben die kleine weiße Fliege Bemisia tabaci
und ein Mosaik-Virus, das sie beim Saugen an den Maniokblättern
überträgt. Die infizierten Pflanzen sterben nicht ab,
bekommen aber gelbliche, leicht grießelige Blätter und
- entscheidend für die Menschen - bis zu 80 Prozent der
Ernte fällt aus. Wenn Thomas Frischmuth von Maniok, der
Fliege und dem Virus erzählt, dann wird schnell klar,
wie komplex sein Forschungsgebiet ist. Durch reichlich
Pestizideinsatz hat Bemisia tabaci eine Breitbandresistenz
ausgebildet. Ihr kann man nun mit keinem derzeit vorhandenen
Mittel mehr den Garaus machen, und sie vermehrt sich zuhauf.
Aber auch die afrikanischen Bauern, die die typischen
Krankheitssymptome nicht erkennen oder nicht erkennen
wollen und den infizierten Maniok einfach in alter Manier
weiter anbauen, und tausende von Flüchtlingen, die sich
mit einem Stück Maniok als einzige Habe auf den Weg machen,
tragen zur Verbreitung des Virus bei. Und dann ist da
noch die Pflanze selbst, die den Forschern nicht gerade
entgegenkommt. Mit Hilfe traditioneller Züchtungsmethoden
resistente Formen zu finden, ist so gut wie aussichtslos,
denn Maniok bildet, wenn überhaupt, nur drei bis fünf
Samen pro Pflanze aus, die dann nicht mal alle keimen.
Zudem besitzt er eine hohe genetische Komplexität, und
Kreuzungen scheitern meist an der sogenannten „Inbreeding“
Depression. Düstere Aussichten, die den Forscher Frischmuth
aber nicht schrecken, sondern eher anspornen. Seit Mitte
1999 nimmt sich der Fliege ein ganzes Netzwerk an - das
European Whitefly Studies Network (EWSN) am John Innes
Centre in Norwich. Über 50 Mitglieder aus 13 Ländern -
auch Dr. Frischmuth zählt dazu - tauschen darin aktuelle
Forschungsergebnisse über Virologie, biologische Kontrolle,
Resistenz, Epidemiologie, Pflanzengesundheit und Systematik
rund um die Weiße Fliege aus und profitieren gegenseitig
(www.jic.bbsrc.ac. uk/hosting/eu/ ewsn). Wenn im Jahr
2000 definitiv EU-Gelder fließen, dann läuft die Suche
nach resistenten Maniokpflanzen an - vielleicht war ja
die Natur selbst schon irgendwo aktiv. Manch ein Bauer
vermutete solche resistenten Pflanzen schon auf seinem
Feld, doch leider stellte sich relativ schnell heraus,
daß nur die Fliege vor Ort nicht flog. Nicht zu vergessen
der Übeltäter selbst, das zu den Geminiviren zählende
Virus: African cassava mosaic virus in Afrika (ACMV),
East African cassava mosaic virus in Ost-Afrika (EACMV)
und das Indian cassava mosaic virus in Indien (ICMV).
Was bei anderen Kulturpflanzen funktioniert, Resistenz
durch Integration eines Virus-Hüllproteingens in das Pflanzengenom,
bleibt hier ohne Erfolg. Ein Versuch, der erfolgversprechend
scheint, setzt auf die in infizierten Maniokpflanzen vorgefundenen
kleinen DNA-Moleküle, sogenannte subgenomische DNAs. Mit
ihnen, und künstlich hergestellten Konstrukten, wurde
Nicotiana benthamiana transformiert und war anschließend
vor einer ACMV-Infektion weitgehend geschützt. Vermutlich
konkurriert die kleine DNA, auch „defective interfering“
(DI)-DNA genannt, mit der genomischen viralen DNA um die
viralen Proteine, die für Replikation und Transport verantwortlich
sind. Der enorme Vorteil dieser Methode: es wird kein
virales Genom in der Pflanze vermehrt, und die schützende
DI-DNA wird erst aktiviert, wenn eine Infektion durch
das Virus vorliegt. Ob das ACMV-DI-DNA Konstrukt, das
in N. benthamiana zu einer Resistenz führt, auch in Maniok-Gewebeexplantaten
wirkt, soll nun geklärt werden. Eine finanzielle Unterstützung
in Höhe von 35.000 DM aus Mitteln des Senator-Eiselen-Vermächtnisses*)
ermöglicht in den Vaihinger Labors eine 20monatige Forschungsphase,
in der zunächst mit Hilfe des Bakteriums Agrobacterium
tumefaciens und durch Partikelbeschuß Gewebeexplantate
von Maniok mit DI-DNA transformiert werden. Als weiterer
Schritt sollen dann künstliche DI-DNA-Konstrukte für ICMV
und EACMV hergestellt und getestet werden. Zeigt sich
auf der Zellebene durch den Einsatz der DI-DNA ein Resistenzeffekt,
dann besteht die „Wahrscheinlichkeit“, dämpft Thomas Frischmuth
jede voreilige Euphorie, daß auch die ganze Maniokpflanze
resistent ist. Sicher ist hier so schnell nichts, das
ist eben Forschung pur - immer für eine Überraschung gut.
J.
Alber
*)
Mit einer Reisebeihilfe aus dem Senator-Eiselen-Vermächtnis
wird darüber hinaus ein Student des Instituts für Raumordnung
und Entwicklungsplanung unterstützt, der für seine Diplomarbeit
die Qualität von landwirtschaftlichen Flächen bei Entscheidungen
über deren Umwidmung in Siedlungsflächen in der Volksrepublik
China untersucht.
KONTAKT
Dr. Thomas Frischmuth, Biologisches Institut, Abteilung
für Molekularbiologie und Virologie derPflanzen, Pfaffenwaldring
57, 70550 Stuttgart, Tel. 0711685-5075, Fax 0711/685-5096;
e-mail: thomas.frischmuth@po.uni-stuttgart.de,
http://www.uni-stuttgart.de/bio/molbio