„Strom
aus der Sonne - Wieviel Wüste braucht ein Auto?“, mit
dieser Frage startete am 5. Dezember die erste Sonntagsmatinee.
Und offensichtlich stößt das neue Angebot auf einen deutlichen
Bedarf: Die 250 Plätze im Hörsaal 17.02 in der Keplerstraße
reichten kaum aus. Dennoch: „Was gut ist, kann noch besser
werden“, beschrieb Prof. Dr. Eckart Olshausen vom Historischen
Institut, der für die Organisation der Reihe verantwortlich
zeichnet, das Verhältnis zwischen der Universität und
Stadt, bevor er das Wort an den Bauingenieur und Brückenbauer
Prof. Dr.-Ing. Jörg Schlaich vom Institut für Konstruktion
und Entwurf II weitergab. Jörg Schlaich, bekannt durch
kreative Ideen und Projekte aus dem Bereich der Solarenergie,
sah sich durch die vielen Zuhörer in seiner Hartnäckigkeit
bestätigt, nicht, wie ursprünglich an ihn herangetragen,
über Brückenbau zu referieren, sondern die Sonnenenergie
zum Thema zu machen, zumal in den Klimakonferenzen der
letzten Zeit „außer Spesen nur Blabla“ herausgekommen
sei.
Chancen
der Sonnenenergie
Nicht nur die Umwelt zu schonen und Energie einzusparen
ist das Ziel von Prof. Schlaich, wenn er über die Chancen
der Sonnenenergie spricht. Ihm liegen die Menschen der
Entwicklungsländer am Herzen, die - davon ist er überzeugt
- durch „Investitionen in die Sonne“ auch an der Globalisierung
teilhaben könnten. Leider hat sich die Politik zurückgezogen,
ist seine traurige Erfahrung. Aber „vielleicht ist hier
ja jemand, der die Chance erkennt
“, hoffte er. Leicht
verständlich und mit Bildmaterial gut aufbereitet ging
Prof. Schlaich zunächst auf dezentral einsetzbare Energielieferanten
wie Photovoltaik, Windenergie und die Dish Stirlingsysteme
ein; große konkave Spiegel, die die Sonnenstrahlen auffangen,
bündeln und ein Gas erhitzen, das einen Motor antreibt.
„Glas, Metall, Motor - machen sie die Augen zu, das könnte
ein Auto sein“, animierte er mögliche Vertreter der Automobilindustrie
im Raum. Strom in den armen, landwirtschaftlich geprägten
Ländern, in denen lediglich Sonne im Überfluß vorhanden
ist, könnte beispielweise genutzt werden, um Kühlmöglichkeiten
für die Lebensmittel zu schaffen.
Aufwindkraftwerke
als Energielieferanten
Turmkraftwerke, zentrale Großanlagen, die in der Wüste
Kaliforniens schon große Flächen einnehmen, brachten den
Bauingenieur auf direktem Weg zu seinem Steckenpferd,
den Aufwindkraftwerken. „Obwohl mindestens 80 Prozent
der Zuhörer im Raum davon schon gehört haben“, schickte
Jörg Schlaich voraus, aber: „Sie sind ja freiwillig gekommen“.
Und so nahm vor den Augen der Zuhörer ein 1.000 Meter
hoher Turm Gestalt an, mitten in einer Glasfläche mit
mehreren Kilometern Durchmesser stehend. Die Sonne erwärmt
die Luft im Glashaus, die sich sammelt und im turbinenbestückten
Turm nach oben strömt. Werden unter der Glasfläche zudem
Wasserrohre verlegt, so hält das in der Nacht abkühlende
Wasser den Luftstrom aufrecht, und das Kraftwerk läuft
rund um die Uhr. Nur Glas, Beton, Sand und Arbeitskräfte
werden zum Bau benötigt, und so betonte Prof. Schlaich
immer wieder: „Sonnenenergie schafft Sinn, da sie Arbeitsplätze
schafft.“ Über Fernleitungen könnte der Strom nach Europa
gelangen und in Form von Wasserstoff Autos antreiben.
Für 20.000 Kilometer werde eine Fläche von drei Ar benötigt.
Weiter gab der Bauingenieur zu bedenken: Ein Aufwindkraftwerk
kann sich selbst fortpflanzen. „Wenn es 80 Jahre alt wird,
kann es energetisch 50 Kinder bekommen“ und nach 20 Jahren
wäre es einer Goldgrube vergleichbar, denn es läuft und
läuft - umweltfreundlich und ohne laufende Energiekosten.
Auf der Welttafel illustrierten einige rote Punkte den
für Aufwindkraftwerke nötigen Flächenbedarf, um mit ihnen
den Primärenergiebedarf der Welt zu decken - weiterer
Diskussionsstoff für den anschließenden Empfang bei Wein
und Brezeln.
J.
Alber