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Stuttgarter unikurier Nr. 84/85 April 2000
Uni lockt mit neuem Angebot - Sonntagsmatinee I:
Wieviel Wüste braucht ein Auto?
 

Mit einer neuen Veranstaltungsreihe lockt die Universität Stuttgarterinnen und Stuttgarter: Unter dem Motto „Stuttgart zu Gast in seiner Universität“ sind jeweils am ersten Sonntag im Monat während der Vorlesungszeit ab 11.00 Uhr alle eingeladen, die an verständlich aufbereiteter Wissenschaft - präsentiert von Persönlichkeiten der Universität - interessiert sind.

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„Strom aus der Sonne - Wieviel Wüste braucht ein Auto?“, mit dieser Frage startete am 5. Dezember die erste Sonntagsmatinee. Und offensichtlich stößt das neue Angebot auf einen deutlichen Bedarf: Die 250 Plätze im Hörsaal 17.02 in der Keplerstraße reichten kaum aus. Dennoch: „Was gut ist, kann noch besser werden“, beschrieb Prof. Dr. Eckart Olshausen vom Historischen Institut, der für die Organisation der Reihe verantwortlich zeichnet, das Verhältnis zwischen der Universität und Stadt, bevor er das Wort an den Bauingenieur und Brückenbauer Prof. Dr.-Ing. Jörg Schlaich vom Institut für Konstruktion und Entwurf II weitergab. Jörg Schlaich, bekannt durch kreative Ideen und Projekte aus dem Bereich der Solarenergie, sah sich durch die vielen Zuhörer in seiner Hartnäckigkeit bestätigt, nicht, wie ursprünglich an ihn herangetragen, über Brückenbau zu referieren, sondern die Sonnenenergie zum Thema zu machen, zumal in den Klimakonferenzen der letzten Zeit „außer Spesen nur Blabla“ herausgekommen sei.

Chancen der Sonnenenergie
Nicht nur die Umwelt zu schonen und Energie einzusparen ist das Ziel von Prof. Schlaich, wenn er über die Chancen der Sonnenenergie spricht. Ihm liegen die Menschen der Entwicklungsländer am Herzen, die - davon ist er überzeugt - durch „Investitionen in die Sonne“ auch an der Globalisierung teilhaben könnten. Leider hat sich die Politik zurückgezogen, ist seine traurige Erfahrung. Aber „vielleicht ist hier ja jemand, der die Chance erkennt …“, hoffte er. Leicht verständlich und mit Bildmaterial gut aufbereitet ging Prof. Schlaich zunächst auf dezentral einsetzbare Energielieferanten wie Photovoltaik, Windenergie und die Dish Stirlingsysteme ein; große konkave Spiegel, die die Sonnenstrahlen auffangen, bündeln und ein Gas erhitzen, das einen Motor antreibt. „Glas, Metall, Motor - machen sie die Augen zu, das könnte ein Auto sein“, animierte er mögliche Vertreter der Automobilindustrie im Raum. Strom in den armen, landwirtschaftlich geprägten Ländern, in denen lediglich Sonne im Überfluß vorhanden ist, könnte beispielweise genutzt werden, um Kühlmöglichkeiten für die Lebensmittel zu schaffen.

Aufwindkraftwerke als Energielieferanten
Turmkraftwerke, zentrale Großanlagen, die in der Wüste Kaliforniens schon große Flächen einnehmen, brachten den Bauingenieur auf direktem Weg zu seinem Steckenpferd, den Aufwindkraftwerken. „Obwohl mindestens 80 Prozent der Zuhörer im Raum davon schon gehört haben“, schickte Jörg Schlaich voraus, aber: „Sie sind ja freiwillig gekommen“. Und so nahm vor den Augen der Zuhörer ein 1.000 Meter hoher Turm Gestalt an, mitten in einer Glasfläche mit mehreren Kilometern Durchmesser stehend. Die Sonne erwärmt die Luft im Glashaus, die sich sammelt und im turbinenbestückten Turm nach oben strömt. Werden unter der Glasfläche zudem Wasserrohre verlegt, so hält das in der Nacht abkühlende Wasser den Luftstrom aufrecht, und das Kraftwerk läuft rund um die Uhr. Nur Glas, Beton, Sand und Arbeitskräfte werden zum Bau benötigt, und so betonte Prof. Schlaich immer wieder: „Sonnenenergie schafft Sinn, da sie Arbeitsplätze schafft.“ Über Fernleitungen könnte der Strom nach Europa gelangen und in Form von Wasserstoff Autos antreiben. Für 20.000 Kilometer werde eine Fläche von drei Ar benötigt. Weiter gab der Bauingenieur zu bedenken: Ein Aufwindkraftwerk kann sich selbst fortpflanzen. „Wenn es 80 Jahre alt wird, kann es energetisch 50 Kinder bekommen“ und nach 20 Jahren wäre es einer Goldgrube vergleichbar, denn es läuft und läuft - umweltfreundlich und ohne laufende Energiekosten. Auf der Welttafel illustrierten einige rote Punkte den für Aufwindkraftwerke nötigen Flächenbedarf, um mit ihnen den Primärenergiebedarf der Welt zu decken - weiterer Diskussionsstoff für den anschließenden Empfang bei Wein und Brezeln.

J. Alber

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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