Die
Veranstaltung „Der Wille zur Gestalt - in memoriam Rolf
Gutbrod“ begann mit einer kleinen Ausstellung, die mit
Bildmaterial des SAAI (Südwestdeutsches Archiv für Architektur
und Ingenieurbau, Universität Karlsruhe) und der tatkräftigen
Mithilfe von Dr. Ulrich Schneider zusammengestellt wurde.
Großformatige Abbildungen, ergänzt durch erläuternde Zeichnungen,
gaben in Auswahl einen Überblick über Gutbrods Werk. Damit
konnte kein Anspruch einer vollständigen Werkschau verbunden
werden. Die hierfür notwendigen Grundlagen werden erst
zur Zeit von Dr. Schneider mit dem Ziel einer Werkmonographie
erarbeitet.
Architekturströmungen unter der Lupe
Professor Boris Podrecca, der als Nachfolger von Prof.
Hans Kammerer seit 1989 das Institut leitet, schreibt
im Vorwort des Ausstellungskataloges: „...eine memoriale
Ausstellung, die Hommage einer Schule an einen ihrer Großen,
darf sich nicht in Erinnerungen oder Aperçus erschöpfen.
Es bedarf einer Reflexion seiner Position gerade heute
nach dem Scheitern der jeweiligen Formenkorsette, ,In
welchem Stile sollen wir bauen, die zur kulissenhaften
Unwirtlichkeit der Stadt geführt haben ...“ Zum Konzept
der Gedenkveranstaltung gehörte neben der Ausstellung
ein Symposium am 9. Dezember 1999, das gleich einem Passepartout
das Werk Gutbrods einfassen sollte. Die Vorträge von Marco
de Michelis, Wolfgang Pehnt und Wilfried Wang beschäftigten
sich mit Aspekten zeitgleicher Architekturströmungen in
verschiedenen Kulturregionen Europas, wobei sowohl Parallelen
als auch Differenzen zu Gutbrods Architekturauffassung
spürbar wurden. Marco de Michelis, Architekt und Architekturhistoriker
aus Venedig, der zur Zeit die Gropius-Professur an der
Bauhaus-Universität in Weimar innehat, sprach zum Auftakt
über Giancarlo de Carlo, einen Zeitgenossen Gutbrods aus
dem Süden Europas. De Carlo fühlte sich in den Jahren
der europäischen Rekonstruktion nach dem zweiten Weltkrieg
einer kritischen Revision der moderen Bewegung verpflichtet,
weil er in ihr keine Stilrichtung sah und sie vielmehr
zu ihren ursprünglichen Absichten - ein Instrument zur
Umwandlung der Gesellschaft zu sein - zurückführen wollte.
Darüber hinaus waren für ihn, vergleichbar dem liberalen
Ansatz Gutbrods, die Vielfalt und Offenheit der Resultate
architektonischer Entwurfsvorgänge wichtig. Beide fühlten
sich ohne Präjudiz einer vorgefaßten Formvorstellung dem
jeweiligen Programm, der örtlichen Situation und dem kulturellen
Mikrokosmos verpflichtet. Wolfgang Pehnt, Architekturhistoriker
und Kritiker aus Köln, erläuterte in seinem Vortrag „Die
Baukunst, ein Wissen des Herzens“ Essenzen des Werkes
der beiden Architekten Emil Steffan und Rudolf Schwarz.
Bei aller Verschiedenheit des tektonischen Aufbaus können
die Parallelen zu Gutbrods Werk vor allem in der Charakteristik
des Steffanschen Kirchenbaus als „... eine geräumige,
vom Achsenzwang befreite Architektur, vertrauenswürdig,
warmherzig, menschennah, selbstverständlich wirkend, anscheinend
zeitlos, jedenfalls nicht explizit modern...“ gesehen
werden. Demgegenüber hielt sich Rudolf Schwarz mit dem
Bau des Kölner Wallraf-Richartz-Museums „... von allem
schwäbischen Liberalismus fern und bestand auf einer übergreifenden
Form, die alle Zwecke in sich aufnahm.“
Die
stille Moderne
Abgerundet wurde das Bild durch den Beitrag „Die stille
Moderne“ des Architekten Wilfried Wang, bis Ende letzten
Jahres Leiter des Architekturmuseums in Frankfurt. In
diese Rubrik ordnet Wang jene Architekten ein, deren Werke
nicht selbstverliebt nach Originalität und Medientauglichkeit
schielen, sondern eine integre Haltung vermitteln - wie
es bei Josef Frank, Peter Celsing, Siegurd Lewerentz der
Fall ist; „... der stille Architekt arbeitet im Bewußtsein
der mehrschichtigen Herkünfte. Traditionen werden erkannt,
inhaltlich überprüft und ausgewertet. Jedes Bauwerk, an
seinem Ort, mit seinem Auftraggeber und seinem Architekten,
ist einmalig. Erst aus dieser Quelle entspringen die Eigenschaften
des Werks... der stille Architekt meidet öffentliche Auftritte.
Lieber baut er seine Architekturtheorie, und wenn er im
Lehrbetrieb tätig ist, gibt er selbstverständlich seinen
Studenten keine stilistischen Vorgaben, denn er ist überzeugt,
daß jeder seine Haltung selber erarbeiten wird.“ Dieses
Zitat könnte ebenso Leitmotiv für den Architekten und
mehr noch für den Lehrer Rolf Gutbrod gewesen sein. Eine
kleine Broschüre mit den Bildern der Ausstellung, Biografie
und Werkverzeichnis sowie den drei Vorträgen ist am Institut
für Innenraumgestaltung und Entwerfen erhältlich.
Kyra
Bullert
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Institut
für Innenraumgestaltung und Entwerfen, Keplerstr. 11,
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