Stuttgarter unikurier
Nr. 84/85 April 2000 |
Großer Senat:
Prof.
Dieter Fritsch zum Rektor gewählt |
Der
neue Rektor der Uni Stuttgart heißt Dieter Fritsch. Bei
der Wahl im Großen Senat am 1. März setzte sich der 49jährige
Direktor des Instituts für Photogrammetrie mit 31 Stimmen
klar gegen den zweiten Kandidaten, Prof. Dr. Siegfried
F. Franke, durch. Auf Franke, C3-Professor für Wirtschaftspolitik
und Öffentliches Recht und Dekan der Fakultät Geschichts-,
Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, entfielen 16 Stimmen.
Drei Mitglieder des Großen Senats enthielten sich der
Stimme. Fritsch, der dem jetzigen Rektorat unter Leitung
von Prof. Dr.-Ing. Günter Pritschow als Prorektor für
Lehre angehört, wird am 1. Oktober 2000 die neue Funktion
für eine sechsjährige Amtszeit übernehmen. Die neuen Prorektoren
werden am 7. Juni gewählt.
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Fritsch,
Chef des weltweit größten Instituts für Photogrammetrie
mit 30 Mitarbeitern, plädierte vor den Mitgliedern des
Großen Senats dafür, „das neue Universitätsgesetz als
Chance zu sehen“. Er sprach sich dafür aus, die Mitglieder
des Hochschulrats „als Lobbyisten für die Universität“
einzusetzen. „Die Universität Stuttgart braucht sich nicht
zu verstecken“, hob er hervor. In der Lehre wünscht er
sich eine stärkere Verzahnung zwischen Geistes-, Sozial-,
Natur- und Ingenieurwissenschaften und zusätzliche interfakultative
Studienangebote. Aus dem vom Wissenschaftsministerium
forcierten Wettbewerb unter den Universitäten solle die
Uni Stuttgart als Gewinner hervorgehen. Dazu sei es jedoch
auch erforderlich, mit geeigneten Controlling-Instrumenten
Stärken und Defizite zu erkennen. „Wir wollen lernen,
uns zu verändern“, warb er, und versuchte gleichzeitig,
Ängste vor dem „gläsernen Menschen“ zu zerstreuen. Weiter
ausgebaut werden solle die Internationalisierung. Bei
der Diskussion um ein konsekutives Bachelor/Masterprogramm
gelte es, Augenmaß zu bewahren. Der Abschluß des Diplom-Ingenieurs
müsse erhalten bleiben. Verstärken will Prof. Fritsch
englischsprachige Studienangebote. Auch strategische Allianzen
mit renommierten Universitäten könne er sich vorstellen,
wie etwa virtuelle Studienangebote mit dem MIT oder der
University of California. Stärker als bisher müsse sich
die Uni in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken. Dazu
sollen neben einem Uni-Marketing, für das der Rat externer
Spezialisten eingeholt werden solle, auch publikumswirksame
Veranstaltungen beitragen wie der 1999 erstmals angebotene
Erstsemesterabend
in der Liederhalle (der nächste findet am 16. Oktober
2000 statt), der Tag
der Innovation am 4. Februar, der auch im Jahr 2001
angeboten werde, oder die Sonntagsmatineen.
Gratulation:
der designierte und der amtierende Rektor strahlen
um die Wette |
Verbessern
will Fritsch den Informationsfluß zwischen den Instituten,
der Verwaltung und dem Rektorat. „Ich sehe mich hier verantwortlich“,
sagte er. Mut zu zeigen gelte es bei unpopulären Entscheidungen
wie etwa der Schließung wenig ausgelasteter Studiengänge
oder bei Auseinandersetzungen über strukturelle Entwicklungen
im Rahmen des Solidarpaktes. Gleiches gelte bei Zugriffen
von außen, etwa der vom Land geplanten Evaluationsagentur,
sagte Fritsch auf Nachfrage. Auch die Landesrektorenkonferenz
habe sich bereits dagegen ausgesprochen. Die Aufgaben
der Prorektoren will Fritsch, der sich durch eine vom
Ministerium genehmigte C3-Stelle entlastet und gleichzeitig
die Anbindung an sein Institut gesichert weiß, etwas anders
als bisher zuschneiden: Der Prorektor für Lehre und Weiterbildung
soll auch Vorsitzender des Center for International Studies
sein, sich um wissenschaftliche Weiterbildung kümmern,
engen Kontakt zu Auslandsamt, Sprachenzentrum und den
Gymnasien halten und Ansprechpartner für Gleichstellung
sein. Zum Aufgabenfeld des Prorektors Forschung und Marketing
gehört die Internationalisierung; er soll sich zudem vermehrt
um das Thema Schutzrechte kümmern und Ansprechpartner
für wissenschaftliches Rechnen und Bibliothekswesen sein.
Der Prorektor Struktur und Controlling soll auch auf die
ordnungsgemäße Verteilung der Ressourcen achten. Als Rektor
wolle er „im besten Sinne des Wortes ein Lernender sein“,
hatte Prof. Franke (Jahrgang 1942) zuvor in seiner Vorstellung
betont. Aufgrund seines „vielgestaltigen Ausbildungs-
und Berufsweges“ mit Stationen in Freiburg, Hamburg, Hagen
und Dortmund habe er „eigentlich immer mit Hochschulreform
zu tun gehabt“. Er wolle den international und national
anerkannt hohen Standard der Uni Stuttgart in der Forschung
halten und weiter ausbauen. Für die Lehre hob er die Bedeutung
einer ergänzenden und begleitenden Sprachausbildung, der
Bereiche Aufbaustudium, Weiterbildung und Studium Generale
hervor. In Abgrenzung zu den Fachhochschulen gelte es,
das hohe Niveau des deutschen Diploms zu erhalten. Auf
Nachfrage sprach er sich gegen mehrfache Stimmengewichte
von Mitgliedern des Hochschulrates aus. Ursprünglich hatten
sich acht Interessenten um das Amt des Rektors beworben,
davon drei Mitglieder der Universität Stuttgart und fünf
externe. Ein Mitglied der Universität Stuttgart und zwei
externe Bewerber zogen ihre Bewerbungen zurück. Ein weiterer
externer Bewerber hatte die formalen Voraussetzungen nicht
erfüllt. Die Rektorfindungskommission hatte schließlich
vier Kandidaten dem Senat der Universität zur Entscheidung
vorgelegt. Der Senat hatte am 16. Februar die beiden Stuttgarter
Wissenschaftler, Prof. Franke und Prof. Fritsch, dem Großen
Senat zur Wahl vorgeschlagen. /zi
Prof.
Dr.-Ing. Dieter Fritsch,
Jahrgang 1950, Studium des Vermessungswesens an der FH
Rheinland-Pfalz und der Universität Bonn (Abschluß 1977
mit Auszeichnung), anschließend Assistent am Institut
für Theoretische Geodäsie der Uni Bonn, 1982 Promotion,
1990/91 Habilitation und Lehrbefugnis für das Fach Geo-Informationssysteme
an der TU München, 1983 bis 1992 Akademischer Rat, dann
Oberrat am Lehrstuhl für Photogrammetrie und Fernerkundung
der TU München, seit Juni 1992 C4 Professor für „Photogrammetrie
und Vermessungswesen“ an der Universität Stuttgart. Hier
war Prof. Fritsch von 1992 bis 1994 Vorsitzender der Studienkommission
Vermessungswesen, 1994 bis 1996 Dekan der Fakultät Bauingenieur-
und Vermessungswesen. Er leitet seit 1995 die Koordinierungsstelle
für wissenschaftliche Weiterbildung und amtiert seit 1.
Oktober 1998 als Prorektor für Lehre der Universität Stuttgart.
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