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Stuttgarter unikurier Nr. 84/85 April 2000
In memoriam
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Hans-Joachim Braczyk

Die Akademie für Technikfolgenabschätzung und die Universität Stuttgart trauern um Prof. Hans-Joachim Braczyk, der nach kurzer schwerer Krankheit am 30. November 1999 verstorben ist. Der Soziologe hatte 1982 nach Forschungsarbeiten an der Freien Universität Berlin, der Universität Bielefeld und der Sozialforschungsstelle Dortmund das ASIF-Institut (Arbeitsgruppe Sozialwissenschaftliche Industrieforschung) in Bielefeld gegründet und bis 1992 geleitet. Er wechselte dann als Vorstandsmitglied zur Akademie für Technikfolgenabschätzung, wo er den Bereich „Technik, Organisation, Arbeit“ aufbaute und leitete. Dabei beeinflußte er die Gesamtentwicklung der Akademie entscheidend. Seit 1996 war er zugleich Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart und leitete dort die Abteilung für Arbeits- und Organisationssoziologie. Seine zahlreichen Publikationen befaßten sich vor allem mit neuen Organisationsstrukturen in der Arbeitswelt und mit Innovationen in der Wirtschaft. Sein besonderes Interesse galt dem Problem der sozialen Einbettung von Technik. An der Akademie für Technikfolgenabschätzung hat Prof. Braczyk das Arbeitsgebiet „Innovationen für Wirtschaft, Arbeit und Beschäftigung“ aufgebaut. Dieses Themenfeld sah er eng verzahnt mit arbeits- und organisationssoziologischen Fragestellungen, die Gegenstand seiner Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Universität waren. Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses von Prof. Braczyk standen die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und die damit verbundene Organisation bzw. Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, die Wirtschaftsstruktur in ihren regionalen Bezügen und eingebettet in die erkennbaren Veränderungen im europäischen oder weltweiten Kontext und die damit verbundenen Konsequenzen für die industriellen Beziehungen, nicht zuletzt für die Arbeitnehmer und deren Interessenvertretung. Wichtig war für ihn, daß die künftigen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, in der Wirtschaftsstruktur und in den industriellen Beziehungen ein miteinander verbundenes Beziehungsgeflecht bilden, daß sie sich gegenseitig bedingen und sich rasch verändern. Für die Arbeit der Akademie kam es unter diesem Aspekt darauf an, die in Gang befindlichen Prozesse möglichst praxisnah zu beobachten, wichtige Sachverhalte in diesem Beziehungsgeflecht aufzuklären und Entwicklungstendenzen zu beschreiben und zu bewerten, um so den Akteuren (in Wirtschaft oder Politik) Orientierungshilfen für ihre Entscheidungen zu liefern. Dabei hat er in seiner Arbeit durchaus auch unkonventionelle Wege beschritten. Ein Beispiel ist der Kongreß „Kreativität als Chance für den Standort Deutschland“. Diese Zielsetzung ist in verschieden Projekten umgesetzt worden, und die Ergebnisse wurden auch von den Adressaten als hilfreich und wegweisend wahrgenommen. Das zeigte sich nicht zuletzt daran, daß die Projekte und Ergebnisse sowohl außerhalb als auch in den Gremien der Akademie als wichtig und notwendig angesehen und nachdrücklich unterstützt wurden. Seine Forschungsgebiete schlugen sich an der Universität in Diplom- und Magisterarbeiten sowie in der Betreuung von Dissertationen und Habilitationen nieder. Als die Akademie 1992 die Arbeit aufnahm, war sie mehr eine Idee als eine Institution mit einer konkreten Aufgabe. Daß diese Idee mit Leben gefüllt werden konnte, ist auch ein Verdienst von Prof. Braczyk. Er hat die Sichtweise der Sozialwissenschaften fundiert vertreten und dazu beigetragen, daß die Akademie heute - je nach Thema - unterschiedliche Herangehensweisen und Methoden einsetzt. Ihm war die Einbindung der Mitarbeiter über die Bereichsgrenzen hinweg stets ein Anliegen. Aktiv unterstützt hat er unter anderem das von Mitarbeitern gestaltete Buch „Innovationen in Baden-Württemberg“. Schließlich war Prof. Braczyk für seine Vorstandskollegen und für alle Mitarbeiter des Hauses ein anregender Gesprächspartner, von dem wir vieles gelernt haben. Trotz der Doppelbelastung in Akademie und Universität war es für ihn selbstverständlich, in der akademischen Selbstverwaltung mitzuwirken. Mit Hans-Joachim Braczyk verlieren wir einen kooperativen und anerkannten Wissenschaftler, der die Interessen seines Bereichs engagiert vertreten hat, ohne dabei die Interessen der Akademie und der Universität als ganze aus den Augen zu verlieren. Der Tod von Prof. Braczyk ist für die Akademie und die Universität Stuttgart ein großer Verlust, und er macht uns so betroffen, weil es - gemessen an seinem Alter, seinen Plänen und Ideen - ein viel zu früher Tod ist. Wir wollen sein Angedenken wahren und die begonnenen Arbeiten auch in seinem Geist fortführen.

 

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Gerhard Kohn

Am 13. August 1999 verstarb Prof. Dr. Gerhard Kohn, Emeritus für Elektrische Nachrichtentechnik der Universität Stuttgart. - Am 13. September 1928 in Geislingen an der Steige geboren, studierte er von 1949 bis 1954 Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Nachrichtentechnik an der damaligen TH Stuttgart und war anschließend Doktorand und Assistent bei Prof. Richard Feldtkeller, dem Direktor des Instituts für Elektrische Nachrichtentechnik. 1958 promovierte er über die Erzeugung von Nanosekundenimpulsen. 1960 ging er in das IBM-Forschungslaboratorium nach Zürich. Unter seiner Leitung entstanden dort bedeutende Arbeiten über Subnanosekunden-Impulstechnik, Höchstfrequenz-Feldeffekttransistoren und schnellste magnetische Speicher. Auch seine Arbeiten über Möglichkeiten und Grenzen der integrierten Schaltungen fanden große Anerkennung in der Fachwelt. 1966 - Gerhard Kohn war gerade 38 Jahre alt - berief ihn die TH Stuttgart als Nachfolger von Richard Feldtkeller zum Direktor des Instituts für Elektrische Nachrichtentechnik. Bis zu seiner Emeritierung am 30. September 1994 leitete er das Institut mit Engagement und Erfolg. Sein hoher Anspruch an die Qualität der Lehre und seine ausgeprägte Begabung, das Wesentliche klar, anschaulich und mit glänzendem didaktischem Geschick darzustellen, kennzeichneten seine Vorlesungen. Die von ihm vertretenen Fächer waren zwar bei den Studierenden durchaus gefürchtet, doch tat dies seiner Beliebtheit keinen Abbruch: Viele der jungen Leute suchten mit Erfolg Gerhard Kohns Rat. Sein Institut richtete er mit sicherem Blick für sich abzeichnende Entwicklungen in der Nachrichtentechnik auf neue Forschungsfelder aus, darunter Halbleiterspeicher, schnelle Impulstechnik, digitale Signalverarbeitung sowie auch neue Themengebiete wie die Supraleitung und - bereits Anfang der siebziger Jahre - Bauelemente der optischen Nachrichtentechnik. Zahlreiche Doktoranden hat er zur Promotion geführt, einige lehren heute selbst als Professoren. Viele Institutionen, darunter das Bundesministerium für Forschung und Technologie, das Heinrich-Hertz-Institut Berlin und Firmen der nachrichtentechnischen und Computer-Industrie, schätzten Gerhard Kohn als fachkundigen Berater. Sein Blick für den Kern des zu lösenden Problems wurde dabei genauso gewürdigt wie seine bestechende Formulierungskunst und seine Abneigung gegen unpräzise Ausdrucksweisen und Darstellungen. Prägend in Fragen der Qualität und Ausrichtung der Ingenieurausbildung war er als langjähriger Vorsitzender des VDE-Ausschusses Ingenieurausbildung. Unvergessen bleibt sein Engagement in der Akademischen Selbstverwaltung der Universität Stuttgart. Dreimal war er Dekan der Fakultät Elektrotechnik und setzte sich dabei unermüdlich für zeitgemäße Studieninhalte ein, ohne seinen hohen Qualitätsanspruch aufzugeben. Seit 1977 gehörte er dem Senat der Universität Stuttgart an. Als kritischer Mahner trug er in dieser Funktion maßgeblich dazu bei, die Weichen für die weitere Entwicklung der Hochschule zu stellen. Die Universität Stuttgart trauert um einen engagierten, hochangesehenen Lehrer und Forscher und um einen sachkundigen Berater. Sie wird Gerhard Kohn in dankbarer Erinnerung behalten.

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Jörg Eisinger

Nach längerer, schwerer Erkrankung verstarb am 21. Oktober 1999 Dr.-Ing. Jörg Eisinger, Akademischer Direktor am Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW). Diesem Institut hat er sein berufliches Leben gewidmet. Mit Gründung des Instituts am 1. September 1965 wurde er Assistent und baute es in der Folgezeit mit auf. Sein wissenschaftliches Interesse galt der simultanen 5-Achsenbearbeitung von Freiformflächen, ein damals neues Forschungsgebiet in Deutschland, das dann viele Jahre ein Schwerpunkt der ISW-Arbeiten werden sollte. Seine besondere Neigung galt Studierenden und Stipendiaten aus allen Ländern der Welt. Er war ihr Ansprechpartner und Ratgeber. Viele persönliche Bindungen und Freundschaften pflegte er mit ehemaligen Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern aus dem In- und Ausland. Als Bindeglied über die Generation hinweg wird er sehr vermißt; ebenfalls als Koordinator der internationalen Zusammenarbeit mit Partnerinstituten. In der Lehre hat er über drei Jahrzehnte das Fach „Ölhydraulische Steuerungstechnik“ gelesen und dabei für die Studierenden Theorie und Praxis verbunden. Dies war ihm aufgrund seiner umfangreichen praktischen Erfahrung vor dem Studium ein besonderes Anliegen. Dr. Eisinger hat das ISW durch seine Arbeiten und seine Persönlichkeit geprägt. Er war durchdrungen von Einsatzfreude und Verantwortungsbewußtsein. Seine Krankheit und sein Tod lösten tiefe Betroffenheit aus. Wie er sich der Krankheit ohne Aussicht auf Heilung stellte, war bewundernswert. Jörg Eisinger hat die Geschichte des ISW mitgestaltet. Seine ehemaligen Kolleginnen und Kollegen werden ihn in bleibender Erinnerung behalten.

G. Pritschow/A. Storr

 

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Adolf Wagner

Prof. Dr. Adolf Wagner, der mit seinen Lehrveranstaltungen Generationen von Chemiestudierenden der Universität Stuttgart geprägt hat, ist am 16. Dezember 1999 im Alter von 78 Jahren gestorben. - Im Wintersemester 1946/47 hat Adolf Wagner das Studium der Chemie an der damaligen TH Stuttgart begonnen, im Juli 1953 die Diplomprüfung abgelegt und im Dezember 1954 bei Hellmut Bredereck promoviert. Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Arbeiten nach der Promotion waren die Chemie der Kohlehydrate und Heterocyclen sowie Untersuchungen über Polymere. Mit diesen Arbeiten hat er sich im Januar 1961 habilitiert. Neben Lehrveranstaltungen für Chemiker im Diplomstudiengang hat sich Prof. Wagner vor allem der so wichtigen Vertretung des Faches Organische Chemie in der Ausbildung der Studierenden für das Höhere Lehramt gewidmet. Sicher sind auch heute noch viele Lehrer an den Gymnasien unseres Landes tätig, die durch ihn und das, was er vermittelt hat, geprägt wurden. Er hat jedoch nicht nur in Lehre und Forschung gewirkt, sondern sich darüber hinaus sehr stark in der Akademischen Selbstverwaltung engagiert. So war er über viele Jahre Mitglied des Verwaltungsrats und hat entscheidend dazu beigetragen, daß die Hochschule schwierige Jahre des Umbruchs gut überstanden hat. Das Institut für Organische Chemie, die Fakultät Chemie und die Universität Stuttgart haben Professor Adolf Wagner für das zu danken, was er in den Jahren seiner beruflichen Tätigkeit in der Lehre und in der Akademischen Selbstverwaltung für unsere Hochschule geleistet hat.

Franz Effenberger

 

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Konrad Zoller

Auch in diesem Wintersemester war Professor Konrad Zoller ein aktiver Teilnehmer am Seminar über Fragen der Mechanik, dem wissenschaftlichen Diskussionsforum des Instituts B für Mechanik an der Universität Stuttgart. Dies ist bemerkenswert, da Konrad Zoller seit seiner Emeritierung im Jahre 1977 über 23 Jahre engen Kontakt zu seiner Universität hielt. Die Themen haben sich gewandelt, von der Kontinuumsmechanik zu den Mehrfeldproblemen, von der Kreiselmechanik zur Mehrkörperdynamik und von der Strukturmechanik zur Computermechanik, doch die wissenschaftliche Neugier von Konrad Zoller bestand fort. Von den dienstlichen Verpflichtungen entbunden, genoß Konrad Zoller als Emeritus im besten Sinne die Freiheit der Forschung. Prof. Dr. rer. nat. Konrad Zoller hat mit seinem Lebenswerk auf dem Gebiet der Mechanik entscheidend zu der gegenseitigen Befruchtung von angewandter Mathematik und theoretischen Ingenieurwissenschaften beigetragen. Für Konrad Zoller ist es eine Bestätigung seines wissenschaftlichen Denkens, daß die Deutsche Forschungsgemeinschaft seit dem 1. Januar 1995 den Sonderforschungsbereich 404 „Mehrfeldprobleme in der Kontinuumsmechanik“ an der Universität Stuttgart fördert. Dadurch steht die so wertvolle Zusammenarbeit zwischen Mathematikern und Ingenieuren auf einer soliden Grundlage. Konrad Zoller wurde in Ulm geboren und studierte von 1929 bis 1934 Mathematik, Physik und Philosophie an den Universitäten München und Tübingen. Er ging zunächst in den Schuldienst, wechselte jedoch schon 1938 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Forschungsanstalt Graf Zeppelin. 1942 promovierte er und habilitierte sich 1951. Im Jahr 1963 wurde er zum Ordinarius und Direktor des neu gegründeten Lehrstuhls B für Mechanik ernannt, den er bis zu seiner Emeritierung 1977 leitete. Das Lebenswerk von Konrad Zoller ist geprägt durch ein äußerst breites Spektrum von Grundlagenvorlesungen, die er für Generationen von Maschinenbauingenieuren im Grund- und Hauptstudium gehalten hat. Seine Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Mechanik haben internationale Anerkennung gefunden. So war Zoller zum Beispiel 1964 für das wissenschaftliche Programm des 11. Internationalen Kongresses für Angewandte Mechanik in München zuständig, und er war Mitherausgeber der Zeitschrift „Ingenieurarchiv“. Auch in der Akademischen Selbstverwaltung hat Zoller mit großem Sachverstand mitgewirkt. Konrad Zoller starb am 29. Januar 2000 nach einem erfüllten Leben kurz vor seinem 90. Geburtstag. Die Universität wird seine Persönlichkeit und seine Verdienste um Lehre und Forschung in dankbarer Erinnerung bewahren.

Werner Schiehlen


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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