Stuttgarter unikurier
Nr. 84/85 April 2000 |
Studierende
lernen den Umgang mit CAD:
Virtuell
wieder wie neu: Troja |
Architekten
planen Ein- und Mehrfamilienhäuser, setzen neue Akzente
bei Wand-, Dach- und Grundrißgestaltung - oder sie kümmern
sich um Ruinen und lassen virtuell wieder auferstehen,
was einst mit Hilfe des Trojanischen Pferdes in Schutt
und Asche gelegt wurde. Zwei Wochen lang tauchten Architekturstudentinnen
und -studenten der Universität Stuttgart tief ins antike
Troja ein. Eigentliches Ziel der vierzehntägigen Blockveranstaltung
im Dezember 1999 war es, das Zeichnen am Computer (CAD)
zu erlernen.
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Diesmal
hatte Dr. Wolfgang Zöller, der die Veranstaltung seit
zehn Jahren betreut, eine ganz andere Idee. Weshalb, so
dachte er, sollten sich die Studierenden statt mit „Schwäbischen
Reihenhäusern“ nicht mal mit etwas anderem beschäftigen
- zum Beispiel mit der virtuellen Rekonstruktion von Troja?
Um sich bei dieser Arbeit nicht in Spekulationen zu verlieren,
wurde die Kooperation des Troja-Gräbers schlechthin gesucht
und gefunden. Fast vor der Haustür, an der Universität
Tübingen, lehrt der Archäologe Prof. Manfred Korfmann.
Seit 1988 gräbt er in Troja und für das Jahr 2001 ist
in Stuttgart eine Ausstellung geplant, in der Korfmanns
neueste Troja-Ausgrabungsfunde zu sehen sein werden. Wenn
alles wie geplant funktioniert, dann werden die Ausstellungsbesucher
anhand der Modelle und Computerbilder der Stuttgarter
Architekturstudenten auch einen Einblick in das Troja
bekommen, wie es gewesen sein könnte. Auf die archäologische
Genauigkeit, mit der am Computer der Architekten das antike
Troja wieder Gestalt annimmt, achten nun zwei Tübinger
Wissenschaftler. Zuvor nicht angedacht, stellt sich nun
von Tag zu Tag mehr heraus, daß beide Seiten viel voneinander
lernen, denn die Zusammenarbeit wirft immer wieder neue
Fragen auf. Penibel genau wissen die Archäologen Bescheid
über Grundrisse und Lage, doch wenn es in die Höhe geht,
ob Burgmauer oder Türme, dann wird es schon schwieriger.
Und haben sich die Studierenden erst in den richtigen
PC-Umgang eingearbeitet, dann kommen die speziellen Fragen
nach Farben, Materialien, Lichtwirkungen auf, die ein
virtuelles Modell erst zu dem machen, was es sein kann;
eine möglichst genaue Abbildung der Wirklichkeit. So ist
das Panorama, das sich dem Soldaten einst auf der Burgmauer
bot, ebenso in Bearbeitung wie der Blick von der Unterstadt
hinauf auf die Burg. Überaus sinnvoll findet es Prof.
Wolfgang Knoll vom Institut für Darstellen und Gestalten
der Universität Stuttgart, daß sich seine Studenten mit
der Rekonstruktion von Troja auseinandersetzen; schließlich
gilt es, dort nicht nur zu zeichnen und Modelle zu bauen,
sondern auch viel zu recherchieren. Vom „anderen Blick
der Architekten“ können sie lernen, und wenn sie sich
die Frage stellen müssen: „Wie war es wirklich?“, dann
sind Kreativität und Imagination gefordert. Ein weiterer
überaus interessanter Punkt, der sich aus diesem Projekt
für die Studierenden entwickelt: In der Nähe von Troja
soll bald ein Museum gebaut werden und Prof. Knoll sieht
darin ein schönes, praxisnahes Thema für eine Diplomarbeit.
J.
Alber
KONTAKT
Institut für Darstellen und Gestalten, Lehrstuhl 1, Prof.
Wolfgang Knoll, Keplerstr. 11, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3220,
Fax 0711/121-3740, e-mail: knoll@idg.uni-stuttgart.de
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