Die
Wertschöpfungsketten von Industrie, Handwerk und Handel
funktionieren so, daß ein Kundenauftrag Materialien in
Bewegung setzt, die Produktionstechnik daraus Teile erzeugt,
die zu Produkten zusammengebaut werden können, und die
Logistik alle notwendigen Verknüpfungen von Arbeitsplätzen
und die Ordnungsvorgänge in der Distribution bis hin zur
Entsorgung plant und durchführt. Die Logistik konzipiert
und steuert also den von einem Kunden gewünschten Ordnungsprozeß
zur Abwicklung seines Auftrags und stellt damit die Ordnung
aller Komponenten einer Bestellung zu einer bestellten
Zeit, am bestellten Ort, in dem bestellten Produkt her;
dort erfüllt das Produkt seine Funktion und wird nach
seinem Verschleiß möglichst wieder in den Anfangszustand
zurückversetzt.
Logistikmethoden
bei Verkehrsproblemen
Im
Transportbereich muß das Logistikmanagement gleichzeitig
teilweise widersprüchlichen internen und externen Zielen
gerecht werden: der Einhaltung der Termine, der Minimierung
von Transportzeit und -kosten für jeden Transportauftrag,
der Maximierung der Verkehrsträgerauslastung oder der
Minimierung des bereitgestellten und des mobilen Transportgutes.
Es ist klar, daß solche Randbedingungen nur durch eine
Optimierung sinnvoll zu einem Ausgleich geführt werden
können. Zur gesamtheitlichen Optimierung komplexer, „großer“
Strukturen sind bisher noch keine brauchbaren Verfahren
bekannt geworden. Deshalb zergliedert man solche Systeme
in der Logistiksystemplanung, betrachtet den Material-,
Informations- und Wertefluß getrennt als synchronisierbare
Ereignisketten in der Zeit und achtet auf deren logische
Verknüpfungen. Diese großen Ereignisketten lassen sich
weiter vereinfachen durch Auftrennung an Stellen geringer
Aktivität in analysierbare „kleinere“ Prozeßabschnitte,
welche dann - jeweils unter plausiblen Randbedingungen
an den Schnittstellen - berechnet werden. So läßt sich
wenigstens eine in der Nähe des Optimalpunktes liegende
Lösung für das betreffende Teilproblem finden.
Das
Verkehrsproblem aus der Perspektive der Logistiksystemplanung
Mit der städtebaulichen Entwicklung entstand eine vernetzte
Infrastruktur zur Ver- und Entsorgung der Ballungsräume
und es entwickelte sich deren Anbindung an die makroökonomische
Infrastruktur größerer Gemeinwesen. Viele Dienstleister
von Stadtwerken, Verkehrsbetrieben, Speditionen, Bahn,
Post, Telekom, Providern bis hin zu Taxi-Unternehmen und
den Betreibern von Mobilfunknetzen bieten dem Bürger ihre
Dienste an. Die Logistik befaßt sich bei ihrer Modellbildung
nicht allein mit dem individuellen Mobilitätswunsch, sondern
sie versucht, das Verkehrsproblem für ganze Nutzergruppen
mit gleichen Mobilitätsmerkmalen zu lösen. Als Gruppenparameter
werden Merkmale beschrieben, die von außen beeinflußbar
sind und so das Mobilitätsverhalten der Nutzergruppen
in einem bestimmten Zeitrahmen steuerbar gestalten. Für
diese Cluster wird zuerst die bestmögliche Auslastung
der einzelnen Verkehrsträger und danach eine etwa gleichmäßige
Auslastung der gesamten Transportnetze im optimalen Modal-Split
(Aufteilung auf die verschiedenen Verkehrsträger) gesucht.
Als Optimierungsziel für die Transportlogistik wird das
Minimum an Ressourcenverbrauch für die gesamte Transportarbeit
angesehen, was sich im Einzelfall auf die Gestaltung jeder
Transportrelation auswirken kann. Der Grad der Ressourceneinsparung
in einer Gesellschaft, die hier vereinfachend selbst als
Summe von Nutzergruppen für industrielle Produkte/Leistungen
angesehen wird, hängt entscheidend auch davon ab, wie
die Verfügungsrechte und -pflichten in jedem Auftrag zwischen
Hersteller, Betreiber und Nutzer eines Logistiksystems
aufgeteilt werden. Eine Gleichverteilung von Chancen und
Risiken im gesamtheitlich betrachteten Leistungsprozeß
sowie sinnvoll gestaltete Schnittstellenvereinbarungen
zwischen den einzelnen Wertschöpfungsstufen ersparen für
alle Beteiligten sinnlosen Aufwand. Benötigen marktaktive
Nutzergruppen ein vorhandenes Verkehrsmittel nicht zur
gleichen Zeit, so stellt eine unter diesem Aspekt gut
organisierte Mehrfachnutzung dieses Verkehrsmittels eine
für jeden Nutzer ressourcensparende Alternative zum Kauf
und damit zur Erzeugung eines entsprechenden Verkehrsmittels
dar.
Erste
Anwendungen von Logistikmodellen auf spezielle Probleme
des Verkehrs
Die Lösung von Verkehrsproblemen ist für die Städte lebensnotwendig.
Ein Modell der Ballungsraum-Logistik sollte für alle dort
mobilen Gruppen gleichzeitig die Verkehrsnachfrage, das
heißt Verkehrserzeugung, Verkehrsverteilung und Modal-Split,
im Modellansatz berücksichtigen können. In den folgenden
Beispielen wird die Clusterbildung für die Logistiksystemplanung
in ihrer Anwendung auf das sozioökonomische System „Personen-
und Güterverkehr“ gezeigt. Die Beförderung von Menschen
im Berufs- und Geschäftsverkehr ist bei den heute existierenden
Großfirmen (für Stuttgart beispielsweise DaimlerChrysler,
Bosch, IBM, HP, SEL etc.) eine Notwendigkeit. Ein Projekt
des Instituts für Fördertechnik und Logistik (IFT) zum
„Car-Pooling“ zeigt eine neuartige Nutzung einer Pkw-Fahrzeugflotte
durch Kurzzeitmiete für Personengruppen, welche die Mobilität
nicht gleichzeitig benötigen, mit nebenbei erzielter sehr
guter Entlastung des öffentlichen Raums. Die Aktivitäten
im städtischen Berufsverkehr machen nur etwa 20 Prozent
der gesamten Verkehrsleistung in Personenkilometern aus,
führen jedoch regelmäßig zu Störungen in der „rush hour“,
die durch eine, für das vorhandene Wegenetz unverträgliche,
Gleichzeitigkeit von Mobilitätsnachfrage entsteht. Das
Netzmodell des IFT für den Berufspendelverkehr arbeitet
mit Bündelungsstrategien zur Bildung von Fahrgemeinschaften
und einer Zeitsteuerung von Verkehrsgruppen im aus dem
Wegenetz abgeleiteten Netzgraphen (zweistufige Clusterbildung)
zur Bekämpfung solcher Störungen (siehe dazu auch im folgenden
den Artikel über Fahrgemeinschaften).
Aus diesem logistisch orientierten Modellansatz soll ein
neues Instrument zur Problemlösung und zur Optimierung
der Verkehrsplanung entwickelt werden.
Horst
J. Roos