Stuttgarter unikurier
Nr. 84/85 April 2000 |
Kurz berichtet |
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Workshop
zu Kultur und Technik
Sind
der historischen Dimension des Technischen Möglichkeiten
für einen zukünftigen Umgang mit der Technik zu entnehmen?
Dieser Frage gingen Kulturtheoretiker und Philosophen
gemeinsam in einem Werkstattgespräch nach, das von der
Abteilung für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie
der Universität Stuttgart in Kooperation mit dem Zentrum
für Kulturwissenschaften und Kulturtheorie organisiert
wurde. Als gescheiterte Versuche der begrifflichen Annäherung
an die Technik galten die bloß definitorisch-klassifizierende
und periodisierende Sicht ebenso wie die kulturphilosophische
und kulturpessimistische und auch die mathematisch-formale
Sichtweise. Auf diesem Hintergrund zeichnete sich die
Einsicht ab, daß Technik nur in Handlungskontexten vollzogen,
identifizierbar und deshalb auch geschichtlich wird. Wolfgang
König (Ordinarius für Technikgeschichte an der TU-Berlin)
zeigte, daß sowohl Definitionen des Technischen wie auch
die kulturhistorische Perspektive keinen einheitlichen
Gegenstandsbezug liefern. Beide Positionen bekommen das
Technische selbst nicht in den Blick und vermögen nur
seine Auswirkungen zu identifizieren, ohne ein Verhältnis
zum Technischen selbst erzeugen zu können. Und wird der
begriffliche Graben zwischen Kultur und Zivilisation einmal
akzeptiert, trennt sich die philosophische Reflexion vom
Technischen gedanklich ab. Die Folge ist, so konstatierte
Elke Uhl (Universität Stuttgart), daß das Erkennen von
Einsatzmöglichkeiten für die ethische Reflexion geradewegs
verhindert wird. Diese Konsequenz zeige sich besonders
am Beispiel der kulturpessimistischen Technikphilosophien,
erläuterte Christoph Hubig (Universität Stuttgart), die
gar nicht mehr in der Lage seien, zwischen Verwendung
und Herstellung von Technik zu unterscheiden und so zwangsläufig
auf Möglichkeiten des Umgangs mit Technik verzichten müssen.
Eine mögliche Koordinierung von technikphilosophischer
und kulturtheoretischer Perspektive, darauf machten sowohl
König als auch Karl Hörning (Ordinarius für Soziologie
an der RWTH Aachen) aufmerksam, lasse sich jedoch dann
vornehmen, wenn statt des technischen Artefakts das technische
Handeln in den Blick genommen wird. Reflexion und Technik
werden dann verstanden als Koordinierung von Handlungen
und gehören beide zu einer allgemeinen Handlungspraxis.
Reflexionshandeln und technisches Handeln können auf der
Grundlage der begrifflichen Differenzierung von Herstellungs-
und Verwendungskontext jetzt auch koordiniert werden,
da sie in einem wechselseitigen Antizipationsverhältnis
stehen. Zur Herstellung muß auf die Verwendung rekurriert
werden, und wer nach einer Anwendung verlangt, ist auf
die Machbarkeit angewiesen, ohne daß beide Kontexte aufeinander
reduziert werden können.
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Schülerinnen-Projekt
wieder erfolgreich
Anfang
März ging die dritte Runde des Schülerinnen-Projekts „Probiert
die Uni aus! Naturwissenschaften und Technik für Schülerinnen
der Oberstufe“ erfolgreich zu Ende. Ab Mitte Januar präsentierten
Mitarbeiterinnen und Studentinnen verschiedener natur-
und ingenieurwissenschaftlicher Disziplinen an acht Projektnachmittagen
mit viel Engagement ihre Arbeitsgebiete. Rund 140 Schülerinnen
aus Stuttgart und Umgebung nutzten diesen Service. Fast
alle haben dabei in mehrere Fächer „hineingeschnuppert“,
so daß die Gesamtzahl der Teilnehmerinnen in den dreizehn
angebotenen Studiengängen von Bauingenieurwesen bis Werkstoffwissenschaft
bei 234 lag. Der Spitzenreiter war diesmal die Informatik
mit 32 Teilnehmerinnen, auf Platz zwei rangiert die Physik
mit 28, dicht gefolgt von Mathematik mit 27 und Luft-
und Raumfahrttechnik mit 26. Die Resonanz bei den Schülerinnen
war auch diesmal wieder überwiegend positiv. Nachdem bereits
einige Teilnehmerinnen früherer Projektrunden ein entsprechendes
Studium an der Uni Stuttgart begonnen haben, wird zur
Zeit intensiv über die Fortsetzung des Projekts im Wintersemester
2000/01 nachgedacht.
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Festkolloquium:
Ortsnamenforschung in Südwestdeutschland
Zu
Ehren von Dr. Lutz Reichardt, Ortsnamensforscher und Bibliothekar
an der Universitätsbibliothek Stuttgart, fand am 10. Dezember
1999 ein Festkolloquium „Ortsnamenforschung in Südwestdeutschland.
Eine Bilanz“ statt. Reichardt, der Ende 1999 sein 65.
Lebensjahr vollendete, war im November mit dem Schillerpreis
der Stadt Marbach ausgezeichnet worden (der Uni-Kurier
berichtete). Seit 1984 als Leiter der Katalogabteilung
und Fachreferent für einen großen Teil der Geisteswissenschaften
tätig, hat Lutz Reichardt nach seiner Promotion über hessische
Ortsnamen im Jahr 1972 seit 1982 in zehn Bänden die Ortsnamen
von insgesamt elf württembergischen Kreisen beschrieben.
Neben einer Liste aller belegbaren Schreibweisen der aufgrund
von Befragungen älterer Einwohner erhobenen heutigen mundartlichen
Aussprache steht die spachwissenschaftliche Deutung der
Namen. So entstand eine einzigartige Darstellung der Ortsnamen
eines geschlossenen Gebiets in der Mitte und im Norden
Württembergs, die gleichzeitig alt- und neuwürttembergische
Gebiete auf beiden Seiten der schwäbisch-fränkischen Sprachgrenze
umfaßt. Daneben verfaßte Reichardt zahlreiche Aufsätze
zur Namenskunde, darunter auch über die württembergischen
„ingen“-Namen.
KONTAKT
Universitätsbibliothek Stuttgart, Holzgartenstr. 16, 70174
Stuttgart, Tel. 0711/121-2222, Fax 0711/121-2273, e-mail:
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