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Stuttgarter unikurier Nr. 84/85 April 2000
VEGAS-Kolloquium und Workshop:
Deutsche Altlastenforscher treffen europäische Altlastbesitzer
 

„Beiträge zur Lösung eines europäischen Problems“ oder „deutsche Altlastenforscher treffen europäische Altlastbesitzer“. Mit diesen Stichworten kann das deutschsprachige Statuskolloquium der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung (VEGAS) skizziert werden, das in Verbindung mit dem englischsprachigen VEGAS/NICOLE-Workshop vom 29. bis 30. September 1999 an der Universität Stuttgart stattfand. Zirka 200 Fachleute aus ganz Europa waren der Einladung gefolgt. Die positive Resonanz der Teilnehmer aus Wissenschaft, Verwaltung und Industrie bestätigte die Veranstalter in ihrem Konzept dieser interdisziplinär und europäisch ausgerichteten Tagungen.

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Beim VEGAS-Statuskolloquium stellten Stuttgarter Wissenschaftler und ihre Forschungspartner die Ergebnisse zahlreicher, in der Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung gewonnener Forschungsprojekte vor. Auf dem Programm standen Ergebnisse numerischer Modellierung von im Boden ablaufenden komplexen Prozessen, Resultate von Projekten, die sich mit Erkundungsverfahren zur Detektion von Schadstoffen im Untergrund befassen, sowie Fragen des mikrobiellen Abbaus von Schadstoffen im Grundwasser und deren Emissionsverhalten; einbezogen sind dabei sowohl organische Schadstoffe - wie sie bei alten Gaswerkstandorten in Form von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) vorliegen - als auch anorganische Schadstoffe wie Arsen und Chromverbindungen. Wissenschaftler des Instituts für Wasserbau berichteten über die in der VEGAS-Anlage entwickelten bzw. optimierten In-situ-Sanierungsverfahren, etwa für Sanierungen in Grundwasserleitern mit verschiedenen Brunnensystemen und teilweise unterstützt durch die Zugabe von Tensiden (wie sie in ähnlicher Form auch in Waschmitteln verwendet werden). Für den Untergrund zwischen Geländeoberfläche und anstehendem Grundwasser, der sogenannten ungesättigten Bodenzone, wurde das in VEGAS zur Einsatzreife entwickelte Verfahren der thermisch unterstützten Bodenluftabsaugung (TUBA) vorgestellt; dieses Verfahren wird bereits bei einer Pilotsanierung in Mühlacker bei Pforzheim eingesetzt. Der anschließende VEGAS/NICOLE-Workshop stand unter dem Motto „Technologietransfer unter besonderer Berücksichtigung von ökologisch geeigneten und kostengünstigen Verfahren“. Gemeinsam mit dem europäischen Netzwerk NICOLE (Netzwerk für kontaminierte Industriestandorte in Europa) wurde dieses Thema aus Sicht der Altlastbesitzer, Sanierungsplaner und -firmen, der Politik (Verwaltung/Behörden) sowie der Wissenschaftler und Technologieentwickler behandelt.

Kontaminierte Industriestandorte sanieren
Das Netzwerk NICOLE wurde im Februar 1996 als konzertierte Aktion der EU gegründet und von ihr gefördert. Initiatoren waren - gemeinsam mit großen Forschungseinrichtungen - insbesondere die Erdöl- und chemische Industrie in Europa, die zu den großen Altlastbesitzern gehört. Nach dreijähriger EU-Finanzierung wird es inzwischen ausschließlich von der Industrie finanziert; als deutscher Vertreter bringt ein Mitarbeiter des Instituts für Wasserbau in der NICOLE Steering-Group (Lenkungsgremium) die wissenschaftlichen Aspekte ein. Ziel dieses Netzwerks ist es, ein europäisches Forum für den Erkenntnisaustausch über kontaminierte Standorte zu schaffen, interdisziplinäre gemeinsame Forschung und Technologieentwicklung zu initiieren, zu unterstützen und den Forschungsbedarf zu identifizieren; so soll es der Industrie ermöglicht werden, kontaminierte Standorte effizienter und kostengünstiger zu erkunden, zu beurteilen und zu sanieren. In seiner Begrüßungsansprache hob Prof. Dr. Helmut Kobus, Direktor des Instituts für Wasserbau der Universität Stuttgart, die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit sowohl auf dem Gebiet der Sanierungsforschung als auch in der Lehre hervor. Hierzu verwies er auf den vom Institut initiierten und federführend durchgeführten internationalen Studiengang Water Resources Engineering and Management; die ersten Absolventen dieses sehr erfolgreichen Studiengangs wurden im Oktober 1999 verabschiedet (siehe dazu den Bericht in der Rubrik „Internationale Beziehungen“ in diesem Heft). Auf die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit und insbesondere des Technologietransfers verwies auch Stefan Gloger (Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg und Vorsitzender des VEGAS-Beirats). Jürgen Büsing von der Europäischen Kommission berichtete über die hohe Qualität der vor kurzem im Rahmen des 5. Rahmenprogramms der EU eingereichten Projektvorschläge zur Altlastensanierung. Dies sei unter anderem auch der NICOLE-Gruppe zu verdanken, die bei der Gestaltung des Rahmenprogramms aktiv mitgewirkt habe.


Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kolloquiums hatten auch Gelegenheit, die laufende Pilotsanierung in Mühlacker bei Pforzheim vor Ort in Augenschein zu nehmen. Auf unserem Foto erläutert VEGAS-Mitarbeiter Reinhard Schmidt (Mitte) die Funktionsweise. (Foto: Institut)
Mit NICOLE gegen Altlasten
Nach einführenden Vorträgen über das NICOLE-Netzwerk und die Zielsetzungen und Forschungsmöglichkeiten von VEGAS machten Vertreter des Bundesministeriums für Umwelt, der Deutschen Bahn AG sowie des Ingenieurtechnischen Verbands Altlasten deutlich, welche Fortschritte bei der Altlastenbearbeitung innerhalb der Gesetzgebung gemacht wurden und wie künftig ein zielgerichtetes Projektmanagement bei der Behandlung von Altlastenproblemen funktioniert. Von großer Bedeutung ist dabei vor allem die Wiedernutzbarmachung von Brachflächen in Deutschland mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung des Flächenverbrauchs. Besonders wichtig ist die Rückführung von Industriestandorten in den Wirtschaftskreislauf in Ballungsräumen; bei der Beurteilung solcher Brachflächen für eine spätere Nutzung gilt es, Methoden der Risikobewertung anzuwenden. Im Hauptthemenblock stellten Stuttgarter Wissenschaftler die Ergebnisse großskaliger Technologieexperimente bis hin zu pilothaften Feldanwendungen vor. Sie berichteten über neueste Entwicklungsergebnisse für In-situ-Verfahren, die durch Zugabe geeigneter Stoffe ins Grundwasser, wie etwa Tenside, Mikroemulsionen oder Alkohole, eine im Vergleich zu konventionellen Verfahren wesentlich effektivere Reinigung von kontaminierten Grundwasserleitern ermöglichen. Diese innovativen Technologien müssen mit viel Sachverstand und großer Sorgfalt angewendet werden. Unter dieser Voraussetzung ermöglichen solche ökologisch verträglichen, effizienten und kostengünstigen Sanierungsverfahren eine zuverlässige Dekontamination bzw. Reinigung der Grundwasserleiter. Im Abschlußvortrag wurden Konzepte und Ansätze vorgestellt, die zur Zeit in Baden-Württemberg unter dem Stichwort „FIGURA“ für die Wiedernutzbarmachung von Brachflächen entwickelt werden. /zi

KONTAKT
Versuchseinrichtung zur Grundwasser- und Altlastensanierung VEGAS, Institut für Wasserbau, Universität Stuttgart, Pfaffenwaldring 61, D-70550 Stuttgart, Dr.-Ing. Hans-Peter Koschitzky, Technischer Leiter, Tel. 0711/685-4716, Fax 0711/685-7020; e-mail: vegas@iws.uni-stuttgart.de. Internet: http://www.iws.uni-stuttgart.de


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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