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Stuttgarter unikurier Nr. 86 September 2000
Letzte Sitzung des Großen Senats:
Neue Prorektoren gewählt
 

Der Große Senat der Universität Stuttgart hat am 7. Juni die neuen Prorektoren für das Rektorat unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Dieter Fritsch ab 1. Oktober 2000 gewählt. Dies sind als Prorektor Lehre und Weiterbildung Prof. Dr.-Ing. Peter Göhner (Direktor des Instituts für Automatisierungs- und Softwaretechnik), als Prorektor Struktur Prof. Dr. Christoph Hubig (Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie) und als Prorektor Forschung und Technologie Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wehking (Direktor des Instituts für Fördertechnik und Logistik). Dieter Fritsch, selbst Jahrgang 1950, möchte mit seinem Team aus den Jahrgängen 1950 bis 1954 auch ein Zeichen für einen Generationswechsel setzen.

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„Ich hätte gerne eine Professorin mit an Bord gehabt“, betonte Prof. Fritsch vor der Wahl; allerdings sei die Auswahl nicht sehr groß. Er habe versucht, bei seinen Prorektoren die Bereiche Geistes- und Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften und Technik gleichermaßen abzudecken. Mit dem Mathematiker und Informatiker Göhner, der beide Disziplinen im Doppelstudium absolviert und in Elektrotechnik promoviert hat, habe er einen Kompromiß gefunden. Fritsch hob die Bedeutung der Frauenförderung hervor; neben Prorektor Hubig, der für Gleichstellungsfragen verantwortlich sein werde, werde er selbst dafür als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.


„Wir sind bestens gerüstet, schauen wir mit einer neuen
Mannschaft nach vorne“, kommentierte Rektor
Prof. Dr.-Ing. Günter Pritschow die Wahl: Von links die 
Professoren Göhner, Wehking, Fritsch und Hubig.
(Foto: Eppler)

Drei Ziele wolle er als Prorektor Lehre und Weiterbildung verfolgen, berichtete Prof. Göhner: Durch Multimedia-Lehrangebote der Universität zu mehr Attraktivität verhelfen, mit wissenschaftlicher Weiterbildung in Firmen ein „weiteres Standbein“ finden, durch Evaluation und Qualitätsmanagement „die Lehre transparent machen“. In der Diskussion warb er dafür, „Studierende als Kunden“ zu begreifen. Fünf „Brennpunkte“ nannte Prof. Hubig für seine Funktion als Prorektor Struktur: Eine nachhaltige Strukturplanung, die nur im Konsens mit Instituten und Fakultäten erreicht werden könne, und die Einrichtung von „Centers for Advanced Studies“, beispielsweise in den Bereichen Simulationstechnik sowie Kulturwissenschaften und Kulturtheorie. Weiter gelte es, mit Hilfe von „Poolprofessuren“ in der Strukturplanung zu sinnvollen Lösungen zu kommen, in die Leitbilddiskussion Zielvorstellungen und Machbarkeitsdimensionen einfließen zu lassen und eine sinnvolle Arbeitsteilung bei der Kooperation innerhalb der Stuttgarter Hochschullandschaft zu finden. Vor allem bei der Strukturplanung forderte Hubig die aktive Beteiligung der Fakultäten ein: „ Ich sehe mich nicht als Bauleiter der Großbaustelle Universität“. Prof. Wehking nannte als Hauptaufgaben für das Prorektorat Forschung und Technologie die Koordinierung der Forschungsgebiete innerhalb der Uni - dabei gelte es, die Interdisziplinarität zu fördern und das Drittmittelaufkommen zumindest zu halten -, gezielte Technologieentwicklung und die Umsetzung der Kosten- und Leistungsrechnung. Der Bereich Controlling wird aufgeteilt: Prof. Hubig deckt den strategischen und Prof. Wehking den operativen Part ab.
Auf Prof. Göhner entfielen 38 Stimmen bei sieben Nein-Stimmen und drei Enthaltungen, auf Prof. Hubig 32 Stimmen bei zehn Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen und auf Prof. Wehking 35 Stimmen bei acht Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Die Amtszeit der neuen Prorektoren beträgt nach dem neuen Universitätsgesetz drei Jahre, die des Rektors sechs Jahre.
Das neue Team löst die bisherige Mannschaft um Prof. Pritschow ab mit den Prorektoren Prof. Dr.-Ing. Klaus R.G. Hein (Forschung und Technologie), Prof. Dr. Erich Zahn (Struktur) und Prof. Fritsch (Lehre). 
Dies war die letzte Sitzung des Großen Senats der Universität Stuttgart, der nach dem neuen Universitätsgesetz nicht mehr vorgesehen ist. Der Vorsitzende dieses Gremiums, Prof. Dr. Hans Tiziani, der diese Funktion fast 14 Jahre innehatte (siehe dazu den folgenden Beitrag), wurde mit lang anhaltendem, herzlichen Applaus verabschiedet. /zi

 

Die neuen Prorektoren in Kürze

Rektoratsübergabe

Am Dienstag, den 24. Oktober findet um 18.00 Uhr im Hörsaal 17.01 die Rektoratsübergabe statt. Nach der Begrüßung durch Altrektor Prof. Dr. Franz Effenberger und der Verabschiedung von Prof. Dr.-Ing. Günter Pritschow, der die Universität Stuttgart von 1996 bis 2000 als Rektor führte, wird dieser die Amtskette seinem Nachfolger und bisherigen Prorektor Lehre, Prof. Dr.-Ing. Dieter Fritsch, übergeben. Im Anschluß an die Ansprache von Wissenschaftsminister Klaus von Trotha wird der neue Rektor in seinem Festvortrag das Thema „Weiterbildung per Internet - Offensive der Universität Stuttgart“ behandeln. Musikalisch umrahmt wird die Feier vom Akademischen Orchester. 

Prof. Dr.-Ing. Peter Göhner, 1950 in Stuttgart geboren, studierte Mathematik und Informatik an der Uni Stuttgart, war anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Regelungstechnik und Prozeßautomatisierung. Nach der Promotion zum Dr.-Ing. war er zunächst Geschäftsführer der Firma GPP (Gesellschaft für Prozeßrechner-Programmierung mbH), später geschäftsführender Gesellschafter der Firma ist (innovative software technik GmbH) in München. 1995 kehrte er als Leiter des Instituts für Automatisierungs- und Softwaretechnik (IAS) an die Uni Stuttgart zurück. - Schwerpunkte seiner Forschung sind unter anderem angewandtes Software Engineering, die komponentenbasierte Entwicklung von Automatisierungssystemen, Zuverlässigkeit und Sicherheit von Automatisierungssystemen, Kfz-Elektronik-Systeme, wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung sowie Qualitätsmanagement in Lehre und Forschung. Bereits 1997 wurde das IAS als erstes Hochschulinstitut in Baden-Württemberg für den Geltungsbereich „Lehre und Forschung“ nach ISO 9001 zertifiziert. Prof. Göhner ist stellvertretender Vorsitzender des VDI Württemberg, Vorstand des Informatik Verbundes der Universität Stuttgart (IVS), Beiratsmitglied der Gesellschaft für Meß- und Automatisierungstechnik (GMA) und Gutachter der Bayerischen Forschungsstiftung.

Prof. Dr. Christoph Hubig, 1952 in Saarbrücken geboren, studierte Philosophie, Soziologie und Kulturwissenschaften in Saarbrücken und Berlin. Auch Musikwissenschaften hat er - wie er vor dem Großen Senat berichtete - „meiner Leidenschaft entsprechend studiert und abgeschlossen“. Er promovierte 1976 zum Thema „Dialektik und Wissenschaftslogik“ und habilitierte sich 1983 mit einer Grundlagenstudie zur Handlungstheorie. Nebenbei absolvierte er ein Aufbaustudium Maschinenbau und hatte Professuren für Praktische Philosophie/Technikphilosophie in Berlin, Karlsruhe und Leipzig inne. Rufe nach Jena, Cottbus und Rostock lehnte er ab; im April 1997 übernahm er den Lehrstuhl für Wissenschaftstheorie und Technikphilosophie an der Universität Stuttgart. In der Forschung befaßt er sich unter anderem mit den Themen angewandte Technikethik, Ethik institutionellen Handelns, Nachhaltigkeit, Ingenieurverantwortung oder Expertendilemma. Prof. Hubig ist zudem bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft Fachgutachter für „Systematische Philosophie“, ist im VDI Vorsitzender des Bereichs „Mensch und Technik“ und dort in zahlreichen Ausschüssen aktiv, darunter Ethische Ingenieurverantwortung, Wissensgesellschaft, Technikbewertung. Prof. Hubig ist unter anderem Vorstandsmitglied der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland e.V., Geschäftsführer des Alcatel SEL-Stiftungskollegs Stuttgart und Herausgeber der Zeitschrift „Dialektik - Zeitschrift für Kulturphilosophie“.

Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wehking, 1954 in Minden geboren, studierte Maschinenbau an der Universität Dortmund. Nach der Promotion 1986 war er als Abteilungsleiter am Fraunhofer-Institut für Transporttechnik und Warendistribution in Dortmund verantwortlich für den Aufbau der neuen Arbeitsgebiete Entsorgungslogistik, Verkehrs- und Handelslogistik und am Lehrstuhl für Förder- und Lagerwesen der Universität Dortmund als Oberingenieur für den Schwerpunkt konstruktive Fördertechnik. 1989 machte er sich mit dem Ingenieur- und Consultingbüro LogTech (Logistik Technologie GmbH) in Dortmund selbständig. Als geschäftsführender Gesellschafter etablierte er das Unternehmen in den Bereichen der Automatisierung von förder-, lager- und handhabungstechnischen Prozessen im allgemeinen Feld der Logistik sowie als Spezialbüro für den Industriezweig Entsorgungslogistik. Seit August 1995 leitet Prof. Wehking als geschäftsführender Direktor das Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart. Forschungsschwerpunkte am Institut sind Seilforschung und -anwendung, Entsorgungslogistik, fördertechnische Maschinen und Baumaschinen sowie Lagertechnik und Logistik. Seit dem Frühjahr 2000 ist Karl-Heinz Wehking Fachgutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft für den Bereich Fördertechnik.


Hans Tiziani.
(Foto: Eppler)

Zur Verabschiedung von Hans Tiziani und dem Ende eines Gremiums
In dieser Funktion werden ihn viele vermissen. Mit dem ihm eigenen Charme, mit Behutsamkeit und der notwendigen Hartnäckigkeit leitete Prof. Dr. Hans Tiziani, im „Hauptberuf“ Direktor des Instituts für Technische Optik, seit 1987 die Sitzungen des Großen Senats. Sieben Rektorwahlen, neun Prorektorwahlen und drei Grundordnungsänderungen hat er dabei in fast 14 Jahren über die Bühne gebracht. Oftmals galt es dabei, im Vorfeld Gemüter zu beruhigen und Weichen zu stellen. „Sie haben Rektoren kommen und gehen sehen“, sagte Prof. Pritschow in seiner Dankesrede. Es sei auch Tizianis Verdienst, betonte Pritschow, daß die Universität Stuttgart in der Öffentlichkeit nie negativ aufgefallen sei. „Wir hätten Sie bis zur Pensionierung behalten wollen, wenn dies nicht der Minister zu verhindern gewußt hätte“, meinte er in Anspielung auf das neue Universitätsgesetz. Pritschow berichtete kurz über die bis ins Jahr 1876 zurückreichende Geschichte des Großen Senats an der Universität Stuttgart, beziehungsweise damals des Polytechnikums. Später wurde daraus der Lehrerkonvent, ab 1900 der Senat, die Teilung in den Großen und „Kleinen“ Senat erfolgte 1921. Nach dem Bruch im Dritten Reich und der Durchsetzung des „Führerprinzips“ im November 1933 tagte das Gremium erst wieder nach dem Ende des Krieges 1945/46. Allerdings sind aus dieser Zeit keine Protokolle erhalten. Heute schwer vorstellbar, aber damals bittere Realität: im Mai 1948 verabschiedeten die Mitglieder des Großen Senats eine Resolution zur „Unterernährung des Lehrkörpers“; die Hochschulangehörigen seien „vollständig erschöpft“ heißt es in einem Protokoll. 1958 war die Zeit der Not längst überwunden. Da hatten die Senatoren über die Anschaffung von Talaren zu befinden. Und - wie in solchen Fällen nicht selten - gab es eine Kommission, die über Stoff- und Farbauswahl diskutieren durfte. Talare werden an der Universität Stuttgart seit 1969 nicht mehr getragen. Und den Großen Senat gibt es nun auch nicht mehr. Schwäbisch-rustikal „begingen“ die Mitglieder das Ende dieses Gremiums bei Brezeln und Wein. /zi

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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