Stuttgarter unikurier
Nr. 87 April 2001 |
Uniabend
mit Erwin Staudt:
Chancen
der Informationsgesellschaft |
Nach
Erstsemesterabend, Uniball und Sonntagsmatinee schlug
die Universität Stuttgart am 7. November mit dem Universitätsabend
innerhalb kurzer Zeit zum vierten Mal eine Brücke zur
Öffentlichkeit - wie üblich mit aktuellem Thema und bekanntem
Redner.
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Erwin
Staudt. (Foto: Hass) |
Erwin
Staudt, Vorsitzender der Geschäftsführung der IBM Deutschland,
nahm sich des Themas „Chancen der Informationsgesellschaft“
an. Den Zuhörern bot sich so auch Gelegenheit, ein Mitglied
des neuen Universitätsrats der Universität Stuttgart kennenzulernen,
sagte Rektor Prof. Dieter Fritsch. Der 1948 in Leonberg
geborene Staudt schloß das Studium der Wirtschaftswissenschaften
an den Universitäten Stuttgart und Freiburg 1973 ab und
trat im gleichen Jahr in die IBM Deutschland ein. Nach
verschiedenen Positionen leitete er von 1986 bis 1989
die Berliner Geschäftsstelle, übernahm 1989 als Generalvollbemächtigter
die Leitung des Bereichs Kommunikation/Öffentlichkeitsarbeit
in der Stuttgarter Hauptverwaltung, war 1992/1993 verantwortlich
für das PC-Geschäft in Deutschland und übernahm nach unterschiedlichen
Aufgabenbereichen, darunter General Manager für Competitive
Marketing in der IBM Europa Zentrale Paris, am 1. November
1998 den Vorsitz der Geschäftsführung. Noch gut erinnere
er sich der Zeiten, als Maschinen zu 100 Prozent Mechanik
waren, berichtete Staudt. Dies sei heute jedoch ebenso
wenig praktikabel wie die weitere Arbeit nach dem Prinzip
„trial and error - sonst ist man weg vom Markt“. Eine
solche Dynamik wie die heute von den Möglichkeiten der
Technologie getriebene habe er in seinen 27 Geschäftsjahren
noch nie erlebt. Heute unvorstellbar: Das Telefon benötigte
55 Jahre, um ins Haus zu kommen und führende Wissenschaftler
sahen es einst als „probates Mittel, um Opern aus der
Stadt in abgelegene Farmhäuser zu übertragen“. International
hat sich ein enormer Wettbewerb entwickelt - 1999 existierten
nur noch zwei der „Top Ten Firmen“ von 1989 - IBM gehörte
dazu - , und „wer möchte darauf wetten, welche der Top
Ten von 1999 es 2009 noch geben wird“, fragte Erwin Staudt
die Zuhörer. Alle 18 Monate verdopple sich die Rechnerkapazität,
die Rechnerleistung, die heute in jedem Handy zu finden
sei, füllte bei der Mondlandung 1996 das von IBM entwickelte
Rechenzentrum der NASA und das einstige Apolloprogramm
sei heute in jedem Laptop enthalten. Heute ist dies alles
wohl so schwer vorstellbar wie es auch die Aussichten
auf den neuen Super-Rechner sind, der rund 12 Billionen
Rechneroperationen pro Sekunde vollbringen kann - gegenüber
dem Gehirn mit 100 Billionen noch etwas wenig, doch schon
für 2004 sei ein gleichrangiger Nachfolger geplant.
Verbesserungen
für die ganze Menschheit sieht Erwin Staudt in dieser
Entwicklung: Gefahrlose Simulation von Kernreaktionen
am Rechner oder effektive Arbeit an den „Geiseln der Menschheit“,
ob Alzheimer oder Krebs. Wenn überhaupt Probleme, dann
sieht diese Staudt darin, aus den vielen Informationen
auszuwählen und dabei nicht den Überblick zu verlieren.
Immerhin: In der Wochenendausgabe der New York Times sind
so viele Informationen enthalten, wie sie ein Mensch des
17. Jahrhunderts während seines ganzen Lebens nicht aufgenommen
hat. Trotzdem: Neue Technologien und die Besteigung des
Mount Everest - bei diesem sieht Erwin Staudt die Mannschaft
noch im Basislager; denn seiner Meinung nach werden noch
viele Veränderungen folgen - in Wirtschaft, Medizin oder
Politik. Wahlen im Internet kann er sich ebenso gut vorstellen
wie den Einkauf per Internet. Das Einkaufsverhalten und
die Kundenbeziehungen werden sich ändern und schon jetzt
gelte immer öfter „24 / 7 / 365“ (24 Stunden, 7 Tage pro
Woche, 365 Tage im Jahr). Immer sei der Kunde König. Wenn
jedoch Service rund um die Uhr überall gilt, dann zählt
beim Kunden der sogenannte Mehrwert, und an dem arbeitet
IBM. Nicht nur Technik anbieten, sondern hilfreiche Technik
und den Kunden davon überzeugen, daß er sie gebrauchen
kann. Viel Arbeit und interessante Perspektiven sieht
Erwin Staudt darin für die Jugend, der er ein Ingenieur-
oder Informatikstudium nahelegt. Wie allerdings die Zukunft
älterer Mitarbeiter in den Zeiten der neuen Informationsgesellschaft
aussieht, wo „web-born Mitarbeiter gefragt sind“, darauf
wußte auch der Vorsitzende der Geschäftsführung der IBM
Deutschland keine Antwort.
J.
Alber
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