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Stuttgarter unikurier Nr. 87 April 2001
Universität im Rathaus:
Wie real ist die virtuelle Stadt?
 

Ausflüge, Urlaubs- und Städtereisen - vom PC aus ist heute fast alles machbar, zumindest die Vorbereitung und ein erster Stadtbummel. Wichtige Hilfsmittel, um dies zu realisieren, bieten Geodäsie und Geoinformatik, denn erst wenn Städte und Landschaften dreidimensional erfaßt und für den Internet-Auftritt vorbereitet sind, kann der Besucher kommen. In der Reihe „Universität im Rathaus“ ging Prof. Dieter Fritsch, Rektor der Universität Stuttgart, am 31. Oktober im voll besetzten Stuttgarter Rathaussaal der Frage nach „Die virtuelle Stadt - Vision oder Wirklichkeit?“

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Derzeit ist sie noch Vision, doch „die virtuelle Stadt wird sicherlich realisiert“, ist Dieter Fritsch überzeugt, denn „sie ist nicht aufzuhalten“. Ständig nehme die Nachfrage nach geographischen Darstellungen von Städten und Gemeinden zu, da heutzutage alles im Internet abrufbar sein muß. Zunehmend gelte auch, daß die Präsentation aller Produkte im Internet in einem multimedialen Umfeld erfolgen und einem gewissen „Spaßfaktor“ Rechnung tragen sollte. Immer mehr Abwechslung und Vergnügen ist im Internet-Zeitalter gefordert und, so Prof. Fritsch, „auch die Geodäten müssen auf diesen Zug aufspringen“. Ihre Daten werden für Tourismusinformationssysteme nachgefragt, bilden die Grundlage für 3D-Darstellungen von Städten, werden bei der Navigation von Kraftfahrzeugen benötigt und können bei Bauprojekten oder beim Denkmalschutz ebenso hilfreich sein wie bei der Prognose des Stadtklimas. Besonders wichtig sind die Daten für den Einsatz von Rettungsdiensten. Doch bis ein virtuelles Stadtbild den realen Vorgaben möglichst genau entspricht, ist viel Arbeit angesagt. Am Anfang steht ein Flug über das zu erfassende Gebiet und dessen Laserscannung. Die so gewonnen 3D-Daten werden mit den Daten konventioneller Luftbilder überlagert, und dann sieht das Bild zunächst so aus, als wäre der Verpackungskünstler Christo am Werk gewesen - schön, aber nicht realistisch. Weitere Schritte führen zur Rekonstruktion der Dachneigungen. Die Textur von Dächern, Bäumen, Straßen wird aus den Luftbildern übernommen, und - um das Bild zu perfektionieren - dann bedarf es „nur noch“ der Fassaden. Viele „gehfreudige“ Studierende sind für diese Arbeit in den Städten unterwegs und erfassen mit einer Digitalkamera Fassade um Fassade, die dann ins Bild eingepaßt werden. Ein Prozeß, der an rechenstarken PC`s des Instituts noch jede Menge Detailarbeit erfordert. Anschließend kann es bei den realistischen Flügen über Stuttgart oder Heidelberg heißen: „Fasten your seatbelt please“.

Realistische Virtualität
Doch nicht nur virtuelle Überflieger können Realität erleben, auch Einblicke und Durchgänge in Gebäude sind machbar, wie ein Video von Studierenden eindrucksvoll bewies. Nach dem Flug über Stuttgarts Innenstadt, einer Kurve über dem Hauptbahnhof und der schwungvollen Umrundung von K2, K3 und K4 ging es direkt in den Hörsaal vom KI, und ein Blick in das Institut für Photogrammetrie von Dieter Frisch zeigte den Zuhörern nicht nur die Arbeitsräume der Doktoranden, sondern auch den „gläsernen Schreibtisch“ des Chefs. So realistisch ist die Virtualität. Neben den offensichtlichen Vorteilen der neuen Technik, z.B. Orientierung mit Hilfe von im Handy integriertem GPS-Empfänger und UMTS, virtuelle Museumsbesuche oder die Simulation des Stadtklimas, stellte der ganz reale Fachmann zum Abschluß auch einige Fragen: Wo bleibt das Recht auf Privatsphäre?, Öffnet die neue Technik Dieben Tür und Tor?, Muß alles technisch Machbare auch gemacht werden? Doch trotz allem: „Die virtuellen Umgebungen werden uns bald ganz normal vorkommen“, resümierte der Professor für Photogrammetrie und Vermessungswesen, denn „die Kunden von morgen sind die heutigen PC-Kids und für die ist der Computer schon ganz real“.

J. Alber

KONTAKT Institut für Photogrammetrie, Geschwister-Scholl-Str. 24D, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3386, Fax 0711/121-3297, e-mail: dieter.fritsch@ifp.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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