Prof.
Fritsch erinnerte an die Abschaffung der verfaßten Studentenschaft
in Baden-Württemberg im Jahr 1977. Als Reaktion darauf
wurde im November 1980 als unabhängige Studentenvertretung
die FaVeVe gegründet. Ziel war von Anfang an eine an den
konkreten Anliegen der Studierenden orientierte Arbeit.
Seitdem hat sich eine Vielzahl engagierter Studentinnen
und Studenten für dieses Ziel eingesetzt. Dieses Engagement,
meinte Fritsch, sei keineswegs selbstverständlich. Und
heute finde die FaVeVe, die zahlreiche Erfolge - darunter
das StudiTicket - vorweisen könne, auch beim Minister
Gehör.
Eine
Blüte ohne Chance?
„Ich weiß nicht, was Sie bewogen hat, einen Exrektor und
noch dazu den ältesten lebenden Rektor einzuladen, sagte
Karl-Heinz Hunken, der dieses Amt von 1971 bis 1980 innehatte.
Er warf einen „kritischen Blick zurück auf die in diesen
Jahren geforderte Drittelparität und auf entsprechende
Experimente an anderen Universitäten. In diesen Jahren
habe die „Ministerialbürokratie die Universitäten in den
Griff genommen“, stellte Hunken fest, der gegenüber den
Studenten eine harte Linie fuhr. „Eigentlich müssen wir
uns schämen, Ihnen damals nicht mehr Vertrauen eingeräumt
zu haben“, sprach Prof. Hunken nachdenklich die damals
aktiven Studentenvertreter an, die mit „selbstbewußter
Fröhlichkeit“ überzeugten. Und davon gaben nicht nur die
„Effizienten Algorhythmen“, Studierende der Informatik,
mit ihren musikalischen Einlagen einige Kostproben, sondern
auch ehemalige FaVeVe-Aktive, darunter Martin Himmelsbach
und Karl Reichenberger, als sie - sich wechselseitig die
Bälle zuspielend - über die Gründungszeit der unabhängigen
Studentenvertretung berichteten. „Die FaVeVe gibt es immer
noch“, stellte Martin Himmelsbach fest, auch wenn Werner
Brock in der Stuttgarter Zeit diese damals als „Eine Blüte
ohne Chance“ betitelt hatte. „Aber auch Journalisten können
sich irren“, meinte er. Allerdings habe man beim Aufruf
zur Gründung der unabhängigen Studentenvertretung am 8.
Mai 1979 „vor den Toren der Mensa mit Faßbier“ weder die
„Rednerliste noch das edle Ambiente“ der Jubiläumsfeier
vorhersehen können. Einig war man sich damals, daß die
neue Struktur allen Studenten offenstehen sollte und daß
die Fachschaften entscheidende Einheiten für die neue
Studentenvertretung waren, berichtete er. Und die Entwicklung
der FaVeVe sei „ein Stück gelebter Demokratie“. Walter
Nohlen, schon damals Leiter des Studentendezernats, bezeichnete
er als „Glücksfall für die Studenten“. Karl Reichenberger
erinnerte an die politisch aufgeheizte Situation und an
die Auseinandersetzungen im „Deutschen Herbst“ nach dem
Mord an Generalbundesanwalt Buback im Jahr 1977, auch
an den offenen Brief eines Göttinger Studenten unter dem
Pseudonym „Mescalero“, in dem dieser „klammheimliche Freude“
über den Mord äußerte und diese auch bei anderen Studenten
voraussetzte.
Kritiker
integriert
Streng genommen agierte die FaVeVe neben dem Allgemeinen
Studentenausschuß (ASTA) im rechtsfreien Raum, doch sie
wurde geduldet und sie hatte Erfolge: 1985 mit den Protesten
gegen die Schließung der Geisteswissenschaften - im Nu
war es damals gelungen, 3.000 Studierende, davon 2.000
Ingenieure, zu mobilisieren -, mit Aktionen gegen Rückmelde-
und Langzeitstudiengebühren oder Bafögkürzungen. Während
des Golfkrieges 1991 rief die FaVeVe den „kreativen Ausnahmezustand“
aus, protestierte gegen Rüstungsforschung oder die Eliteuniversität.
Konkrete Anliegen der Studierenden wurden in zahlreichen
Arbeitskreisen behandelt und oft gelöst, Themen wie Wohnen,
Computer oder öffentlicher Nahverkehr. Und parellel zur
Entpolitisierung der Studierenden entwickelte sich die
FaVeVe zur Dienstleisterin. „Größte Stärke der FaVeVe
war die Integration ihrer Kritiker“, berichtete Himmelsbach,
und die Fähigkeit, unterschiedliche Leute zur Zusammenarbeit
zu bringen.
Von
der Illegalität zur Legalität
Walter Nohlen, der die FaVeVe von Anfang an begleitet
und beim damaligen Rektor Hunken wiederholt für Unterstützung
geworben hat, skizzierte den Wandel von der Illegalität
zur Legalität. Und er hob die Kontinuität der von den
Studierenden geleisteten Arbeit hervor: „Daran wollten
wir nicht glauben, daß ohne Verfassung und ohne Struktur
soviel Kontinuität möglich sein würde.“ Ein engagiertes
Plädoyer für die Fortsetzung dieser Kontinuität hielt
abschließend Eva Fenrich als Studentenvertreterin, die
die Dienstleistungsangebote der FaVeVe von Bafög-Beratung
bis zu STUPS e.V., einem studentischen Projekt für soziale
Einrichtungen, vorstellte, die „ohne die Beteiligung der
Studierenden kaum realisiert“ worden wären. „Es lohnt
sich, dranzubleiben“, betonte sie mit dem Hinweis auf
Erfolge wie das in zehnjähriger Arbeit schließlich durchgesetzte
Studi-Ticket, die in Stuttgart 1990 eingeführten Nachtbusse
oder das aus dem Arbeitskreis Computer hervorgegangene
Selfnet e.V., das sich heute um die Vernetzung der Computer
in den Wohnheimen kümmert. „Man lernt hier echtes Teamwork,
Zeitmanagement und Organisation“ versuchte sie, ihre Studienkollegen
und -kolleginnen zur Mitarbeit zu motivieren. Bei soviel
guter Vorarbeit kann die Universität der FaVeVe ihren
Geburtstagswunsch, im Zuge des Umbaus des KII eine günstigere
Lage für das Zentrale Fachschaftsbüro zu finden, kaum
abschlagen. /zi