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Stuttgarter unikurier Nr. 87 April 2001
20 Jahre FaVeVe:
Vom Wandel einer Studentenvertretung
 

Eine Feier der Fachschaftsvertreterversammlung (FaVeVe) im edlen Ambiente des Internationalen Begegnungszentrums, jede Menge Lob von der jetzigen und früheren Uni-Leitung - zu Beginn der achtziger Jahre wäre das kaum vorstellbar gewesen. Doch am 20. November 2000, zur Feier des zwanzigjährigen Jubiläums der unabhängigen Studierendenvertretung der Uni Stuttgart, war dieses Szenario Realität. „Hervorragende Arbeit in den letzten 20 Jahren“ attestierte Rektor Prof. Dieter Fritsch der FaVeVe, die stets auf gute Kooperation mit der Uni-Leitung geachtet habe. Der Einsatz der dort aktiven Studierenden habe ihn „immer begeistert“.

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Prof. Fritsch erinnerte an die Abschaffung der verfaßten Studentenschaft in Baden-Württemberg im Jahr 1977. Als Reaktion darauf wurde im November 1980 als unabhängige Studentenvertretung die FaVeVe gegründet. Ziel war von Anfang an eine an den konkreten Anliegen der Studierenden orientierte Arbeit. Seitdem hat sich eine Vielzahl engagierter Studentinnen und Studenten für dieses Ziel eingesetzt. Dieses Engagement, meinte Fritsch, sei keineswegs selbstverständlich. Und heute finde die FaVeVe, die zahlreiche Erfolge - darunter das StudiTicket - vorweisen könne, auch beim Minister Gehör.

Eine Blüte ohne Chance?
„Ich weiß nicht, was Sie bewogen hat, einen Exrektor und noch dazu den ältesten lebenden Rektor einzuladen, sagte Karl-Heinz Hunken, der dieses Amt von 1971 bis 1980 innehatte. Er warf einen „kritischen Blick zurück auf die in diesen Jahren geforderte Drittelparität und auf entsprechende Experimente an anderen Universitäten. In diesen Jahren habe die „Ministerialbürokratie die Universitäten in den Griff genommen“, stellte Hunken fest, der gegenüber den Studenten eine harte Linie fuhr. „Eigentlich müssen wir uns schämen, Ihnen damals nicht mehr Vertrauen eingeräumt zu haben“, sprach Prof. Hunken nachdenklich die damals aktiven Studentenvertreter an, die mit „selbstbewußter Fröhlichkeit“ überzeugten. Und davon gaben nicht nur die „Effizienten Algorhythmen“, Studierende der Informatik, mit ihren musikalischen Einlagen einige Kostproben, sondern auch ehemalige FaVeVe-Aktive, darunter Martin Himmelsbach und Karl Reichenberger, als sie - sich wechselseitig die Bälle zuspielend - über die Gründungszeit der unabhängigen Studentenvertretung berichteten. „Die FaVeVe gibt es immer noch“, stellte Martin Himmelsbach fest, auch wenn Werner Brock in der Stuttgarter Zeit diese damals als „Eine Blüte ohne Chance“ betitelt hatte. „Aber auch Journalisten können sich irren“, meinte er. Allerdings habe man beim Aufruf zur Gründung der unabhängigen Studentenvertretung am 8. Mai 1979 „vor den Toren der Mensa mit Faßbier“ weder die „Rednerliste noch das edle Ambiente“ der Jubiläumsfeier vorhersehen können. Einig war man sich damals, daß die neue Struktur allen Studenten offenstehen sollte und daß die Fachschaften entscheidende Einheiten für die neue Studentenvertretung waren, berichtete er. Und die Entwicklung der FaVeVe sei „ein Stück gelebter Demokratie“. Walter Nohlen, schon damals Leiter des Studentendezernats, bezeichnete er als „Glücksfall für die Studenten“. Karl Reichenberger erinnerte an die politisch aufgeheizte Situation und an die Auseinandersetzungen im „Deutschen Herbst“ nach dem Mord an Generalbundesanwalt Buback im Jahr 1977, auch an den offenen Brief eines Göttinger Studenten unter dem Pseudonym „Mescalero“, in dem dieser „klammheimliche Freude“ über den Mord äußerte und diese auch bei anderen Studenten voraussetzte.

Kritiker integriert
Streng genommen agierte die FaVeVe neben dem Allgemeinen Studentenausschuß (ASTA) im rechtsfreien Raum, doch sie wurde geduldet und sie hatte Erfolge: 1985 mit den Protesten gegen die Schließung der Geisteswissenschaften - im Nu war es damals gelungen, 3.000 Studierende, davon 2.000 Ingenieure, zu mobilisieren -, mit Aktionen gegen Rückmelde- und Langzeitstudiengebühren oder Bafögkürzungen. Während des Golfkrieges 1991 rief die FaVeVe den „kreativen Ausnahmezustand“ aus, protestierte gegen Rüstungsforschung oder die Eliteuniversität. Konkrete Anliegen der Studierenden wurden in zahlreichen Arbeitskreisen behandelt und oft gelöst, Themen wie Wohnen, Computer oder öffentlicher Nahverkehr. Und parellel zur Entpolitisierung der Studierenden entwickelte sich die FaVeVe zur Dienstleisterin. „Größte Stärke der FaVeVe war die Integration ihrer Kritiker“, berichtete Himmelsbach, und die Fähigkeit, unterschiedliche Leute zur Zusammenarbeit zu bringen.

Von der Illegalität zur Legalität
Walter Nohlen, der die FaVeVe von Anfang an begleitet und beim damaligen Rektor Hunken wiederholt für Unterstützung geworben hat, skizzierte den Wandel von der Illegalität zur Legalität. Und er hob die Kontinuität der von den Studierenden geleisteten Arbeit hervor: „Daran wollten wir nicht glauben, daß ohne Verfassung und ohne Struktur soviel Kontinuität möglich sein würde.“ Ein engagiertes Plädoyer für die Fortsetzung dieser Kontinuität hielt abschließend Eva Fenrich als Studentenvertreterin, die die Dienstleistungsangebote der FaVeVe von Bafög-Beratung bis zu STUPS e.V., einem studentischen Projekt für soziale Einrichtungen, vorstellte, die „ohne die Beteiligung der Studierenden kaum realisiert“ worden wären. „Es lohnt sich, dranzubleiben“, betonte sie mit dem Hinweis auf Erfolge wie das in zehnjähriger Arbeit schließlich durchgesetzte Studi-Ticket, die in Stuttgart 1990 eingeführten Nachtbusse oder das aus dem Arbeitskreis Computer hervorgegangene Selfnet e.V., das sich heute um die Vernetzung der Computer in den Wohnheimen kümmert. „Man lernt hier echtes Teamwork, Zeitmanagement und Organisation“ versuchte sie, ihre Studienkollegen und -kolleginnen zur Mitarbeit zu motivieren. Bei soviel guter Vorarbeit kann die Universität der FaVeVe ihren Geburtstagswunsch, im Zuge des Umbaus des KII eine günstigere Lage für das Zentrale Fachschaftsbüro zu finden, kaum abschlagen. /zi

 


last change: 27.04.01 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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