Der
Bundespräsident, offensichtlich bemüht, sich einen Eindruck
zu verschaffen, wie es Australien gelang, aus Einwanderern
sehr unterschiedlicher Herkunft mit Erfolg eine Nation
zu schaffen, ließ sich an der Wirkungsstätte des deutsch-australischen
Botanikers und Geographen Mueller von dessen Leben berichten.
Der 1825 in Rostock geborene Mueller verbrachte seine
Lehrzeit als Apotheker in Husum, studierte und promovierte
in Kiel und wanderte 22jährig nach Australien aus. Dort
wurde er in Melbourne 1853 zum ersten „Regierungsbotaniker“
ernannt, ein Amt, das er bis zu seinem Tod 1896 ausübte.
Bei Expeditionen erkundete er den noch weitgehend unerforschten
Erdteil; dies trug ihm viele australische, britische und
ausländische Ehrungen ein, unter anderem den Freiherrntitel
des Königreichs Württemberg, dessen Naturkundemuseum in
Stuttgart er eine riesige zoologische Sammlung schenkte
und mit einer bis 1956 bestehenden Stiftung bedachte,
die vielen jungen Wissenschaftlern eine Forschungsreise
ins Ausland ermöglichte. Muellers Forschungen wurden Naturwissenschaftlern
in der ganzen Welt durch zahlreiche Veröffentlichungen,
vor allem auf den Gebieten der Botanik und Geographie
bekannt, wobei er als einer der ersten Wissenschaftler
Probleme der Ökologie behandelte. Obgleich sein persönlicher
Briefnachlaß verschollen ist, wurden seit 13 Jahren in
Archiven der ganzen Welt von einer Arbeitsgruppe an die
13.000 seiner Briefe gefunden und gesammelt, davon etwa
ein Zehntel von Prof. Voigt an der Universität Stuttgart.
Der Bundespräsident erhielt Einblick in diese Briefsammlung,
die in einer großen Edition bei Peter Lang, Bern etc.,
veröffentlicht wird. Ein Exemplar des ersten Bandes der
ausgewählten Korrespondenz überreichte der Leiter des
Projekts, Professor Roderick W. Home, Direktor des Department
of History and Philosophy of Science, University of Melbourne,
dem Gast aus Deutschland.
J.V.
*)
Siehe dazu auch Stuttgarter
Uni-Kurier Nr. 75/76, September 1997
Kontakt
Prof. Dr. Johannes Voigt, Deutsch-australisches Editionsprojekt
in der Abteilung Überseegeschichte des Historischen Instituts,
Keplerstr. 17, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3446