Anneliese
Niethammer*), erste Professorin an der Universität Stuttgart, wäre in diesem Jahr 100 geworden. Trotz zweifacher Promotion wurde sie 1947/48 nur zur außerplanmäßigen Professorin für Angewandte Botanik ernannt und mußte sich ihren Lebensunterhalt daher als Lehrerin an einer Höheren Handelsschule verdienen. Prof. Dr. Anna-Margarete Sändig, Frauenbeauftragte der Universität Stuttgart, und Frauenreferentin Dr. Barbara Unteutsch nahmen diesen Geburtstag zum Anlaß, auf die Situation der Frauen an der Universität hinzuweisen. 1998 waren in Deutschland 48,5 Prozent der Studienanfänger Frauen, in Baden-Württemberg 45,5 und an der Uni Stuttgart 28,3 Prozent. Auch bei den Promotionen lagen die Stuttgarter Frauen mit 12,8 Prozent unter dem Bundes- und Landesdurchschnitt mit 29,6 beziehungsweise 33,1 Prozent. Während der Frauenanteil bundes- und landesweit bei den Habilitationen bei 15,3 Prozent lag, erreichte er an der Uni Stuttgart nur 6,3 Prozent und rutschte bei den Professorinnen auf unter drei Prozent im Gegensatz zu 8,3 Prozent in Baden-Württemberg und 9,8 bundesweit.
Kein einfacher Weg
Zur aktiven Zeit von Anneliese Niethammer waren Wissenschaftlerinnen an der Universität eine große Ausnahme. Zumeist waren sie ledig und kinderlos, mußten ihren Lebensunterhalt an anderer Stelle als der Uni verdienen oder verfügten über ein ererbtes finanzielles Polster. Heute stellt sich den Frauen zunehmend die Frage, wie sich berufliche Karriere und Familie kombinieren lassen, um nicht vor der Entscheidung „Beruf oder Familie“ zu stehen. Einfach war und ist der Weg zur Professorin nicht. Nur 15 weitere Frauen lehrten nach Anneliese Niethammer an der Universität Stuttgart. Zur Zeit sind im Bereich Architektur und Bauingenieurwesen drei Professorinnen tätig und je eine in der Biologie, den Geowissenschaften und der Luft- und Raumfahrttechnik, eine Rufannahme ist erfreulicherweise in der Mathematik zu verzeichnen. Keine Professorin findet sich in den Sozial- und Geisteswissenschaften, obwohl sich dort mit zum Teil über 80 Prozent die höchsten Studentinnenanteile finden.
Wiedereinstiegsstipendien
Die Lebensplanung vieler Frauen, ihr Wunsch nach Kindern, bringe heute oft eine „Selbstselektion“ der Frauen mit sich, so Anna-Margarete Sändig. Zudem „kümmern sich die Frauen mehr um ihre Studenten“, engagieren sich mehr in der Lehre, was aber wenig Prestige mit sich bringe, und für eine Frau mit Kind sei es mehr als kompliziert, mit befristeten Arbeitsverträge zu leben. Um Frauen nach der Familienphase den Anschluß an die Wissenschaft zu ermöglichen, die Rückkehr an die Universität und den Abschluß ihrer Promotion oder die Weiterqualifikation nach der Promotion, bietet das Land über sein Hochschul- und Wissenschaftsprogramm (HWP) sogenannte Wiedereinstiegsstipendien an, die über 18 Monate laufen. Auch Frauen, die nach einer dreijährigen Berufstätigkeit außerhalb der Universität eine Fachhochschulprofessur anstreben und dafür die Promotion nachholen müssen, können im Rahmen dieser Stipendien unterstützt werden.
Anschluß finden
Ilona Brändlin, Biologin und zweifache Mutter, hat aufgrund des Wiedereinstiegstipendiums eine Promotionsstelle am Institut für Grenzflächenverfahrenstechnik bekommen. Das Stipendium ermöglicht ihr eine etwas flexiblere Zeiteinteilung - sie kann ihre Arbeit auch teilweise von zu Hause aus erledigen - und gibt ihr Gelegenheit , sich wieder richtig einzuarbeiten, denn in der Forschung tut sich viel, auch während der Mutterpause.
Julia Alber
*) Den Werdegang von Anneliese Niethammer haben wir im
folgenden Bericht skizziert.
Kontakt
Frauenreferat, Geschwister-Scholl-Straße 24B, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-2156, -4034
Fax 0711/121-4035
e-mail: barbara.unteutsch@verwaltung.uni-stuttgart.de