Zur
Fachkonferenz „ESR and NMR in High Magnetic Fields“ vom
22. bis 26. Juli hatten sich rund 120 Wissenschaftler
aus aller Welt am 2. Physikalischen Institut der Universität
Stuttgart eingefunden. Die Tagung stand unter der Schirmherrschaft
des Wissenschaftsministers, Prof. Peter Frankenberg, und
der heute rund 1.800 Mitglieder zählenden, internationalen
Vereinigung AMPERE. Diese war 1952 gegründet worden, um
den Informationsfluß zwischen den Forschungseinrichtungen
und die Forschung im Bereich der magnetischen Resonanz
und verwandter Methoden in den verschiedenen Ländern zu
fördern.
Informationen
aus dem Innersten
Mit Hilfe der magnetischen Resonanz bei hohen Magnetfeldern
lassen sich Informationen aus dem Innersten von Festkörpermaterialien,
Biomolekülen und Lebewesen erhalten. Notwendig dazu sind
Hochfrequenz- und Mikrowellen im Bereich der Rundfunk
und Fernsehfrequenzen und weit darüber hinaus. Die Technik
bedient sich der jedem toten und lebenden Material spezifischen
Kernspin- und Elektrospin-Resonanz (NMR und ESR), zu der
es kommt, wenn die Materialien in einem starken äußeren
Magnetfeld magnetisiert werden.
Neue
Anwendungsbereiche
Eine wesentliche Entwicklung geht in Richtung höherer
Empfindlichkeit und höherer Auflösung. Wichtig waren auch
die Berichte der Wissenschaftler über die neuen Anwendungen,
die sich aus diesen Entwicklungen ergeben: Ob nichtinvasive
Materialforschung, grundlegende chemische Prozesse in
Brennstoffzellen oder Katalysatorforschung. Mit den Methoden
der magnetischen Resonanz werden nämlich nicht nur neue
Materialklassen wie Hochtemperatursupraleiter untersucht,
sondern auch Kohlenstoff-Nanoröhrchen, nanostrukturierte
Halbleiter oder organische Lichtemitter. Schon in den
nächsten Jahren könnte es schnellere Computer geben, dank
der mit Hilfe der Hochfeld-Elektronen-Resonanz (ESR) gewonnen
Erkenntnisse über die elektronische Struktur der atomaren
Dotierungen in Silizium-Germanium Halbleitern: Die Elektronen
bewegen sich in ihnen schneller als in reinem Silizium.
Neue Methoden zur Aufklärung der Struktur von Peptiden
und Proteinen in Zellmembranen, die auf der Hochfeld-Kernspinresonanz
(NMR) basieren und mit einer Meßempfindlichkeit für atomare
Abstände von einer Genauigkeit von einem Hundertmillionstel
Millimeter arbeiten, trugen schon wesentlich zur Aufklärung
der die Alzheimer Krankheit verursachenden Peptide bei.
Die Untersuchungen zur Strukturaufklärung von Biomolekülen
auf atomarer Ebene, ob es sich um die strukturellen Details
von Membranrezeptoren und Peptidkanälen in Membranen handelt
oder um aktive Zentren in Proteinen, sie alle haben zum
Ziel, ein Detailverständnis der biologischen Funktion
zu ermöglichen. So wird zum Beispiel gerade die Struktur
der für die BSE-Erkrankung verantwortlichen Prionen mit
Hilfe der NMR aufgeklärt, um den Wirkmechanismus für die
falsche Faltung des Proteins zu verstehen.
Stuttgart
wichtiges Zentrum für magnetische Resonanz
Aktuelle Forschungsschwerpunkte des 2. Physikalischen
Instituts, das zu einem der europäischen Zentren auf dem
Forschungsgebiet der magnetischen Resonanz nicht nur bei
hohen Magnetfeldern zählt, sind unter anderem Halbleiter-Nanostrukturen,
Fullerene, mikrokristallines Silizium für Solarzellen,
Hochtemperatursupraleiter und Spin-Quantencomputer. Preiswerte
und effiziente Solarzellen, schnelle Halbleiterelektronik
und vielleicht auch in ferner Zukunft der Quantencomputer
könnten sich aus dieser Forschung ergeben.
Julia
Alber
Kontakt
Prof. Dr. Michael Mehring, Prof. Dr. Gert Denninger, 2.
Physikalisches Institut, Pfaffenwaldring 57, 70550 Stuttgart,
Tel. 0711/685-5218, 5217, -5269 Fax 0711/685-5285 e-mail:
sk2@physik.uni-stuttgart.de
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