Die
Veranstaltung bot den Experten aus Industrie und Wissenschaft
mit 60 Fachvorträgen, zwei Plenarvorträgen und einer Podiumsdiskussion
ein Forum, um den aktuellen Stand der Forschung und Entwicklung
auf dem Gebiet der Fahrzeug- und Motorentechnik zu diskutieren.
Das Symposium spannte den Bogen von Fahrzeugakustik und
Fahrzeugschwingungen, Aeroakustik, Fahrzeugaerodynamik,
Reifen und Fahrbahn, Fahrwerk und Fahrdynamik und Thermomanagement
über Kfz-Elektronik, Steuerung und Regelung von Antriebssträngen,
Telematik und autonomes Fahren, Test- und Diagnoseverfahren
bis hin zu direkteinspritzenden Otto- und Dieselmotoren,
alternativen Kraftstoffen, Motorakustik und Motormechanik
sowie Analyse und Simulation im Bereich Verbren- nungsmotoren.
Um die Frage „Das intelligente Auto - wo bleiben die Emotionen?“
ging es bei der Podiumsdiskussion unter Leitung von Bernd
Ostmann, Chefredakteur von „Auto, Motor und Sport“.
Verbesserungspotential
bei der Aerodynamik
Der
Verbrennungsmotor werde noch 20 Jahre als Antriebstechnik
erhalten bleiben, prognostizierte Prof. Dr.-Ing. Michael
Bargende vom Lehrstuhl Verbrennungsmotoren; bis die Brennstoffzelle
bei vernünftigen Kosten realisiert werde, „braucht es
noch viele Jahre“, dämpfte er allzu euphorische Erwartungen.
Entsprechend - hob er hervor - sei die Brennstoffzelle
auch kein Thema dieses Symposiums. Aufgaben für die Kraftfahrzeugingenieure
gibt es indes - vor allem vor der „großen Herausforderung
der Kohlendioxid-Reduzierung“ genug. Es gelte, betonte
Bargende, effektivere Motoren zu entwickeln und die Fahrwiderstände
zu verringern. Verbesserungspotential - vor allem für
die Minderung des Kraftstoffverbrauchs - sieht Prof. Dr.-Ing.
Jochen Wiedemann (Lehrstuhl Kraftfahrwesen) vor allem
bei der Aerodynamik. Die Aerodynamik - seit 70 Jahren
an der Uni Stuttgart etabliert - ist für die Eigenschaften
eines Kraftfahrzeugs von entscheidender Bedeutung. Sie
beeinflußt unter anderem die Fahrleistungen, die Höchstgeschwindigkeit,
den Verbrauch und die Abgasemissionen. Bei bisherigen
aerodynamischen Messungen in Windkanälen steht das Fahrzeug
und die Luft umströmt es. In Wirklichkeit bewegt sich
das Fahrzeug mit sich drehenden Rädern relativ zur Fahrbahn.
Diese wirklichkeitsnahen Versuchsbedingungen können jetzt
auch in der Uni-Windkanalanlage simuliert werden. Ende
Februar wurde im Fahrzeugwindkanal ein sogenanntes „5-Belt-System“
zur Simulierung der Straßenfahrt eingebaut. Eine entsprechende
Anlage wird im Laufe des Jahres in den Modellwindkanal
eingebaut.
Auto
als Lifestyleprodukt
Verbesserungspotential gibt es, berichtete Prof. Wiedemann,
am Unterboden der Fahrzeuge. „An die Karosserie werden
die Ingenieure nicht mehr herangelassen“, mein-te er,
diese sei zur Domäne der Designer geworden. Dieser - für
die Aerodynamik ungünstige - Einfluß habe seit den 50er
Jahren massiv zugenommen bis zur heutigen Situation mit
dem „Auto als Lifestyleprodukt“. Also versuchen die Ingenieure
die dadurch entstandenen Nachteile „am Unterboden wieder
reinzuholen“. Als weitere aktuelle Arbeitsthemen für die
Ingenieure nannte Prof. Wiedemann Seitenwindempfindlichkeit,
das Klima im Fahrzeuginnenraum, „Thermomanagement“, also
die vernünftige Nutzung im Fahrzeug entstehender Wärme
und die Geräuschemission. „70 Prozent der Bevölkerung
fühlen sich durch Straßenlärm gestört“, berichtete Wiedemann.
Ansatzpunkte seien hier unter anderem die Bereifung, aber
auch die Straßenbeläge.
Hoffnungsträger
Erdgas
„Wichtigste Herausforderung ist jedoch die Reduktion des
Treibhausgases Kohlendioxid“, betonte Prof. Bargende.
Die Automobilindustrie will bis 2012 die Kohlendioxid-Emissionen
um 25 Prozent senken. Die Schadstoffe beim Verbrennungsmotor
- Stickoxide, Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe - haben
die Ingenieure heute weitgehend unter Kontrolle, sagte
Bargende. In Industriegebieten erfülle der Verbrennungsmotor
heute sogar die Funktion eines „Luftreinigers“. „Wir halten
Erdgas für die tragfähigste Alternative zu sonstigen Kraftstoffen“,
hob er hervor. Mit dem „Hoffnungsträger“ Erdgas als Alternative
zu Benzin und Diesel ließe sich kostengünstig eine Kohlendioxid-Reduktion
bis zu 35 Prozent erreichen. Erdgas habe „Zündgrenzen
wie Benzin“, lasse sich schon heute problemlos tanken,
ein Erdgasnetz sei vorhanden, also sei „die Infrastruktur
kein Problem“. Wenn auch die Entwicklungen im Bereich
der Fahrerassistenzsysteme gelegentlich die Frage aufkommen
ließe, wieviel die Fahrer eigentlich noch beeinflussen
könnten, so könnten diese doch durch intelligente Fahrweise
entscheidend zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs beitragen,
ergänzte Prof. Wiedemann. Gelegenheit zur vertieften Diskussion
bot die begleitende Fachausstellung für Fahrzeug-, Motoren-
und Meßtechnik im Foyer des Gebäudes Pfaffenwaldring 47.
Dort waren 33 Firmen und Institute vertreten, sowohl Automobilhersteller
(AUDI AG, BMW AG, DaimlerChrysler AG, Porsche AG) als
auch eine breite Vielfalt von Zulieferfirmen und Forschungseinrichtungen.
Exkursionen zu den Firmen Audi AG in Neckarsulm, DaimlerChrysler
AG in Stuttgart-Untertürkheim, der Porsche AG in Weissach,
der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen sowie zur Süddeutschen
Kühlerfabrik J. Behr GmbH & Co in Feuerbach ergänzten
das Programm. /zi
Die
Vorträge des Symposiums sind in einem Buch zusammengefaßt:
Bargende, M., Wiedemann, J. (Herausgeber): Kraftfahrwesen
und Verbrennungsmotoren. 4. Internationales Stuttgarter
Symposium, 20. bis 22. Februar 2001. Renningen-Malmsheim;
expert verlag 2001; ISBN 3-8169-1981-2. Das Buch kann
im Buchhandel zum Preis von 178 DM bezogen werden.
Kontakt
Institut für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen, Pfaffenwaldring
12, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/685-5600, -5601, -5628,
Fax 0711/685-5710, -3689; e-mail: info@ivk.uni-stuttgart.de