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Stuttgarter unikurier Nr. 88 Dezember 2001
Uni und Theaterhaus:
Troia 2001 - Mehr als ein Pferd
 

„Troia 2001“ - unter diesem Titel boten das Institut für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart und das Theaterhaus Stuttgart vom 13. bis 17. Juni einen „theatralisch-politischen Streitraum“ an, als Begleitprogramm zur großen Troiaschau „Troia - Traum und Wirklichkeit“ im Landesbank-Forum.

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Innerhalb von nur zwei Monaten hatten die Organisatoren das fünftägige Programm auf die Beine gestellt. Vollgepackt mit Schauspiel, Lesungen, Seminaren, Vorträgen und Streitgesprächen näherte es sich dem Thema Troia von vielen Seiten: politisch und literarisch, aber auch kultursoziologisch, geschichtlich sowie aus der Sicht der Frauen. Den Auftakt der Veranstaltungsreihe bildete das Stück „Kassandra“ von Christa Wolf mit Anne Bennent und dem Akkordeonspieler Otto Lechner. „Erstmals“, so erklärte Georg Maag, Italianistik-Professor am Institut für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart und einer der Mitorganisatoren des Gemeinschaftsprojekts, in seiner Eröffnungsrede, „werden Theoretiker und Praktiker zu diesem Thema zusammengeführt“. Hochkarätig las sich die Namensliste der Philologen und Philosophen, Politologen und Politiker, der Historiker, Schriftsteller, Schauspieler und Regisseure, die gewonnen werden konnten - wie beispielsweise Walter Jens, Joachim Latacs, Michel Friedman, Bassam Tibi, Herta Müller und Robert Spaemann.

Was bedeutet der Krieg um Troia heute?
Neben „Troia und kein Ende - zur Wirkungsgeschichte eines Mythos“ oder „Kriegsursache: Frau“ stand auch das Thema „Kampf und Untergang als uralte Menschheitsbilder“ auf dem Programm. Manchmal hätte sich Peter Grohmann vom Theaterhaus ein paar Menschen mehr im Publikum gewünscht, war es doch das Ziel der Veranstalter, mit dem Projekt „Troia 2001“ eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen. Rückblickend kann er nun aber dennoch sagen: „Inhaltlich war es sehr, sehr schön und gelungen“. Und manchmal, da ging es sogar ganz hoch her, erzählt Grohmann, so zum Beispiel in der Diskussionsrunde um „Troia - clash of cultures“ oder „Troia - Dresden - Sarajewo“ mit Boris Buden, Freimut Duve, Michel Friedman und Luc Jochimsen, in der es um die Fragen ging: „Was bedeutet der Krieg um Troia heute? Ist er Modell für den finalen Zerstö- rungskrieg überhaupt? Sind Vergleiche der Städtezerstörungen zulässig?“

Denk-Werkstatt im Internet
Auch für Schüler und Jugendliche wurde etwas geboten. Für sie gab es im Internet einen Wettbewerb, die Troia-Denkwerkstatt. Zum Thema „Planet of Visions“ konnten Texte, Bilder, Animationen und Musik eingereicht werden, die am Computer entstanden sind. Rund 280 Teilnehmer, sogar einige aus Frankreich, reichten ihre Gedanken, hauptsächlich zum Thema Krieg-Frieden, Haß-Versöhnung, Ausländerfeindlichkeit oder auch die Zukunft ein. Der von der LBBW gestiftete Preis in Höhe von 3.000 DM ging letztendlich an Bettina Voigt, die eine von ihr für Amnesty International erstellte Computeranimation eingesandt hatte.

Brücke in die Gegenwart
„Von den Hörsälen in die Öffentlichkeit“, für Georg Maag ist dieses Konzept aufgegangen, nicht zuletzt auch dank der großzügigen und unkomplizierten Förderung des Troia-Projekts (unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten) durch das Wissenschaftsministerium und die Landeshauptstadt. „Die Zusammenarbeit zwischen Universität und Theaterhaus, Wissenschaft und Kunst hat hier Synergie-Effekte hervorgebracht, die es auch in Zukunft stärker zu nutzen gilt. Mit dem Symposion ist es uns gelungen, von der archaischen Vergangenheit aus eine Brücke zur Gegenwart zu schlagen und zu zeigen, daß es beim Thema Troia mehr als nur einen Haufen Scherben zu bestaunen gibt.“ Und um zu unterstreichen, wie aktuell Troia geblieben ist, führt Georg Maag provozierend das Zeugnis Hegels an: „Die Geschichte Christi, Jerusalem, Bethlehem, das römische Recht, selbst der Troianische Krieg haben viel mehr Gegenwart für uns als die Begebenheiten der Nibelungen, die für das nationale Bewußtsein nur eine vergangene, wie mit dem Besen rein weggekehrte Geschichte sind.“

Julia Alber

Kontakt Prof. Dr. Georg Maag, Institut für Literaturwissenschaft/Abteilung Romanische Literaturen II, Keplerstr. 17, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-3113 Fax 0711/121-2819
e-mail: georg.maag@po.uni-stuttgart.de

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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