Innerhalb
von nur zwei Monaten hatten die Organisatoren das fünftägige
Programm auf die Beine gestellt. Vollgepackt mit Schauspiel,
Lesungen, Seminaren, Vorträgen und Streitgesprächen näherte
es sich dem Thema Troia von vielen Seiten: politisch und
literarisch, aber auch kultursoziologisch, geschichtlich
sowie aus der Sicht der Frauen. Den Auftakt der Veranstaltungsreihe
bildete das Stück „Kassandra“ von Christa Wolf mit Anne
Bennent und dem Akkordeonspieler Otto Lechner. „Erstmals“,
so erklärte Georg Maag, Italianistik-Professor am Institut
für Literaturwissenschaft der Universität Stuttgart und
einer der Mitorganisatoren des Gemeinschaftsprojekts,
in seiner Eröffnungsrede, „werden Theoretiker und Praktiker
zu diesem Thema zusammengeführt“. Hochkarätig las sich
die Namensliste der Philologen und Philosophen, Politologen
und Politiker, der Historiker, Schriftsteller, Schauspieler
und Regisseure, die gewonnen werden konnten - wie beispielsweise
Walter Jens, Joachim Latacs, Michel Friedman, Bassam Tibi,
Herta Müller und Robert Spaemann.
Was
bedeutet der Krieg um Troia heute?
Neben „Troia und kein Ende - zur Wirkungsgeschichte eines
Mythos“ oder „Kriegsursache: Frau“ stand auch das Thema
„Kampf und Untergang als uralte Menschheitsbilder“ auf
dem Programm. Manchmal hätte sich Peter Grohmann vom Theaterhaus
ein paar Menschen mehr im Publikum gewünscht, war es doch
das Ziel der Veranstalter, mit dem Projekt „Troia 2001“
eine möglichst breite Öffentlichkeit zu erreichen. Rückblickend
kann er nun aber dennoch sagen: „Inhaltlich war es sehr,
sehr schön und gelungen“. Und manchmal, da ging es sogar
ganz hoch her, erzählt Grohmann, so zum Beispiel in der
Diskussionsrunde um „Troia - clash of cultures“ oder „Troia
- Dresden - Sarajewo“ mit Boris Buden, Freimut Duve, Michel
Friedman und Luc Jochimsen, in der es um die Fragen ging:
„Was bedeutet der Krieg um Troia heute? Ist er Modell
für den finalen Zerstö- rungskrieg überhaupt? Sind Vergleiche
der Städtezerstörungen zulässig?“
Denk-Werkstatt
im Internet
Auch für Schüler und Jugendliche wurde etwas geboten.
Für sie gab es im Internet einen Wettbewerb, die Troia-Denkwerkstatt.
Zum Thema „Planet of Visions“ konnten Texte, Bilder, Animationen
und Musik eingereicht werden, die am Computer entstanden
sind. Rund 280 Teilnehmer, sogar einige aus Frankreich,
reichten ihre Gedanken, hauptsächlich zum Thema Krieg-Frieden,
Haß-Versöhnung, Ausländerfeindlichkeit oder auch die Zukunft
ein. Der von der LBBW gestiftete Preis in Höhe von 3.000
DM ging letztendlich an Bettina Voigt, die eine von ihr
für Amnesty International erstellte Computeranimation
eingesandt hatte.
Brücke
in die Gegenwart
„Von den Hörsälen in die Öffentlichkeit“, für Georg Maag
ist dieses Konzept aufgegangen, nicht zuletzt auch dank
der großzügigen und unkomplizierten Förderung des Troia-Projekts
(unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten) durch
das Wissenschaftsministerium und die Landeshauptstadt.
„Die Zusammenarbeit zwischen Universität und Theaterhaus,
Wissenschaft und Kunst hat hier Synergie-Effekte hervorgebracht,
die es auch in Zukunft stärker zu nutzen gilt. Mit dem
Symposion ist es uns gelungen, von der archaischen Vergangenheit
aus eine Brücke zur Gegenwart zu schlagen und zu zeigen,
daß es beim Thema Troia mehr als nur einen Haufen Scherben
zu bestaunen gibt.“ Und um zu unterstreichen, wie aktuell
Troia geblieben ist, führt Georg Maag provozierend das
Zeugnis Hegels an: „Die Geschichte Christi, Jerusalem,
Bethlehem, das römische Recht, selbst der Troianische
Krieg haben viel mehr Gegenwart für uns als die Begebenheiten
der Nibelungen, die für das nationale Bewußtsein nur eine
vergangene, wie mit dem Besen rein weggekehrte Geschichte
sind.“
Julia
Alber
Kontakt
Prof. Dr. Georg Maag, Institut für Literaturwissenschaft/Abteilung
Romanische Literaturen II, Keplerstr. 17, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-3113 Fax 0711/121-2819
e-mail: georg.maag@po.uni-stuttgart.de