Prof.
Wehking |
Redaktion: Warum ist Existenzgründung ein wichtiges Thema für Universitäten?
Prof. Wehking: Viele Studierende entwickeln schon während des Studiums innovative Geschäftsideen. Oft bleiben diese jedoch im Vorsatz stecken. Existenzgründung ist ein unbekanntes Terrain, vor
allem bei den nichtbetriebswirtschaftlichen Studiengängen. Der Weg in die unternehmerische Selbständigkeit scheint vielen einsam und risikoreich. Und genau hier liegt die Aufgabe der Universitäten. Schon während des Studiums muss den Studierenden die Möglichkeit gegeben werden, sich in Veranstaltungen das kleine Einmaleins des Unternehmertums
anzueignen. Zusätzlich muss es eine zentrale Anlaufstelle geben, die informiert, berät und weitervermittelt. Den Studenten, Absolventen und wissenschaftlichen Mitarbeitern stehen inzwischen vielfältige Hilfen der Universität zur Verfügung. Diese jungen Leute bringen Kreativität und ihre neuesten Forschungsergebnisse mit - Universitäten haben ein enormes Gründungspotenzial. Dieses zu
aktivieren ist unsere Aufgabe. So wollen wir die Innovations- und Wirtschaftskraft der Region stärken. Existenzgründung ist also
ein wichtiger Teil des Technologietransfers.
Redaktion: Weshalb engagieren Sie sich für das Thema Existenzgründung?
Prof. Wehking: Ich habe Maschinenbau in Dortmund studiert. Vier Jahre nach meiner Promotion baute ich die Firma Logistiktechnologie auf und war drei Jahre technischer Geschäftsführer der Firma Robotec. Zu meiner Zeit war Gründungsförderung noch kein Thema an der Hochschule. Ich bin mir der Hürden, die junge Menschen im Laufe einer Existenzgründung nehmen müssen, aufgrund meines persönlichen Werdegangs somit durchaus bewusst. Deshalb ist es mir eine Freude, den nachfolgenden Generationen den Weg zu ebnen.
Redaktion: Warum ist gerade die Universität Stuttgart so aktiv?
Prof. Wehking: Eine Umfrage des Fraunhofer-Instituts ergab, dass über ein Drittel unserer Studierenden beabsichtigen, sich selbständig zu machen. Die Universität Stuttgart war sich der Wichtigkeit des Themas Gründungsförderung jedoch schon zuvor bewusst. 1998 gründeten wir die Technologie-Transfer-Initiative-GmbH (TTI), die junge, innovative Existenzgründer aus der Universität Stuttgart in der Vorbereitungsphase ihrer unternehmerischen Tätigkeit fördert
und unterstützt. Seit 1999 bildet das Thema Existenzgründung einen eigenen Schwerpunkt. Seit diesem Zeitpunkt werden wir über die PUSH!-Initiative durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. So haben wir zusätzliche Möglichkeiten und Mittel, das Thema an der Universität zu verankern und in die Lehre einzubinden.
Redaktion: Was tut die Universität Stuttgart konkret, um die von Ihnen genannten Ziele zu erreichen?
Prof. Wehking: Das Rektorat hat im Herbst 2000 Gründungsförderung zur Chefsache erklärt. Am Anfang stand eine kritische Analyse des Angebots und die Suche nach Optimierungsfeldern. Ergebnis war, dass sich verschiedene Stellen mit der Förderung von Existenzgründern beschäftigen, jedoch gänzlich unkoordiniert und nicht genügend aufeinander abgestimmt. Zusätzlich sind unsere bisherigen Aktivitäten auf diesem Gebiet zu wenig bekannt. Um diese Maßnahmen bekannt zu machen, sie zu bündeln und Schritt für Schritt zu erweitern hatte ich im Mai 2001 eine „Sommeroffensive für Existenzgründungen an der Universität Stuttgart“ gestartet. Seit Herbst sorgt eine interfakultative Arbeitsgruppe Existenzgründung dafür, dass die Lehrangebote besser aufeinander abgestimmt werden. Für das Wintersemester 2001/2002 ist erstmals ein Veranstaltungsverzeichnis erschienen, das wichtige Lehrveranstaltungen zusammenfasst. Zusätzlich bietet die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Weiterbildung (KWW) Einstiegs- und Vertiefungskurse zum Thema Existenzgründung und es gibt die TTI und PUSH!. Ich selbst biete eine Vorlesung „Praxis der Ingenieurtätigkeit“ an. Den Studierenden werden hier Kenntnisse von Projektmanagement über Kosten- und Wirtschaftlichkeitsrechnung bis hin zur Erstellung eines Angebots vermittelt.
Redaktion: Welchen Stellenwert haben für Sie die Alumni?
Prof. Wehking: Die Umfrage des Fraunhofer-Instituts ergab, dass sich dreizehn Prozent der Studierenden der Universität Stuttgart während oder unmittelbar nach dem Studium selbständig machen wollen - 36 Prozent jedoch erst nach einigen Jahren Berufserfahrung. Somit sind die Alumni für uns eine wichtige Zielgruppe. Sie haben oft das gleiche Handicap wie die Studierenden - mangelnde Information über Förder-, Beratungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Damit das nicht zum Hinderungsgrund für die
Umsetzung einer innovativen Geschäftsidee wird, sind wir bestrebt, die Alumni und wissenschaftliche Mitarbeiter in gleichen Maße zu unterstützen und zu fördern wie Studierende. Auch hier gilt es, ein schlummerndes Potenzial zu aktivieren.
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