„Für diese Verkehrsbelastung ist das Kreuz nicht konstruiert worden“, erklärt Roos. Der höchste LKW-Anteil Deutschlands ist hier zu verzeichnen, es gibt viele tödliche LKW-Unfälle. Wegen dieser Situation muss die A6 und damit das Kreuz von vier auf sechs Spuren ausgebaut werden. Das bedeutet aber noch mehr Lärm und Abgase für die Weinsberger Bevölkerung und die übrige Region. „Nicht immer noch mehr Verkehr, sondern intelligente Lösungen mit einem neuen Konzept des Gütertransports“, fordert Prof. Roos. Um die Belastungen in Grenzen zu halten, möchte er deshalb das Kreuz überdeckeln. Das kostet natürlich viel Geld, mit rund einer halben Milliarde DM müsste man rechnen. „Warum nicht gleich den Raum nutzen, so kann man zusätzlichen Landschaftsverbrauch vermeiden“, fragte sich Roos. So ist die Idee vom „Shamrock HUB“ (Shamrock (Kleeblatt) steht als Symbol für das Autobahnkreuz, HUB (Narbe) ist Teil eines Logistiksystems) entstanden - einem mehrstöckigen Logistikzentrum (mit Cross Docking Terminal und Güterverteilzentrum) über dem Autobahnkreuz. Die dort ansässigen Firmen wären dann an der Finanzierung beteiligt. Gerade an einem solchen Standort gibt es eine Fülle von Nutzungsmöglichkeiten. „Firmen könnten hier ihre Lager haben und auf einer extra Spur könnten LKW im Fahren be- und entladen werden! Wir wollen das alle LKW voll fahren“, zählt Roos einige seiner Nutzungsideen auf. Da außerdem in dem Autobahngrundstück Lichtleiterbündel für die Datenübertragung verlegt sind, könnten sich Firmen rund um das electronic business ansiedeln. „Eine Haltestelle der S-Bahn, Parkplätze, eine Sport- und Veranstaltungshalle...“, sehr vielseitig ließe sich das Zentrum nutzen, ist Prof. Roos überzeugt. Die Pläne wurden von der Stadt Weinsberg begeistert aufgenommen, der Gemeinderat stellte eine Anschubfinanzierung für eine Voruntersuchung von 15.000 DM zur Verfügung.
Den Stau „demokratisch verteilen“
Auch der Verkehr rund um das Autobahnkreuz könnte besser gesteuert werden. „Wir könnten den Stau sozusagen demokratisch verteilen“, erklärt Roos, „Nicht nur immer eine Zuführstrecke wäre dann bei Staugefahr betroffen, sondern abwechselnd die anderen auch, damit jeder mal freie Fahrt hat.“
Im Rahmen einer von der Alcatel SEL-Stiftung geförderten Ringvorlesung diskutierten im Wintersemester Fachleute aus verschiedenen Disziplinen das Verkehrs- und Logistikprojekt. Fragen zum Straßen- und Verkehrswesen, zur Luftqualität sowie zur Informationstechnologie wurden besprochen. Chancen der Stadt- und Landschaftsplanung und architektonische Lösungen wurden vorgestellt. Auch Rektor Prof. Dieter Fritsch hielt einen Vortrag über die Möglichkeiten der Photogrammetrie zur Akzeptanzsicherung.
„Nach Abschluss der Ringvorlesung kann man überblicken was möglich ist, und abwägen, ob das Projekt überhaupt eine Chance hat“, so Roos. Danach könnte eine Art Grobstudie stattfinden und anschließend müsste mit dem Verkehrsministerium und möglichen Firmen verhandelt werden.
Natürlich gibt es im Moment noch hohen Forschungsbedarf rund um das Projekt. Zahlreiche Studien-, Diplom- und Doktorarbeiten könnten hier für Klärung sorgen. Baubeginn für die Erweiterung des Autobahnabschnitts soll nach 2004 sein, bis dahin sollte die Umsetzbarkeit des Projektes sicher beurteilt werden können.
Birgit Vennemann
KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. H.J. Roos, Institut für Fördertechnik und Logistik, Holzgartenstr. 15 B, 70174 Stuttgart,
Tel. 0711/121-3792,
Fax 0711/121-3769,
e-mail: roos@ift.uni-stuttgart.de