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Jean
Baudrillard bei seinem Vortrag im völlig
überfüllten
Silchersaal. (Foto: Holger Lund) |
Baudrillard begann mit einer Diagnose des terroristischen Attentats auf das World Trade Center und gelangte zu der These, dass die Türme notgedrungen fallen mussten, da sie in ihrer doppelten Existenz das Ende des kapitalistischen Wettbewerbs und die definitive Selbstbespiegelung des kapitalistischen Systems repräsentierten. Sie wurden angegriffen, weil sie in ihrer Siegerpose westlicher Selbstherrlichkeit die Reaktion auf den Plan riefen, eine Reaktion, die sich in Baudrillards Augen rein gegen den Vormachtanspruch der USA richtet - und die einzige Reaktion darstellt, gegen die das kapitalistische System nichts vermag. Das Selbstopfer der Terroristen ist für Baudrillard deshalb ein singuläres Ereignis, weil es innerhalb des generalisierten Warenverkehrs gerade nicht getauscht werden kann. Schon in früheren Schriften wie „Der symbolische Tausch und der Tod“ hat er den Tod als das nicht Symbolisierbare beschrieben, das gerade aufgrund seiner Verdrängung in westlichen Gesellschaften unaufhörlich wiederkehrt.
An diese Ausführungen zum Attentat gegen die Twin Towers schlossen sich allgemeinere Überlegungen zum Verhältnis des Universellen, Globalen und Singulären an. Baudrillard suchte mit widersprüchlichen Thesen zu provozieren: So erklärte er einerseits, dass alles universalistisch Gedachte wie die Menschenrechte im globalen Tauschhandel unterzugehen und alle singulären Kulturen in der verallgemeinerten Indifferenz zu verschwinden im Begriffe seien; andererseits erklärte er das Spiel für noch nicht entschieden und rief zu Widerstand gegen die Globalisierung und zur Rettung des Singulären wie beispielsweise der verschiedenen Sprachen auf.
M. Ott
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