Stuttgarter unikurier
Nr. 91 April 2003 |
Internationale Forschergruppe untersucht
Lärmentstehung:
Beim Lärm liegt‘s oft an der Luft |
Sieben deutsch-französische Projekte verfolgen das anspruchsvolle Ziel, in koordinierter internationaler Zusammenarbeit neue und bessere Methoden zur Berechnung der
Lärmentwicklung in turbulenten Strömungen zu entwickeln. Die
deutsch-französische Forschergruppe, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Centre Nationale de la Recherche Scientifique
(CNRS) mit rund 500.000 Euro pro Jahr finanziert wird, trägt den Namen
„Noise Generation in Turbulent Flows" (FOR 508). Die Koordination der auf drei Jahre angelegten Forschergruppe liegt bei Prof. Dr. Claus-Dieter Munz vom Institut
für Aerodynamik und Gasdynamik der Universität Stuttgart zusammen mit seinem
französischen Kollegen Prof. Dr. Daniel Juvé vom Ecole Centrale de Lyon. Deutsche Projektpartner sind unter anderem die TU
München, die RWTH Aachen, die TU Berlin und die TU Darmstadt. Auf
französischer Seite sind die Ecole Centrale de Lyon, die
Universität Louis Pasteur de Strasbourg sowie das Institut de
Mécanique des Fluides de Toulouse beteiligt.
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Die Lärmbelastung der Umwelt durch technische Anwendungen wird in
großem Maße durch aeroakustischen Lärm hervorgerufen. Die Minderung des
Lärms ist zu einem wichtigen Faktor
für Gesundheit und Wohlbefinden geworden. Denn die Lärmquellen sind
zahlreich: direkt aus der Luft Lärmen Hubschrauber, Propeller oder
Düsentriebwerke, aber auch das Automobil oder der Schnellzug bis hin zum
Lüfter des Computers tragen zu Lärmbelastung bei, um nur wenige Beispiele zu
nennen. Oft ist die turbulente Strömung der Luft die
Ursache. Die chaotische Verwirbelung der Luft, die sich aus vielen verschiedenen Wirbeln unterschiedlicher
Größe zusammensetzt, und deren Wechselwirkungen mit Hindernissen erzeugen den
Lärm.
Large Eddy Simulation
Die numerische Simulation von Strömung spielt für die Industrie in Forschung und Entwicklung inzwischen eine sehr
große Rolle. Für viele turbulente Strömungen liefert die Simulation mit Turbulenzmodellen zufriedenstellende
Ergebnisse. Die detaillierte direkte numerische Simulation (DNS) einer turbulenten
Strömung ohne statistische Modellierung wäre genauer, ist jedoch bislang immer noch eine
große Herausforderung des wissenschaftlichen Rechnens und auch auf den heutigen Computern nicht
für praktische Anwendungen, sondern nur für Studien im Rahmen der Grundlagenforschung
geeignet. Eine erheblich weniger aufwendige, aber dennoch ziemlich exakte Methode stellt die so genannte Large Eddy Simulation (LES)
dar, bei der zumindest die größeren Wirbelstrukturen exakt berechnet werden und nur die kleineren noch modelliert werden
müssen. Die LES wird in den nächsten Jahren auch
für industrielle Anwendungen interessant, im Gegensatz zur sehr aufwendigen DNS, wo alle Wirbel jeglicher
Größe simuliert werden. Wird mit einer LES die turbulente
Strömung hinreichend genau aufgelöst, dann hat man die Chance, auch die
Lärmentstehung und die Lärmausbreitung besser zu
erfassen. Dieses bessere Verständnis könnte der Startpunkt
für neue Lärmminde-rungskonzepte sein. Dies ist das gemeinsame Forschungsthema der verschiedenen
deutsch-französischen Projekte. Gemeinsam definierte
Benchmark-Probleme sollen in den nächsten Jahren die Möglichkeiten dieser Entwicklung
aufzeigen.
Stuttgarter Projekte
Die beiden im Institut für Aerodynamik und Gasdynamik der
Universität Stuttgart angesiedelten Projekte mit Partnern in
Straßburg und in Toulouse erforschen im Rahmen der Forschergruppe verschiedene
Aspekte. Dr.-Ing. Ulrich Rist und Dr.-Ing. Markus Kloker
versuchen, mit einer aufwendigen direkten numerischen Simulation (DNS) den Mechanismus von Strahl induziertem
Lärm weiter aufzudecken, um die Lärmentste-
hung besser kontrollieren zu können. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Claus-Dieter Munz setzt sich mit der Kopplung von
Strömung, Lärmentstehung und Lärmausbreitung
auseinander.
Der wissenschaftliche Austausch und die Wechselwirkung der Ergebnisse in der Forschergruppe werden von Anfang an stark
gefördert. So werden im Rahmen der CEMRACS Sommerschule an der
Universitätde Marseille in diesem Jahr sechswöchige gemeinsame Projekte von Doktoranden aus Deutschland und Frankreich
durchgeführt. Ein internationaler Workshop in Stuttgart ist
für das nächste Jahr geplant. eng
Kontakt
Prof. Dr. Claus-Dieter Munz, Dipl.-Ing. Michael
Dumbser,
Institut für Aerodynamik und Gasdynamik,
Tel. 0711/685-3433,-3437,
Fax 0711/685 3438,
e-mail: munz@iag.uni-stuttgart.de,
michael.dumbser@iag.uni-stuttgart.de
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