Stuttgarter unikurier
Nr. 91 April 2003 |
Simulationen machen’s
möglich:
Materialeigenschaften nach Wunsch
gestalten
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Brücken von der Grundlagenforschung zum Praxiseinsatz zu schlagen, ist eines der
erklärten Ziele von Prof. Dr. Siegfried
Schmauder. Und dem Leiter der Abteilung Verfahrensentwicklung der Staatlichen
Materialprüfungsanstalt der Uni Stuttgart ist es dabei wichtig, Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen wie Physiker, Werkstoffwissenschaftler und Ingenieure zusammenzubringen. Der von ihm ins Leben gerufene
jährlich stattfindende internationale Workshop „Computational Mechanics of
Materials" verbindet beide Ziele. Der 12. Workshop dieser Art mit mehr als 95 Wissenschaftlern aus
über 14 Ländern fand Ende des vergangenen Jahres in Darmstadt statt. Im Mittelpunkt standen
Präsentationen von Simulationsmethoden, mit denen gezielt Voraussagen
über konkrete Materialeigenschaften gemacht werden können.
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„Wir wollen wissen, warum ein Werkstoff bestimmte Eigenschaften besitzt, wie lang seine Lebensdauer ist, wie sich seine Eigenschaften im Laufe der Zeit
verändern und welche Auswirkungen dies im Einsatz haben
kann", erklärt Schmauder. Auf Grundlage experimenteller Versuche werden Modelle aufgestellt und in Simulationsverfahren auf dem Computer werden die
Materialveränderungen berechnet.
Sie zeigen zum Beispiel, wie sich die Lebensdauer eines Materials unter Einwirkung
erhöhter Temperaturen ändert. So kann entschieden werden, wie lange ein Werkstoff eingesetzt werden darf. Die
Schweißnähte von Rohrleitungen können zum Beispiel im Alterungsprozess Ausscheidungen bilden und
verändern dadurch ihre Materialeigenschaften. Mit Hilfe von Simulationen kann man auch Voraussagen
über die Eigenschaften von Verbundwerkstoffen mit verschiedensten Zusammensetzungen machen.
Materialien mit gewünschten Eigenschaften können auf diese Weise „designed"
werden.
„Die Simulation ist das technische Handwerkszeug vieler
Forscher", erklärt Schmauder, „unerlässlich ist aber ihre Absicherung durch die experimentelle Begleitung. Allerdings braucht man dabei einen langen, auch finanziellen Atem. Denn Langzeitversuche
können über 50.000 Stunden dauern." Da Sicherheitsaspekte bei vielen Werkstoffen eine
große Rolle spielen, ist bei den Materialuntersuchungen besonders
sorgfältiges Arbeiten erste Voraussetzung. Auch
Hochleistungsgeräte, wie das Transmissionselektronenmikroskop,
müssen eingesetzt werden, um MaterialVeränderungen in kleinsten Werkstoffbereichen
überhaupt wahrnehmen zu können - die Ausscheidungen von
Rohrnähten beispielsweise liegen im Nanometerbereich. Untersucht werden die Materialeigenschaften auf allen Ebenen: „Vom Atom bis zum gesamten
Bauteil", fasst Schmauder zusammen.
Als Werkstoffe der Zukunft bezeichnet der Materialwissenschaftler verbesserte konventionelle Werkstoffe, Biowerkstoffe, Nanomaterialien und neue Verbundwerkstoffe. Die Festigkeit von hochfesten
Stählen lässt sich etwa durch gezielt eingestellte Mikrostrukturen verdoppeln./Birgit Vennemann
Kontakt
Prof. Dr. Siegfried Schmauder,
Staatliche Materialprüfungsanstalt Universität Stuttgart,
Tel. 0711/685-2556, Fax 0711/685-2635,
e-mail: siegfried.schmauder@mpa.uni-stuttgart.de
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