Dank Frauenförderplan und viel persönlichem Engagement erreicht die Frauenquote unter den Stuttgarter Doktoranden
über alle Fakultäten hinweg inzwischen „immerhin"15 Prozent. Die meisten technischen
Fächer jedoch können von diesem Wert nur träumen. Bei den Bauingenieuren etwa wurden 2001 nur sieben Prozent der Promotionen von einer Frau abgefasst, in anderen Disziplinen geht die Quote quasi gegen Null.
Dabei geht gerade in der Technik ohne den Doktortitel gar nichts, wenn Frauen auf der Karriereleiter nach oben wollen, betont Professorin Monika Auweter-Kurtz. Die Lehrstuhlinhaberin
für Raumtransporttechnologie und frühere Landessprecherin der Frauenbeauftragten forderte schon in den 90er-Jahren beim Ministerium
für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) ein Promotionsprogramm, das speziell junge Ingenieurinnen
fördert. Da die Mittel knapp waren, holte man die Wirtschaft mit ins Boot - die Idee des Irene-Rosenberg-Promotionsprogramms war geboren.
Halbtagsjob in der Wirtschaft
Benannt ist das Programm nach der jüdischen Wissenschaftlerin Irene Rosenberg, die 1915 als erste Frau an der Technischen Hochschule in Karlsruhe ihre Doktorarbeit schrieb. Das Besondere daran: Die jungen Frauen haben einen Halbtagsjob in einem
mittelstüddischen Unternehmen und zudem eine halbe Stelle an der Uni, die aus Landesmitteln finanziert wird. Pro Jahr stehen 175 000 Euro zur
Verfügung, damit können sieben Stipendien vergeben werden. Dass der Bedarf da ist, zeigte die erste Ausschreibung im Jahr 2002: Obwohl aufgrund einer sehr kurzen Vorlaufzeit nur „Insider"
von der neuen Möglichkeit wussten, gingen auf Anhieb zehn
Anträge ein.
Ausgewählt wurden schließlich fünf erstklassige Promotionsvorhaben, von denen drei an der Uni Stuttgart angesiedelt sind: Hannah
Böhrk untersucht am Institut für Raumfahrtsysteme die Leistungsoptimierung von Hybrid-Plasmageneratoren
für Raumfahrtantriebe. Zwei weitere Wissenschaftlerinnen forschen am Institut
für Wasserbau. Dort untersucht Ianina Kopecki sohlnahe
Strömungskräfte in Fließgewässern und erarbeitet daraus ein Prognosemodell
für diesen Lebensraum. Nina Winkler entwickelt ein Gesamtsystem zur Optimierung von
Hochwasser-Rückhaltebecken an der Oberen Jagst. Die ersten Erfahrungen mit dem neuen Programm sind ermutigend, berichtet Monika Auweter-Kurtz, die der Vergabekommission
angehörte und die Promotion von Hannah Böhrk betreut. Ihre „eigene"
Doktorandin jedenfalls habe sich mit Feuereifer an die Arbeit gemacht. Das muss sie freilich auch. Die Finanzierung durch das Programm ist auf maximal drei Jahre begrenzt - nicht viel, wenn man bedenkt, dass Promotionen im Ingenieurbereich im Durchschnitt
fünf Jahre in Anspruch nehmen. Damit ein Promotionsvorhaben in so kurzer Zeit gelingt,
müssen Lehrstuhl, Unternehmen und Doktorandin an einem Strang ziehen, sagt Monika Auweter-Kurtz: „Ein realistischer und mit allen Beteiligten abgestimmter Zeitplan spielte bei der Vergabe eine wichtige
Rolle."
Breit
gefächerte Förderprogramme
für Frauenreferentin Dr. Barbara Unteutsch liegt der Vorzug des Programms darin, dass es stellengebunden ist. Dadurch sind die Doktorandinnen kontinuierlich in den Institutsbetrieb eingebunden und
außerdem sozialversichert. Das Irene-Rosenberg-Programm ist dabei nicht die einzige
Förderung, die sich speziell an Nachwuchswissenschaftlerinnen richtet. „Post-Docs"
ermutigt das ebenfalls vom MWK ausgeschriebene Margarete-Wrangell-Programm zur Habilitation. Frauen, die ihre wissenschaftliche Laufbahn unterbrochen haben, um eine Familie zu
gründen oder in der Wirtschaft zu arbeiten, ebnen Wiedereinstiegsstipendien den Weg
zurück an die Uni. Gezahlt werden monatlich 980 Euro bei vorhandener und 720 Euro bei Wiederaufnahme der Promotion. Frauen, die schon
während der Familienphase den Anschluss nicht verpassen möchten,
können ein Kontaktstipendium beantragen. Es zahlt 310 Euro im Monat, mit denen beispielsweise Fachliteratur beschafft oder die Teilnahme an Kongressen finanziert werden kann.
Vom Rotstift bedroht
Damit es gelingt, den Frauenanteil unter den Nachwuchswissenschaftlern
tatsächlich zu erhöhen, müssen die Förderprogramme regelmäßig und langfristig ausgeschrieben werden, fordert Monika Auweter-Kurtz. „Nur dann
können wir qualifizierte Frauen frühzeitig auf eine Promotion
ansprechen." Wenig erfreulich sei es daher, dass gerade die
Frauenförderung bei Ebbe in den öffentlichen Kassen besonders vom Rotstift bedroht
ist. für das Irene-Rosenberg-Programm beispielsweise erfolgt 2003 entgegen der
ursprünglichen Planung keine Ausschreibung, weil Bundesmittel fehlen. Beim Wissenschaftsministerium hofft man auf eine Neuauflage im
nächsten Jahr. Gesichert ist sie nicht.
/Andrea Mayer-Grenu
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