Stand und Zukunftsperspektiven in der Optik und Optoelektronik standen im Mittelpunkt des Kolloquiums, das einmal mehr mit Wissenschaftlern von
höchstem Rang aufwarten konnte. Allen voran Nobelpreisträger Professor Klaus von Klitzing vom Max-Planck-Institut
für Festkörperforschung, der Einblick in die Herstellung und Funktionsweise neuartiger Halbleiter-Quantenstrukturen gab. Winfried Kaiser von Carl Zeiss Semiconductor Manufacturing Technologies referierte
über die Entwicklung optischer Systeme für die Mikrolithographie und gab einen Ausblick auf die Entwicklung von bisher 192 Nanometern zu noch
kützeren Wellenlängen im Bereich von 157 Nanometern. Darüber hinaus verwies er auf die notwendige, jedoch langfristige Perspektive der
EUV- Lithographie im Bereich von 13 Nanometern.
Moderne Optiksysteme für die terrestrische und
flugzeuggestüzzte 3D-Vermessungstechnik standen im Mittelpunkt eines Vortrags von Dr. Bernhard Braunecker von Leica Geosystems. Und Dr. Zoran Sodnik von der ESA berichtete
darüber, wie erstmals Laserlicht in der Satelliten-Kommunikation eingesetzt wurde.
Höhepunkt des Kolloquiums war der Festakt zu Ehren von Hans Tiziani. Wer die
Grußworte von Rektor Professor Dieter Fritsch, Prodekan Professor Rainer Gadow und Dr. Augustin Siegel von Carl Zeiss auf sich wirken
ließ, der spürte schnell: hier geht einer, der die Optik in Deutschland und international mitgestaltet hat. Professor Wolfgang Karthe vom Fraunhofer-Institut
für Angewandte Optik und Feinmechanik in Jena lenkte in seiner Laudatio den Blick auf die Details: 24 Jahre lang stand Tiziani dem ITO vor und entwickelte es zu einem der größten Optik-Institute in Deutschland. Dabei blieb der in Sankt Gallen geborene Wissenschaftler stets Mensch und
übte sich im Umgang mit Kollegen in schweizerisch-schwäbischer Bescheidenheit.
Erfolgreicher Aufbau des ITO
Als Tiziani das Institut 1978 übernahm, musste er sich mit vier Mitarbeitern und einer
Sekretärin begnügen. Heute beschäftigt das ITO 35 Mitarbeiter und
genießt einen exzellenten Ruf. Um Forschungsgelder musste sich das Institut dank eines ausbalancierten
Verhältnisses von Grundlagenforschung, angewandter Forschung und industrienaher Anwendung keine allzu
großen Sorgen machen. Trotz intensiver Forschungsaktivitäten war Tiziani in Uni-Gremien engagiert und hatte unter anderem 14 Jahre den Vorsitz des
Großen Senats inne.
Auch auf internationalem Parkett machte sich Tiziani, der 340
Aufsätze und Buchbeiträge veröffentlicht hat, einen hervorragenden Namen. Zehn Jahre war er Vorstand der
Europäischen Optischen Gesellschaft, fünf Jahre Präsident der European Electro-Optics und
fünf Jahre der Europäischen Physikalischen Gesellschaft. Er ist Fellow der Optical Society of America und der International Society for Optical Engineering (SPIE), deren Direktor er seit dem vergangen Jahr ist. 2001 erhielt er eine der
höchsten Auszeichnungen weltweit, den Dennis Gabor Award.
In seiner Abschiedsvorlesung verdeutlichte Tiziani die aktuellen Forschungsschwerpunkte. Da ist zum einen die
Asphärenmesstechnik. Bei der Vermessung mit computergenerierten Hologrammen (CGH) konnte das Institut sowohl bei der Kalibrierung als auch der Herstellung von CGHs
große Fortschritte machen. Weitere Schwerpunkte sind die Adaptive Optik sowie die Entwicklung der digitalen Holographie. Diese finden Anwendung bei der Verformungs- und Schwingungsmessung sowie bei Materialuntersuchungen. Kleinste Materialfehler oder Verformungen
können damit aufgespürt werden. Beispielhaft wurde die digitale Holografie zur
Geräusch- und Schwingungsanalyse von Autoreifen eingesetzt. Weitere Anwendungen liegen in der Medizin, etwa der Krebsforschung.
Darüber hinaus nannte Tiziani als zukunftsweisendes Forschungsfeld die 3-D-Messtechnik, mit der sich selbst im Nanometerbereich noch
präzise Oberflächenvermessungen durchführen lassen. Ein innovatives Arbeitsfeld ist das Gebiet der optischen Pinzette, wo Teilchen mit Licht bewegt werden.
3D-Messtechniken im Fokus
Dreidimensionale Form- und Verformungsmessungen sowie die
zerstörungsfreie Werkstoffprüfung sind auch Forschungsschwerpunkte von Tizianis Nachfolger. Wolfgang Osten*) ist sich bewusst, dass er in
große Fußstapfen tritt. „Ich weiß gar nicht, worüber ich nach so viel geballter Information noch meine Antrittsvorlesung halten
soll," leitete er seinen Vortrag über Optische Messtechnik und deren Entwicklung von der Idee zum System ein. Dabei wurde deutlich, dass „der
Neue" sein Licht keineswegs unter den Scheffel stellen muss. Elf Jahre lang leitete er die Abteilung Optische 3D-Sensorik am Bremer Institut
für Angewandte Strahlenoptik (BIAS). Zu den Ergebnissen, die er dort mit seinem Team erzielen konnte,
zählen unter anderem neue Methoden der skalierbaren Topometrie, der aktiven optischen Messtechnik und der fertigungsnahen Materialfehlererkennung.
Der Autor zahlreicher Publikationen ist Mitglied der Society for Experimental Mechanics SEM und seit 2002 Fellow der SPIE.
Neue Forschungsschwerpunkte
Ein Unbekannter ist Professor Osten in Stuttgart nicht mehr. Schon mehrfach referierte er im Rahmen des
jährlichen Optik-Kolloquiums des ITO. Er möchte die Tradition des Instituts wahren und neue Perspektiven zu
multidisziplinären Gebieten eröffnen. Dazu kommen neue Akzente in der skalierbaren und kombinativen Messtechnik und die Implementierung bekannter Messprinzipen in fertigungsnahe Inspektionsprozesse.
Mikro- und Nanomesstechnik sollen ausgebaut und neue Konzepte der virtuellen Messtechnik entwickelt werden. Mit den neuen Ergebnissen in den optischen Technologien soll die Lehre ausgebaut werden, so dass auch die Studierenden profitieren.
/Andrea Mayer-Grenu/zi
*) Weitere Informationen zum Werdegang von Wolfgang Osten finden Sie in „Personalia"
KONTAKT
Institut für Technische Optik,
Pfaffenwaldring 9, 70569 Stuttgart,
Tel. 0711/685-6075, -6083, Fax 0711/685-6586,
e-mail: osten@ito.uni-stuttgart.de
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