Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005 |
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Aufwindkraftwerke zur solaren Stromerzeugung
Autoren der sehr anschaulich illustrierten
CD und dem zugehörigen Begleitheft sind die international
bekannten Ingenieure Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann mit
Wolfgang Schiel und Gerhard Weinrebe. Auch für Laien leicht
verständlich erklären die Experten das Prinzip von
Aufwindkraftwerken, berichten von ihren Erfahrungen mit dem
Prototyp und stellen die Vorteile und Kosten des
Großkraftwerks dar. Neben Zusammenfassungen zu den
verschiedenen Schwerpunkten gibt es weiterführ-endes
Detailwissen für die, die es genauer wissen möchten.
Jörg Schlaich und Rudolf Bergermann
haben gemeinsam schon zahlreiche interessante und kühne
Bauwerke wie Brücken, Türme und Stadiendächer, zum Beispiel
die Dächer des Olympiastadions in München und des
Gott-lieb-Daimler-Stadions in Stuttgart, geplant. Schlaich
war von 1974 bis 2000 Professor für Bauingenieurwesen an der
Universität Stuttgart. Wolfgang Schiel leitet die
Solarenergiegruppe bei Schlaich, Bergermann und Partner, bei
der auch Gerhard Weinrebe, der an der Stuttgarter
Universität in der Luft- und Raumfahrttechnik promovierte,
Mitglied ist.
Die Argumentation der Ingenieure ist
einfach und einleuchtend. Der Energieverbrauch wird stark
steigen. Deshalb halten sie die Aufwindkraftwerke für einen
guten und wichtigen Ansatz, um Energie zu gewinnen. Acht
Prozent der Fläche der Sahara würden ausreichen, um mit
Aufwindkraftwerken den Elektrizitätsbedarf der ganzen Welt
zu decken, rechnen sie vor und zählen als wichtigste
Vorteile auf, dass die Kraftwerke keine Umweltbelastung und
keinen CO2-Ausstoß verursachen. Auch werden keine
unerschöpflichen Ressourcen verbraucht. Die energetische
Amortisationszeit liegt bei 2 1/2 Jahren. Allerdings sei die
Erstinvestition hoch, räumen die Autoren ein, doch die
späteren Betriebskosten seien sehr gering.
Viel Sonne, ein bis zu 1000 Meter
hoher röhrenartiger Turm, eine Turbine und ein riesiges
Glasdach, das ist im Prinzip schon alles, was zu einem
Aufwindkraftwerk gehört. Das Glasdach dient als Treibhaus,
die Luft darunter erwärmt sich, durch den Turm entsteht ein
Kaminsog und treibt die Turbine an. Von dieser
vergleichsweise einfachen Bau- und Funktionsweise der
Aufwindkraftwerke erhält der Leser in dem bebilderten
Begleitheft und vor allem auf der CD durch gute grafische
Elemente ein genaues Bild. Daneben bietet der gesprochene
und geschriebene Text viele Informationen von den
physikalischen Grundlagen bis zu den Kosten der Baustoffe.
ve
Jörg Schlaich, Rudolf Bergermann, Wolfgang Schiel,
Gerhard Weinrebe
Aufwindkraftwerk zur solaren Stromerzeugung.
Global, erschwinglich, unerschöpflich.
CD-Rom (mehrsprachig) mit Begleitheft in englischer Sprache
und deutscher Zusammenfassung
Berlin, Bauwerk Verlag 2004
49 Seiten, 29,00 Euro
Gelehrtenwelt an der Heimatfront
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Karl Hampe (1869-1936) im Arbeitszimmer seines
Hauses.
Quelle: Universitätsarchiv Heidelberg |
Ein bemerkenswertes Dokument der
Gelehrtenwelt im frühen 20. Jahrhundert ist das
Kriegstagebuch des Historikers Karl Hampe. Prof. Folker
Reichert vom Historischen Institut der Uni und Eike Wolgast,
München, gaben es im vergangenen Jahr akribisch editiert
heraus.
Das Tagebuch, das vermutlich nicht für eine spätere
Veröffent-lichung bestimmt war, umfasst die Zeit des Ersten
Weltkriegs, die Revolution 1918/19 sowie die frühen Jahre
der Weimarer Republik. Die Aufzeichnungen geben, wie die
Stuttgarter Zeit-ung schrieb, „eine Vorstellung davon, wie es
im wilhelminischen Deutschland um das politische
Selbstverständnis eines national gesinnten, liberalen
Intellektuellen gestellt war.“
Ebenso gibt es Einblicke in das Denken und die politische
Haltung der deutschen Professorenschaft. Karl Hampe
(1869-1936) stammte aus Bremen, studierte Germanistik,
Geschichte und Nationalökonomie und wirkte von 1902 bis
1933/34 als Professor für Mittelalterliche Geschichte an der
Universität Heidelberg. Mit den meisten deutschen
Hochschullehrern teilte er die Kriegsbegeisterung des August
1914 und war überzeugt, dass Deutschland einen
Verteidigungskrieg führen müsse.
Anders als viele Kollegen rechnete er jedoch von Anfang an
mit einem langwierigen Konflikt. Bereits in den
Aufzeichnungen vom 5. August 1914 findet sich der
bemerkenswerte Satz „...die Lage erinnert immer mehr an den
Siebenjährigen Krieg.“ Die Zweifel an einem glücklichen
Kriegsausgang blieben dennoch lange unausgesprochen.
Eindringlich schildert der Vater von sieben Kindern dagegen
die Schwierigkeiten an der Heimatfront, wo durch den Krieg
Lebens-mittel und Kohlen knapp wurden. Brennnesselgemüse und
Schafgarbensuppe standen bald auch für die
Professorenfamilie auf dem Speiseplan, im Herbst 1916
schwärmten Eltern und Kinder in die Wälder aus, um Beeren
und Pilze zu sammeln.
Die Autoren verzichten in ihrem Werk auf einen umfassenden
monographischen Teil und ausführliche Quellinterpretationen.
Statt dessen stellen sie den Tageseintragungen eine knapp
neunzig Seiten lange Einleitung voran, die dem Leser einen
gut strukturierten Überblick verschafft. amg
Karl Hampe
Kriegstagebuch 1914 - 1918
Hg. Von Folker Reichert und Eike Wolgast
München, Oldenbourg
Verlag 2004
1020 Seiten, 118,00 Euro
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