Ein Wurzelzeichen, darunter ein Bruch mit mehreren Klammern,
von denen einige im Quadrat stehen: Was ein sehender Mensch
mit einem Blick erfasst, wird für den Blinden zu einem
langen Text. Dargestellt in Brailleschrift, kann er durchaus
über mehrere Zeilen gehen. Das macht es enorm schwierig, den
Überblick zu behalten oder diesen erst einmal zu bekommen.
Ziel des Lambda-Projekts ist eine kurze, vereinfachte
Mathematikschrift für den Computer - europaweit einsetzbar
-, mit der blinde und sehende Menschen arbeiten können.
Europaweit „kompakte“ Formeln
Dr. Waltraud Schweikhardt vom Institut für Visualisierung
und Interaktive Systeme der Uni arbeitet mit Kollegen aus
acht europäischen Ländern an dem von der Europäischen Union
geförderten Projekt Lambda. Das im Rahmen dieses
Forschungsprojekts entwickelte Softwarepaket basiert auf
einem einfachen und intuitiven mathematischen Code, der sich
am internationalen MathML-Code orientiert. Auf diese Weise
ist die Grundlage dafür geschaffen, dass die verein-fachte
Mathematikschrift ohne Kommunikationsprobleme in ganz Europa
genutzt werden kann.
Der Lambda Editor funktioniert wie ein normaler Texteditor,
bietet aber noch weitere hilfreiche Dinge. Zusammengehörige
Blöcke können markiert werden und die mathematischen Formeln
sind in einer erweiterten oder verdichteten Form anzeigbar.
So kann sich der Nutzer bei der verdichteten An-zeige
zunächst einmal orientieren, wie groß die Formel ist oder
welche Funktionen ihn unter der Formel „erwarten“. „Von der
Gestalt geht es zum Detail - zur fühlbaren Gestalt, das ist
absolut neu“, betont Waltraud Schweikhardt. Der Lambda
Editor importiert Dokumente verschied-ener Formate, bringt
sie auf die Braillezeile oder den Bildschirm und liest sie
über die Sprachsynthese vor. Und zu guter Letzt druckt er
sie aus: in linearer Lambda-Symbolik, einem standardisierten
Grafik Format oder der tradi-tionellen 6-Punkt-Schrift.
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Das mathematische Dokument erscheint auf dem Bildschirm in
der linearen Lambda-Darstellung und kann in ein
gebräuchliches graphisches Format umgesetzt werden. (Foto:
Eppler) |
Für Blinde und Sehende lesbar
Dank Lambda werden blinde und stark sehbehinderte
Menschen in Zukunft selbstständig und effizient
mathematische Texte lesen, verstehen und bearbeiten können,
so das Ziel der Wissenschaftler und die Hoffnung von Elke
Meinhardt-Nanz. Die Leiterin der Sonder-pädagogischen
Beratungsstelle der Nikolauspflege, einer Stiftung für
blinde und sehbehinderte Menschen, freut sich besonders,
dass die einheitliche Mathematikschrift von sehenden und
blinden Menschen gemeinsam genutzt werden kann.
Im September 2005 läuft die EU-Förderung für das vor drei
Jahren gestartete Lambda-Projekt aus. Die Aussichten auf
eine Verlänger-ung sind jedoch gut. „Im Prinzip ist unser
Prototyp, der aufgrund seiner einfachen Bedienbarkeit schon
in der Grundschule zum Einsatz kommen kann, schon in der
Praxis einsetzbar“, konnte Waltraud Schweikhardt bei der
Vorstellung des Projekts vor Medien-vertretern berichten und
der Lambda-Day zwei Tage später in der Stuttgarter
Nikolauspflege gab ihr recht. Schüler und Lehrer, die den
Editor erprobten, waren schnell von ihm angetan und konnten
gut mit ihm umgehen.
Julia Alber
KONTAKT
Dr. Waltraud Schweikhardt
Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme
Tel. 0711/ 7816-334
Fax 0711/ 7816-340
e-mail:
Waltraud.schweikhardt@vis.uni-stuttgart.de
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