Wenn Bart M. Watson, fiktiver Mitarbeiter beim Autobauer
BMW, in nicht allzu ferner Zukunft beim Frühstück im
Internet „Chicken and Eggs“ spielt, braucht die Fahrt zur
Arbeit der Partie kein Ende mehr zu setzen. Mit einem
elektronischen, drahtlosen „Autoschlüssel“ kann er sich im
Wagen authentifizieren und das Spiel auf einem Bordcomputer
fortführen, wenn er im Stau steht. Genauso kann er auf dem
Bildschirm die aktuelle Verkehrs-situation abrufen oder
während der Fahrt seine Lieblingsmusik aus dem Netz laden.
Möglich wird dies durch die Verschmelzung von
Mobilfunk- und Rundfunkkommunikation. Sie steht im
Mittelpunkt von Daidalos. Das Kürzel bedeutet „Designing
Advanced Interfaces for the Delivery and Administration of
Location independent Optimised personal Services. Dahinter
verbirgt sich der Versuch, digitales Fernsehen sowie
vorhand-ene und zukünftige Netztechnologien zu einer
gemeinsamen Plattform zu integrieren. Auf dieser kann ein
Endnut-zer unabhängig von seinem Aufenthaltsort weitere
Dienste abrufen. Der Schlüssel hierzu ist die Gestaltung
einer fortgeschrittenen Netzarchitektur für Systeme „Beyond
3G“, die auf dem neuen Internet-Protokoll „Mobile IPv6
basieren.
Mehr als 100 Forscher und Wissenschaftler aus ganz
Europa beteiligten sich an dem Workshop, um die Ergeb-nisse
des ersten Projektjahres zu diskutieren. Hauptthema war die
theoretischen Aufbereitung der Ansätze und Konzepte,
insbesondere zur Integration heterogener Netzwerke, zur
Nutzung und Abrechnung von Diensten sowie zur
Datensicherheit. Erste praktische Demonstrationen und
Prototypen verdeutlichten, wie die neue Technologie die
Kommunikation verändert.
Komplexe Fragen
„Technisch ist die Integration schon heute möglich“, sagt
Jürgen Jähnert, Leiter der LAN-Abteilung sowie der
For-schungsgruppe „Kommunikationssysteme“ am Rechen-zentrum.
„Der Workshop macht aber auch die Komplexität der Fragen
deutlich, die bei einer Integration der verschied-enen
Komponenten hin zu einem anwendungsfreundlichen System noch
zu lösen sind.“
Zu den Problemen zählen der Datenschutz sowie die
Wahrung der Privatsphäre, einer der Schwerpunkte des
Stuttgarter „Arbeitspakets“. Ihre Brisanz verdeutlicht das
Szenario „Mobile Universität“: Künftig werden Studierende
nämlich nicht nur in virtuellen Fachforen diskutieren und
forschen. Die Vernetzung von Handy, Computer und Note-book macht es vielmehr prinzipiell möglich, jederzeit zu wissen,
ob sich ein Kommilitone auf dem Campus befindet, wo er
steckt und was er tut. „Um die Akzeptanz eines derartigen
Systems nicht zu gefährden, sind strengste Schutzmechanismen
nötig“, unterstreicht Christian Hauser, Mitarbeiter am
Institut für Kommunikationsnetze und Rechnersysteme (IKR)
der Uni.
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Personalisierte Internetdienste sind bald auch im Auto
nutzbar. (Quelle: BMW) |
Innovative Schutzmechanismen
Daher liegt einer der Schwerpunkte von Daidalos darauf,
von Anfang an innovative, weitreichende Schutzstrategien zu
integrieren. So soll der Benutzer jederzeit die Kontrolle
darüber haben, welche Informationen er an welchen
Dienst-anbieter preisgeben möchte. Darüber hinaus werden die
Daten anonymisiert. „Die informationelle Selbstbestimmung
der Benutzer wird gewahrt“, unterstreicht Hauser.
Aber auch ökonomische Faktoren bremsen das technisch
Mögliche. Aufgrund der Wirtschaftsflaute werden neue
Technologien nur zögerlich eingeführt. „Kein
Telekom-Operator würde heute Daidalos Services explizit
auf der Basis von Mobile IPv6 anbieten,“ meint Jähnert. Man
müsse sich jedoch auf den erhofften Aufschwung vorbereit-en.
Anstöße könnten die weitere Ausbreitung des digitalen
Fernsehens, DVB sowie die Funktechnik Wimax geben, deren
technische Einführung Ende 2005 erwartet wird und die zu
einer Konkurrenz für den Übertragungsstandard UMTS
avancieren dürfte.
Andrea Mayer-Grenu
KONTAKT
Dipl.Ing. Christian Hauser
Institut für Kommunikationsnetze und Rechnersysteme
Tel. 0711/685-7990
e-mail:
hauser@ikr.uni-stuttgart.de
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