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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Hitzeschild für Huygens-Sonde:
Schutz auf Saturnmond kommt aus Stuttgart

Als die „Huygens“-Sonde nach siebenjähriger Reise die ersten Bilder vom Saturnmond Titan zur Erde sendete, jubelten Techniker und Wissenschaftler in der ganzen Welt. Was viele nicht wissen: Schutz vor den hohen Temperaturen beim Eintritt in die Atmosphäre erhielt die Sonde von einem Schild aus „Glasschaum“, dessen Material im Plasmawindkanal des Instituts für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart getestet und für die Aufgabe qualifiziert wurde.
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Der Schild aus einem „Glasschaum“ wurde von der französischen Firma Aerospatiale hergestellt, die selber nur über kleine Plasmawindkanäle, so genannte Hülsenbrenner, verfügte. Diese Anlagen erwiesen sich allerdings für die Nachbildung des Eintritts in die Titanatmosphäre in einer Bodentestanlage als unzureichend. Die Titanatmos-phäre besteht zwar zum größten Teil aus Stickstoff, enthält jedoch auch Methan und einen Argonanteil. Problem-atisch für die Nachbildung im Plasmawindkanal ist dabei das Methan, da es bei der Verbrennung zerfällt und der Kohlenstoff sich in den Plasmageneratoren absetzt und dort Kurzschlüsse verursachen und die Anlage zerstören kann.

 Anfang der 90er Jahre, als die Qualifikation durchgeführt wurde, wusste man allerdings noch sehr wenig über die genaue Zusammensetzung der Atmosphäre. „Das war damals eine große Herausforderung“, erinnert sich Prof. Monika Auweter-Kurtz, Leiterin der Abteilung Raumtransporttechnologie am Institut für Raumfahrtsysteme. Der Methananteil etwa wurde zwischen einem und zehn Prozent angesetzt. Auch über das Reaktionsgeschehen in der sich vor dem Schild ausbildenden Plasmaschicht wusste man damals nicht viel, daher konnte der Wärmefluss auf den Schild nur grob abgeschätzt werden. Klar war jedoch, dass sich Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen und andere Verbindungen mit Kohlenstoff bilden würden, die sehr intensiv strahlen, so dass auch ein Strahlungs-wärmeeintrag berücksichtigt werden musste. Die damaligen Vorgaben für den Test gingen von relativ zurück-haltenden Werten aus. In den letzten Jahren vor dem tatsächlichen Start der Sonde hatte man durch theoretische und experimentelle Untersuchungen jedoch Zweifel an den damaligen Werten bekommen. Seit fast zwei Jahren war man daher bei der ESA etwas nervös. 

 

Entscheidende Tests zur Qualifikation des Hitzschutz-materials erfolgten am Plasmawindkanal des Instituts für Raumfahrtsysteme. Die Bilder zeigen (v.l.n.r.) den Plasma-generator RD4 nach einem Stickstoff-Test mit Methan Zusatz, den Plasmawindkanal im Betrieb und eine glühen-de Hitzeschutz-Materialprobe während des Tests.
                                                                   (Foto: Institut)

Funktionierendes Konzept

Die Stuttgarter Forscher besaßen als einzige ein funktionierendes Konzept, um den Generator mit Methan auch stationär betreiben zu können, so dass die Firma Aerospatiale die Qualifizierung schließlich im Stuttgarter Plasmawindkanal durchführen musste. Der Stuttgarter Wissen-schaftler Wolfgang Röck hatte sich in seiner Dissertation mit den Bedingungen des Eintritts und insbesondere mit der Strahlung des Plasmas befasst. Auf der Grundlage dieser Arbeit prüfte nun die ESA, ob die Strahlung das Material nicht doch zu stark schädigen könnte. „Plötzlich musste dann alles sehr schnell gehen“, berichtet Auweter-Kurtz, unter deren Anleitung Röck den Generator damals gebaut und die Tests durch-geführt hat. Denn die Anzahl und Auslegung der Messinstrumente wie Kamera und Mikrofon für die Sonde konnte erst festgelegt werden, nachdem die benötigte Hitzeschildmasse bekannt war. Das Gesamt-gewicht für Huygens lag von Anfang an fest, so dass jedes Kilogramm, das am Schild eingespart werden konnte, für Instrumente genutzt werden konnte. „Wir waren alle erleichtert, dass es nun so gut geklappt hat“, sagt Monika Auweter-Kurtz.                           uk

 

KONTAKT

Prof. Dr.-Ing. Monika Auweter-Kurtz
Institut für Raumfahrtsysteme
Abteilung Raumtransporttechnologie
Tel. 0711/685-2378
e-mail: auweter@irs.uni-stuttgart.de

 

 


last change: 03.06.05 / yj
Pressestelle der Universität Stuttgart

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