Der Schild aus einem „Glasschaum“ wurde von der
französischen Firma Aerospatiale hergestellt, die selber nur
über kleine Plasmawindkanäle, so genannte Hülsenbrenner,
verfügte. Diese Anlagen erwiesen sich allerdings für die
Nachbildung des Eintritts in die Titanatmosphäre in einer
Bodentestanlage als unzureichend. Die Titanatmos-phäre
besteht zwar zum größten Teil aus Stickstoff, enthält jedoch
auch Methan und einen Argonanteil. Problem-atisch für die
Nachbildung im Plasmawindkanal ist dabei das Methan, da es
bei der Verbrennung zerfällt und der Kohlenstoff sich in den
Plasmageneratoren absetzt und dort Kurzschlüsse verursachen
und die Anlage zerstören kann.
Anfang der 90er Jahre, als die Qualifikation durchgeführt
wurde, wusste man allerdings noch sehr wenig über die genaue
Zusammensetzung der Atmosphäre. „Das war damals eine große
Herausforderung“, erinnert sich Prof. Monika Auweter-Kurtz,
Leiterin der Abteilung Raumtransporttechnologie am Institut
für Raumfahrtsysteme. Der Methananteil etwa wurde zwischen
einem und zehn Prozent angesetzt. Auch über das
Reaktionsgeschehen in der sich vor dem Schild ausbildenden
Plasmaschicht wusste man damals nicht viel, daher konnte der
Wärmefluss auf den Schild nur grob abgeschätzt werden. Klar
war jedoch, dass sich Kohlenstoff- und
Stickstoffverbindungen und andere Verbindungen mit
Kohlenstoff bilden würden, die sehr intensiv strahlen, so
dass auch ein Strahlungs-wärmeeintrag berücksichtigt werden
musste. Die damaligen Vorgaben für den Test gingen von
relativ zurück-haltenden Werten aus. In den letzten Jahren
vor dem tatsächlichen Start der Sonde hatte man durch
theoretische und experimentelle Untersuchungen jedoch
Zweifel an den damaligen Werten bekommen. Seit fast zwei
Jahren war man daher bei der ESA etwas nervös.
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Entscheidende Tests zur Qualifikation des
Hitzschutz-materials erfolgten am Plasmawindkanal des
Instituts für Raumfahrtsysteme. Die Bilder zeigen (v.l.n.r.)
den Plasma-generator RD4 nach einem Stickstoff-Test mit
Methan Zusatz, den Plasmawindkanal im Betrieb und eine
glühen-de Hitzeschutz-Materialprobe während des Tests.
(Foto:
Institut) |
Funktionierendes Konzept
Die Stuttgarter Forscher besaßen als einzige ein
funktionierendes Konzept, um den Generator mit Methan auch
stationär betreiben zu können, so dass die Firma
Aerospatiale die Qualifizierung schließlich im Stuttgarter
Plasmawindkanal durchführen musste. Der Stuttgarter
Wissen-schaftler Wolfgang Röck hatte sich in seiner
Dissertation mit den Bedingungen des Eintritts und
insbesondere mit der Strahlung des Plasmas befasst. Auf der
Grundlage dieser Arbeit prüfte nun die ESA, ob die Strahlung
das Material nicht doch zu stark schädigen könnte. „Plötzlich
musste dann alles sehr schnell gehen“, berichtet Auweter-Kurtz,
unter deren Anleitung Röck den Generator damals gebaut und
die Tests durch-geführt hat. Denn die Anzahl und Auslegung
der Messinstrumente wie Kamera und Mikrofon für die Sonde
konnte erst festgelegt werden, nachdem die benötigte
Hitzeschildmasse bekannt war. Das Gesamt-gewicht für Huygens
lag von Anfang an fest, so dass jedes Kilogramm, das am
Schild eingespart werden konnte, für Instrumente genutzt
werden konnte. „Wir waren alle erleichtert, dass es nun so
gut geklappt hat“, sagt Monika Auweter-Kurtz.
uk
KONTAKT
Prof. Dr.-Ing. Monika Auweter-Kurtz
Institut für Raumfahrtsysteme
Abteilung Raumtransporttechnologie
Tel. 0711/685-2378
e-mail:
auweter@irs.uni-stuttgart.de
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