In einem Forschungsbeitrag (The Journal of Experimental
Biology 207, 4515-4524, 2004) analysiert Dr. Michael Nickel
vom Biologischen Institut der Uni das Verhalten der weißen,
kugelförmigen Schwammkörper mit Hilfe digitaler
Bildverarbeitung. Dabei zeigte sich, dass Tethya nicht nur
wandert, sondern der Schwammkörper auch ungewöhnlich stark
kontrahieren kann. Das Körpervolumen schrumpft dabei um bis
zu 70 Prozent. Wasser aus dem Kanalsystem im Inneren des
Schwammes strömt aus und wird in der folgenden Phase der
Volumenzunahme durch frisches Umgebungswasser ersetzt. „Der
gesamte Ablauf erinnert entfernt an einen Atemzug“,
vergleicht Nickel. Dabei können bei jedem Einströmvorgang
Nährstoffe und gelöster Sauerstoff in großer Menge in den
Schwamm gelangen. Die Kontraktionen wiederholen sich
rhythmisch.
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Schläft in der Nacht und reagiert auf Besuch:
Wilhelma-Schwamm Tethya.
(Quelle: Institut) |
Ungelöste Rätsel
Die Rhythmik ist abhängig von der Tageszeit. Während der
Schwamm am Tage regelmäßig und oft mehr als einmal pro
Stunde kontrahiert, verlängern sich die Intervalle zwischen
den Kontraktionen bei Nacht deutlich. Doch diese Ruhephase
kann gestört werden. In Exper-imenten im Aquarium reagierte
Tethya auf den Besuch von nahrungssuchenden Kleinkrebsen mit
starken Kontraktionen außerhalb des regelmäßigen Musters.
Hinter diesen Verhaltensweisen verbergen sich neue
ungelöste Rätsel: Schwämme besitzen kein Nerven-system. Noch
ist völlig unklar, wie Tethya die Signale weiterleitet und
verarbeitet, auf denen sein Kontraktions-verhalten und seine
Bewegungen basieren. Bis Tethyas evolutionär sehr
ursprüngliche Signalverarbeitung kom-plett erforscht sein
wird, gibt es für die Stuttgarter Zoologen noch jede Menge
zu tun. Der kleine weiße Schwamm darf also weiterhin den
Wissenschaftlern „Modell stehen“.
uk
KONTAKT
Dr. Michael Nickel
Biologisches Institut
Tel. 0711/685-5084
Fax 0711/685-5096
e-mail:
michael.nickel@bio.uni-stuttgart.de
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