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Stuttgarter unikurier Nr. 95 Mai 2005
Uni Stuttgart ein Zentrum der Proteasomforschung:
Beitrag im Kampf gegen Tumore

Für die Aufklärung des Mechanismus, der in der Zelle den kontrollierten Abbau von Proteinen regelt und die besondere Rolle des Markierungsproteins Ubiquitin erhielten die Wissenschaftler Aaron Ciechanover, Avram Hershko und Irwin Rose im Oktober den Chemienobelpreis. Die Vergabe ver-deutlichte, wie wichtig die grundlegende Erforschung des Zellteilungszyklus und seiner Bedeutung für die Krebsentstehung ist. Eines der beteiligten Forschungszentren ist die Uni Stuttgart.
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Am Institut für Biochemie der Uni werden seit Ende der 80-er Jahre Forschungen zum kontrollierten Proteinabbau durchgeführt. Im Rahmen zweier Projekte der German-Israeli-Foundation for Scientific Research and Development arbeiteten Stuttgarter Wissenschaftler dabei auch mit Aaron Ciechanover zusammen. In den 90er Jahren wurden in Stuttgart entscheidende Entdeckungen zu den Grundlagen des mit dem Nobelpreis bedachten Systems sowie zu den zellulären Funktionen des Systems gemacht. Die Zusammenarbeit mit den isrealischen Wissenschaftlern wurde vom Bundesministerium für Forschung und Technologie im Rahmen der Deutsch-Israelischen Projekt-kooperation (DIP) „Zelluläre Regulierung durch das Ubiquitin-Proteasom System in Gesundheit und Krankheit“ mit mehr als 1,5 Millionen Euro gefördert. Kürzlich hat das Institut für Biochemie zusammen mit Prof. Aaron Ciechan-over und fünf internationalen Kollegen ein EU-Network of Excellence zu dem Thema des Ubiquitin-Proteasom-Systems aus der Taufe gehoben, welches in diesem Jahr zur Förderung ausgewählt wurde.

 Wissenschaftler am Institut für Biochemie entschlüsselten die für die selektive Proteolyse zentralen molekularen „Maschinen“, die Proteasomen, und erforschten von hier aus die Bedeutung intrazellulärer Abbauprozesse für die Funktion der Zelle. Als „Versuchskaninchen“ dienen Hefezellen, weil diese in ihrem Grundaufbau den mensch-lichen Zellen entsprechen und einfach kultivierbar sind.

 Zudem sind sie für moderne Methoden der Biochemie und molekularen Genetik experimentell leicht zugänglich. Ihr genetischer Bauplan ist seit 1996 vollständig bekannt. So bieten sich Hefezellen besonders an, um rasch die Basisfunktionen höherer Zellen zu erkunden und im Detail zu analysieren. Hier erschlossene Wege erwiesen sich als richtungsweisend gerade auch für die Erforschung der Funktionen menschlicher Zellen. So hat Hefe-Biochemie und Molekularbiologie eine allgemeine Schrittmacherfunktion in der Aufklärung zellbiologischer Prozesse.

 

 

Das Ubiquitin-Proteasom-System ist ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Medikamente.
                                                                 (Quelle: Institut)

„Proteinmüll“ als Störfaktor

Zwei Aspekte standen im Zentrum der Stuttgarter Forscher. Zum einen wurde der Abbau geschäd-igter oder abnormaler Eiweißmoleküle untersucht. Diese entstehen durch äußere Stresseinflüsse wie Hitze, Strahlung oder toxische Chemikalien, können aber auch zellintern infolge genetischer Fehler oder im Verlauf der Zellalterung gebildet werden. Dieser „Proteinmüll“ kann essenzielle Prozesse stören oder zelluläre Wege verstopfen. Schwerste Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit, Creutzfeldt-Jakob-Krankheit oder Park-inson-Krankheit können die Folge sein. Die Zelle versucht, dies durch Proteolyse der geschädigten Proteine zu vermeiden.

 Zum anderen werden am Institut für Biochemie die Beteiligung zielgerichteter Proteolyseschritte an der Steuerung grundlegender zellulärer Prozesse erforscht. Die Forschungsarbeiten der letzten zehn Jahre haben gezeigt, dass die termingerechte, gezielte prote-olytische Zerstörung bestimmter Regulatorproteine eine bedeutsame Rolle in der Steuerung des Zellzyklusprogramms und der Induktion der Apoptose ausübt. Fehler in diesen Funktionen sind eine Ursache für die Entstehung bösartiger Tumoren.

 

Ansatzpunkt für neue Medikamente

Damit ist das Ubiquitin-Proteasomensystem ein wichtiger Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Medikamente mit noch gezielterer Wirkung. Ein Inhibitor des Proteasoms, Bortezomib (Velcade), der die Aktivität der Prote-olysemaschine blockiert, ist inzwischen in der klinischen Behandlung bestimmter Krebserkrankungen (multiple Myelome, non-Hodgkin-Lymphome) im Einsatz. Vielversprechende Angriffspunkte sind die Zielproteine des Proteasoms. Um sie zu definieren, planen die Forscher am Institut für Biochemie in einem systembiologischen Ansatz, alle Substrate des Proteasoms des Hefesystems zu entschlüsseln und deren Einbindung in das Proteinnetzwerk der Hefe aufzuklären. Zusätzlich sollen Strategien entwickelt werden, die das Screening nach pharmakologisch wirksamen Substanzen unter Verwendung des Hefemodells ermöglichen.

 

KONTAKT

Prof. Dr. Dieter Wolf
Institut für Biochemie
Tel. 0711/685-4390
Fax 0711/685 4392
e-mail: dieter.wolf@ibc.uni-stuttgart.

 

 

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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